Ortlechner: "Fußballer leben in einer Blase"
Es ist nicht leicht, den richtigen Zeitpunkt für das Karriere-Ende zu finden. Manuel Ortlechner dürfte jedoch das Gespür für das richtige Timing zu haben. Am Donnerstag sagte er hoch offiziell Adieu beim Heimspiel gegen Salzburg im Happel-Stadion, am Freitag spielt er noch einmal für die Austria Amateure in der altehrwürdigen Südstadt, ehe er die Stoppelschuhe endgültig ins Eck stellt oder an den berühmten und oft zitierten Nagel hängt.
So ein Abschied bietet stets einen Blick in den Rückspiegel an. Dem 37-jährigen Ortlechner gefällt, was er darin sieht. Er blickt zurück auf eine gelungene Karriere, die, je länger sie dauerte, immer erfolgreicher wurde. "Weil ich mich im Laufe der Jahre stetig gesteigert habe und besser geworden bin." Vielleicht auch deshalb, weil er schon mit 20 Jahren mit Werner Zöchling in Sachen Geist und Seele zusammen arbeitete. Auf Zöchling vertraut auch seit einigen Jahren Kölns Erfolgstrainer Peter Stöger.
Viele Highlights
Unvergesslich auch sein erster Einsatz im Nationalteam im September 2006, als er in Basel gegen Venezuela eingetauscht wurde. Außergewöhnlich war für den Austria-Kapitän auch der Meistertitel 2013 nach einer perfekten Saison. Ortlechner ist einer, der über die gekalkten vier Linien eines Fußballfeldes hinaus denkt. Parallel zu seiner Karriere hat er daher ein Studium begonnen, in dem nun die Masterarbeit ansteht. In den letzten zwei Jahren war er unter Trainer Andi Ogris für die Amateure tätig, für den Verein leitet er das Projekt VIOLAFIT über Weiterbildung im Beruf. Das Fotografieren ist für den Oberösterreicher mehr als nur ein Hobby, wie Vernissagen beweisen.
Neue Perspektive
"Ich bin dankbar für die letzten zwei Jahren bei den Amateuren." Der "Alte" spielte einen Doppelpass mit der neuen Generation, lernte auch deren Sprache. "Ich bin oft in der Kabine gesessen und habe nur beobachtet." Wie Spieler vor dem Training noch schnell ein Selfie mit dem Handy machen und auf Snapchat stellen. Für Ortlechner ein Spiegelbild der Gesellschaft. "Wir werden immer mehr zu einer Instant-Gesellschaft, wo vieles nur kurz existiert und dann gelöscht wird."
Er, der als einer der ersten heimischen Kicker seiner Generation die sozialen Medien entdeckte, entschied sich für eine einjährige Facebook-Auszeit. "Weil es ein Zuviel an Informationen ist, was bei mir oft dann auch Stress erzeugt. Dann lege ich das Handy weg. Das Selektieren von Informationen wird durch diese Medien immer schwieriger. " Auf dem Platz sieht der Verteidiger keine Unterschiede bei den Generationen, viel mehr aber im Verhalten abseits des Fußballs. "Fußballer leben in einer Blase, das muss man offen zugeben."
Der politisch Interessierte beobachtet nicht ganz ohne Sorge die politischen Entwicklungen und nennt die kanadische Regierung als Vorbild. "Dort sind alle Minister absolute Fachleute in ihrem jeweiligen Gebiet. Hierzulande wird einer Innenminister, dann Sozialminister und dann wieder etwas anderes. Das gibt es in dieser Form wohl nur in der Politik."
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