Dem Kücken flogen die Herzen zu
Nur gut, dass Chiara Hölzl diese auffällige Haube mit dem riesigen rosaroten Bommel trug. Sonst wäre die zierliche Skispringerin möglicherweise nicht auszumachen gewesen in dieser Menschentraube, die sich im Pressezentrum um sie gebildet hatte. Mikrofone und Diktiergeräte wurden der 15-Jährigen vor die Nase gehalten, Kameras waren auf sie gerichtet, die Reporter, ob aus dem In- oder Ausland, hatte die Neugier gepackt.
Wer ist eigentlich dieses herzige Mädchen mit den rot-weiß lackierten Fingernägeln und den handgeflochtenen Zöpfen, das da im Mixed-Bewerb ihren großen Auftritt hatte? Wer steckt hinter der jüngsten österreichischen Medaillengewinnerin der WM-Historie, die als Ersatz für Daniela Iraschko ins Rampenlicht gesprungen ist?
Fragestunde
Wieso, weshalb, warum? Fragen über Fragen – aber Hölzl bewältigte diese Herausforderung genauso stilsicher und souverän wie die verantwortungsvolle Rolle im Mixed-Bewerb an der Seite von Jacqueline Seifriedsberger, Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer.
Spielplatz
Ihre männlichen Kollegen hatte Chiara Hölzl bis zur WM nur vom Hörensagen gekannt. „Ich hatte hier das erste Mal mit ihnen zu tun“, gesteht die Goldeggerin. Mit Kennenlernspielen wurde das Eis gebrochen. „Jeder musste sich ein Hobby und eine Eigenschaft des anderen merken“, erzählt Hölzl.
Mit ihren 15 Jahren ist die Salzburgerin zwar das Kücken im österreichischen WM-Aufgebot, im Reich des Damen-Skispringens schwirren aber sehr viele Jung-Adlerinnen wie Hölzl herum. Die meisten Athletinnen sind zwischen 14 und 18 Jahre alt, Daniela Iraschko, die heuer 30 wird, ist als Grand Dame der Szene eine Ausnahme. „Das Damen-Skispringen ist eine sehr junge Sportart. Da wächst jetzt erst eine richtige Generation heran“, erklärt ÖSV-Damen-Chefcoach Harald Rodlauer. Aber warum ist es im Skispringen überhaupt einem Teenager möglich, die Konkurrenz alt aussehen zu lassen? Wieso ist in diesem Sport Jugend kein Nachteil? „Weil bei einem Mädel mit 15 die Sprungkraft bereits sehr gut ausgeprägt ist“, sagt Daniela Iraschko. „Ich bin mit 15 Jahren nicht viel schlechter gehüpft als jetzt. Und natürlich wiegt man in dem Alter auch noch relativ wenig.“
Einflüsterer
Chiara Hölzl wiegt bei einer Größe von 153 Zentimetern 42 Kilo. Vielleicht hat auch das bei Gregor Schlierenzauer den Beschützerinstinkt geweckt, nachdem er gemerkt hatte, dass die Salzburgerin sich vor der internationalen Pressekonferenz auf Englisch unbedingt drücken wollte. „Bitte nit“, flehte Hölzl, um schließlich doch noch auf dem Podium Platz zu nehmen, wo ihr Schlierenzauer als Dolmetscher und Einflüsterer zur Seite stand.
Was denn ihre Schwäche sei, wurde Chiara Hölzl anschließend auch noch gefragt. „Interviews auf Englisch“, antwortete sie. Und dabei grinste sie bereits, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht, als Interviews zu geben.
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