Wo landet die Austria nach Finks Abflug?

Die Wege trennten sich: Kraetschmer bleibt, Fink geht
Altlasten und Neuanfang. Ein Trainerwechsel allein löst nicht alle Probleme.

Die Sonne stand über Steinbrunn, doch der Schein war trügerisch. High Noon herrschte im Trainingszentrum der Austria, um 12 Uhr Mittag wurden Trainer Thorsten Fink und sein „Co“ Sebastian Hahn von ihren Aufgaben entbunden, die Verträge laufen bis Sommer 2019. Der zweite Assistent, Egbert Zimmermann, leitet nun das Training, bis zumindest ein Interimstrainer gefunden ist.

Fink übernahm die Austria einst auf Platz sieben und verlässt sie als Siebenter, der Kreis schließt sich somit. Dazwischen lagen „zweieinhalb schöne Jahre, in denen wir viele positive Dinge erreicht haben“. Nach außen hin nahm der Deutsche den Rauswurf gefasst. „Es ist ja niemand gestorben. Aber natürlich bin ich enttäuscht, weil ich mit dem Verein ins neue Stadion gehen wollte.“

„Es geht um die Entwicklung des Klubs“, begründete AG-Vorstand Markus Kraetschmer die Entscheidung. Die sportliche Führung traute Fink den Turnaround nicht mehr zu. „Zwölf Runden sind noch zu spielen, wir glauben daran, dass der Europacup-Platz noch zu schaffen ist.“ Nur nicht mit Fink.

Gründe einer Krise

Der Trainer trägt sicher nicht allein die Schuld. Der Stil, den er spielen ließ und von dem er nie abwich, gefiel freilich nicht allen. Hörte man sich gestern bei den Spielern um, so meinten die meisten, dass der Trainer für die aktuelle Situation nur wenig kann. Fink stellte sich öffentlich stets vor seine Mannschaft, häufig wirkte es aber wie ein Schönreden einer schlechten Situation und ein Freibrief für die Spieler.

Der Kader sollte gut genug sein für einen Platz in den Top 4, ist aber nicht optimal zusammengestellt mit Kickern aus vielen Nationalitäten. Einige Spieler können wenig bis gar nicht Deutsch und sind in der Gruppe isoliert, andere überschätzen ihr Können und können Kritik an ihrer Person nicht wirklich verstehen. Noch dazu fehlt der Mannschaft ein Antreiber, in diese Rolle könnte künftig am ehesten Madl schlüpfen. Holzhauser ist vor allem ob seiner Technik, aber weniger wegen seiner Persönlichkeit ein Führungsspieler. Ansonsten wird unter den Austrianern auf dem Platz viel zu wenig kommuniziert.

Auge auf Lebenswandel

Sportdirektor Franz Wohlfahrt nahm gestern die Spieler in die Pflicht und kritisierte unter anderem auch die Disziplin. „Wir werden ein großes Auge auf den Lifestyle der Spieler haben.“ Wird er sie gar in modischen Dingen beraten? Vielmehr ist wohl der Lebenswandel gemeint. Nur da hätte Wohlfahrt schon vor geraumer Zeit durchgreifen müssen. Zum Beispiel, als zwei Stammspieler vor einem Europacup-Spiel ein Training auslassen mussten, weil sie Abends zuvor extrem flüssig kombiniert hatten. Damals gab es keinerlei Konsequenzen.

Wohlfahrt selbst gilt im Aufsichtsrat trotz seiner Vertragsverlängerung nicht bei allen Mitgliedern als unumstritten. Er wird nun an der Bestellung des neuen Trainers gemessen werden. Auch für die Zusammenstellung des Kaders trägt er die Verantwortung, wenngleich mittlerweile Ex-Trainer Fink jeder Neuverpflichtung letztlich zustimmte. Wirtschafts-Vorstand Markus Kraetschmer ist im Hintergrund der mächtige Mann der Austria, der sich immer wieder auch zu sportlichen Belangen zu Wort meldet, wobei die Kompetenzgrenze zum Sportdirektor verwischt wird.

Wenige Monate vor dem Umzug ins neue Stadion steht die Austria vor einem Neuanfang, der einerseits nicht nötig war, andererseits aber hausgemacht ist.

Kandidaten

Kaum war die Trennung von Trainer Thorsten Fink ausgesprochen, setzten sich Kraetschmer und Wohlfahrt ins Auto und begaben sich in Richtung Westen. Es stand ein Gespräch mit einem potenziellen Fink-Nachfolger auf dem Programm. Gesucht wird in erster Linie eine Interimslösung, die noch in der kommenden Woche gefunden werden soll. Immerhin spielt die Austria am Samstag daheim im Prater gegen Wolfsberg.

Der Interimstrainer soll in der verbleibenden Saison mit zwölf Runden noch für ein violettes Wunder sorgen und den Europacup-Startplatz erreichen. Gelingt dies, könnte der Trainer bei der Austria durchaus in die Verlängerung gehen. Kraetschmer: „Wir sind offen, auch parallel eine Dauerlösung zu suchen.“ Als möglicher Interims-Trainer wird natürlich Andreas Ogris genannt. Werner Gregoritsch, beim ÖFB für die U-21 zuständig, wird schon seit längerer Zeit als Coach am Verteilerkreis gehandelt, soll aber nicht in der Pole-Position stehen. Von Wien aus im Westen wären Andreas Herzog (daheim in Breitenfurt), Karl Daxbacher (Innsbruck) oder Thomas Letsch (Salzburg). Mehr im Süden als im Westen befände sich Roman Mählich (Wr. Neustadt). Eine teure Lösung – Marcel Koller – wird sich die Austria nicht leisten können.

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