Der Glatzkopf mit dem goldenen Händchen
Als Patrekur Johannesson am Montag in den Flieger Richtung isländische Heimat stieg, schliefen seine Spieler noch im Hotel in Serbien. Der Teamchef der österreichischen Handballer ist weder ein Langschläfer noch ein berüchtigter Partylöwe.
Vermutlich ist jeder Trainer ohnehin besser beraten, wenn er die Feiergewohnheiten seiner Schützlinge nicht bis ins Detail kennt.
Dabei hätte der 40-Jährige am Sonntagabend jeden Grund gehabt, die serbische Nacht zum Tag zu machen. Das Remis beim Vizeeuropameister (30:30) brachte die österreichische Auswahl ein großes Stück näher an Dänemark heran, wo im Jänner das EM-Turnier über die Bühnen gehen wird. Zudem verdeutlichte der Punktgewinn, welch positive Entwicklung die Mannschaft in den eineinhalb Jahren seiner Amtszeit genommen hat.
Elf Österreicher trugen sich am Sonntag in die Torschützenliste ein. „Er schenkt jedem Spieler gleich viel Vertrauen. Das ist nicht bei jedem Trainer der Fall“, sagt Thomas Bauer. Der Tormann selbst sah die Glanzleistung in Serbien von der Bank aus – zu präsent war an diesem Tag Nikola Marinovic im Tor. Trotz 17 Paraden war der 36-Jährige nur einer von vielen Vätern des Remis, das als Etappensieg verstanden werden darf.
Johannesson scheint vor allem eines gelungen: die Heranführung der Halb-Profis aus der österreichischen Liga an das Niveau der Legionäre. Spieler wie Kreisläufer Christoph Edelmüller von den Fivers Margareten verschafften den Stützen aus Deutschland nicht nur die nötigen Verschnaufpausen, sie steuerten im Finish gar Entscheidendes bei. Dabei war Dreifach-Torschütze Edelmüller am Mittwoch beim Heimspiel in Graz noch nicht einmal im Kader gewesen.
„Die Kluft ist nicht mehr so gewaltig. Die Vereine in Österreich arbeiten viel professioneller als noch zu meiner Zeit“, betont Viktor Szilagyi.
Der Teamkapitän ist auch unter Johannesson der Takt- und Impulsgeber im Spiel der Österreicher. Dessen Bestellung zum Teamchef soll ein Mitgrund gewesen sein, warum der mittlerweile 34-Jährige seine Teamkarriere fortgesetzt hat. Drei Saisonen lang war Johannesson der Mannschaftsführer des jungen Szilagyi in Essen.
Akribischer Arbeiter
Spieler wie Klub-Trainer schwärmen von der Professionalität Johannessons. Mehrere Monate hat er sich mit Gegner Serbien beschäftigt und die Spieler mit Videomaterial eingedeckt. Luxus und Pflicht eines Nationaltrainers seien das, sagt Johannesson. Der 243-fache isländische Teamspieler kennt die Schnelllebigkeit des Geschäfts: Wer heute verehrt wird, kann übermorgen bereits verteufelt werden.
Vielleicht hat er sich deshalb so schnell aus dem Staub gemacht in Serbien.
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