Thomas Letsch: "Es ist ein Stück Heimkommen"
Es ist kein Spiel wie jedes andere für Thomas Letsch, wenn er heute ab 14.30 Uhr (live auf ORFeins und Sky Sport Austria) in Salzburg in der Coaching-Zone des Gegners steht. Der 49-Jährige war von 2012 bis 2017 im Red-Bull-Konzern in Salzburg und Liefering in diversen Funktionen tätig und kommt diesmal als Trainer der Austria zurück an seine alte Wirkungsstätte. Ein Wiedersehen mit viel Freude und noch mehr Brisanz.
KURIER: Wie emotional wird die Rückkehr nach Salzburg?
Thomas Letsch: Ich war fünf Jahre dort tätig, kenne jeden und lebe noch in der Ecke. So gesehen ist es ein Stück Heimkommen. Der primäre Reiz ist für mich, mit der Wiener Austria in Salzburg zu gewinnen.
Sie wären im vergangenen Sommer für viele der logische Trainer-Nachfolger in Salzburg gewesen. Hat es Sie geärgert, dass Ihnen Marco Rose vorgezogen wurde?
Das Thema ist abgehakt. Marco macht einen sensationellen Job. Es ist aber kein Geheimnis, dass ich weiterkommen wollte und mir Chancen auf den Job ausgerechnet habe. Ich war kurz enttäuscht, das gehört aber zum Geschäft dazu. Dafür habe ich jetzt eine sehr reizvolle Aufgabe.
Sie müssen es wissen: Wie kann man Salzburg stoppen?
Jeder analysiert Salzburg. Man kennt sie, aber das Rezept schlechthin gibt es nicht. Für mich ist wichtig, dass wir mutig auftreten. Wenn man nur bestrebt ist, nicht unter die Räder zu kommen, wird es nicht funktionieren. Wir fahren nicht nach Salzburg, um eine gute Rolle zu spielen. Wir wollen gewinnen.
Sie wissen nicht, ob Sie über den Sommer hinaus Trainer bleiben. Kann man das Ungewisse auf die Seite schieben?
Für mich spielt das keine Rolle. Im Gegenteil: Es ist ein Vorteil, ich konzentriere mich auf das Jetzt.
Sind Sie der Peter Stöger der Austria? Der Kollege aus Wien weiß auch nicht, ob er Dortmund-Trainer bleiben darf.
Es scheint so (lacht). Ich sehe die zwölf Spiele bei der Austria wirklich nicht als Risiko. Es ist eine Herausforderung, die ich genieße. Dann schauen wir, was im Sommer passieren wird.
Mit dem Blick auf die Tabelle – fängt man nicht zu rechnen an?
Der Verein hat das Ziel Europacup ausgegeben. Rechnerisch ist es schwierig, aber möglich. Jeden Tag auf die Tabelle zu schauen, würde uns nur verrückt machen. Ich gehe davon aus, dass es noch spannend wird.
Wie sieht Ihre Bilanz nach den ersten Wochen aus? Fühlen Sie sich wohl?
Der Einstieg ist mir leicht gemacht worden, ich bin mit offenen Armen empfangen worden und habe mich gleich wohl gefühlt. Die Mannschaft hat versucht, alles umzusetzen. Das Fazit bisher fällt daher positiv aus.
Man spricht gerne von der Handschrift eines Trainers. Kann die schon leserlich sein nach so kurzer Zeit?
Ideen kann man vermitteln, grundsätzliche Dinge. Die Intensität hat man gesehen, auch, dass wir mehr nach vorne spielen wollen. Ich habe lieber mehr Vertikal-Pässe, auch wenn manche nicht ankommen. Aber gelingt einer, dann brennt’s. Ob das eine Handschrift ist, sei dahingestellt.
Sie sind mit Ihrer Philosophie zu einer bestehenden Mannschaft gekommen. Keine leichte Aufgabe, oder?
Eine spannende Aufgabe. Ich kannte die Spieler, habe aber nie mit ihnen gearbeitet. Natürlich geht es da um Kompromisse, wenn es um die Grundordnung geht. Das ist normal, wenn man während einer Saison kommt. Umgekehrt hat es aber gewisse Vorteile.
Welche? Kann man in wenigen Situationen direkter sein?
Vielleicht. Man bricht alles runter auf die wichtigsten Dinge. Und danach kann man aufbauen. Ich habe mir nach Aue in meiner freien Zeit vorgestellt, wie es sein würde, wenn ein Verein kommt.
Und ist es so eingetreten?
Nein, überhaupt nicht.
Warum denn nicht?
Weil es vom Verein abhängig ist. Man kann sich darauf vorbereiten, aber es kommt dann doch etwas anders. Wie immer im Leben.
Waren der Wolfsberger AC und St. Pölten dankbare Gegner für den Beginn Ihrer Austria-Zeit?
So gesehen vielleicht. Umgekehrt haben wir aber nichts zu gewinnen gehabt. Daher muss man die Leistung der Mannschaft respektieren. Das hilft uns für die kommenden Aufgaben.
Sie hätten nach der Beurlaubung durch Aue gut bezahlt spazieren gehen können. Warum eigentlich das Risiko Austria?
Weil es nicht mein Naturell ist, Geld zu bekommen und spazieren zu gehen. Es hat gedauert, bis bei mir das Thema Aue verarbeitet war. Man denkt viel nach. Um den Jahreswechsel habe ich wieder Lust auf etwas Neues bekommen.
Darf man als Trainer nicht zu lange von der Bildfläche verschwinden?
Wenn man zwei, drei Jahre nichts macht, wird es nicht leichter. Mir hat es aber gut getan, abzuschalten und über den Tellerrand hinaus zu schauen.
Kann der Sonntag-Hit ein Schlüsselspiel zum Positiven werden für die Austria?
Mit dieser Formulierung ja. Im positiven Sinne schon, wenn wir die Bestätigung bekommen, auch gegen Salzburg zu bestehen.
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