Shanghai: Große Bühne für die große Show
Vermutlich würden die meisten Piloten den Grand Prix von China lieber auslassen, um dafür ein zusätzliches Rennen in Europa zu fahren. Dort, wo die klassischen Rennstrecken stehen und die Motorsport-Begeisterung am größten ist. Doch die Formel 1 dreht seit mittlerweile zehn Jahren ihre Runden in China. Und das hat seine guten Gründe, Millionen gute Gründe im 1,4 Milliarden-Einwohner-Land.
Da passt es den Herstellern und Konstrukteuren ganz gut, dass parallel zum Grand Prix die Automesse in Peking beginnt. Mehr als 2000 Aussteller aus 14 Ländern sind vertreten. Längst ist China der weltweit wichtigste Automobilmarkt, nirgendwo sonst wächst der Absatz so rasant wie im Reich der Mitte. Für 2014 sind Wachstumsraten von neun bis elf Prozent prognostiziert.
Hoher Absatz
Die Zahl der von deutschen Herstellern in China verkauften Fahrzeuge hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht: Von 1,1 Millionen Autos auf 3,7 Millionen. Bereits jedes vierte in Deutschland produzierte Auto wird in China verkauft. Jede Woche öffnen in China zwei neue Mercedes-Händler. Mitbewerber BMW verkaufte 2013 in der Volksrepublik fast 60.000 Autos mehr als noch ein Jahr davor. Zum Vergleich: Damit war für den Münchner Hersteller allein der Zuwachs in China so groß wie der gesamte Absatz in Frankreich.
Nicht nur in den chinesischen Autosalons liefern einander die Hersteller einen harten Konkurrenzkampf, auch auf der Rennstrecke. Mercedes, BMW und Audi kehren am 28. September in Guangzhou mit dem Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) nach vierjähriger Pause nach China zurück.
"Die DTM ist für uns so wichtig, weil hier der Audi RS 5 gegen seine direkten Konkurrenten am Markt Motorsport macht", sagt der Wiener Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich im Gespräch mit dem KURIER. Zudem ist seit drei Jahren der Audi-Cup fixer Bestandteil des chinesischen Motorsport-Kalenders. Die Sportwagenbauer Porsche und Lamborghini lassen ebenfalls ihre handgefertigten Flitzer in Marken-Cups über Chinas Rennpisten sausen.
Enormer Aufwand
Selbst die kleinsten Hersteller betreiben einen gigantischen Aufwand, um im Riesenreich wahrgenommen zu werden. So ist etwa die Webseite des Formel-1-Teams McLaren erstmals auch in Mandarin zu lesen. "Dadurch erreichen wir mit unserer Marke McLaren und mit unseren Sponsoren den weltweit interessantesten und aktivsten Markt", sagt Renndirektor Eric Boullier. "Mit unserer Präsenz auf Weibo (dem chinesischen Twitter-Pendant; Anm.) erreichen wir Millionen junger potenzieller Formel-1-Fans. Die braucht das Team, die braucht der gesamte Sport."
Chinas Bühne für die Formel 1 könnte gigantischer kaum sein: Der Schanghai International Circuit, 25 Kilometer außerhalb der Millionenmetropole, war einst ein Prestigeobjekte der Chinesen. 30.000 Zuschauer fasst allein die Haupttribüne, bis zu 200.000 Fans haben an der Strecke Platz. "Jetzt sind wir dort auf einem guten Weg, wo die Faszination endlich ankommt", sagt Safety-Car-Fahrer und Mercedes-Markenbotschafter Bernd Mayländer. "Ich glaube, wir haben den Durchbruch geschafft."
Der Weg zum Durchbruch war steinig. "Wir müssen akzeptieren, dass der Motorsport in China überhaupt keine Historie hat. Den Menschen fehlt der Zugang", betont Audi-Mann Ullrich.
Als die DTM zum ersten Mal in China Station gemacht hatte, mussten früh im Rennen gelbe Flaggen nach einem Unfall geschwenkt werden. Ullrich erinnert sich: "Die chinesischen Zuschauer haben das als Aufforderung verstanden und selbst kleine Fähnchen geschwenkt."
Seither hat sich viel verändert. Setzt Mercedes am Sonntag die Siegesserie in der Formel 1 fort, hat China sogar Anteil am vierten Triumph im vierten Saisonrennen: Die Batterien für das Hybrid-System in den Boliden von Rosberg und Hamilton werden in China gefertigt.
Kommentare