Aufstieg für Menschenfänger Djuricin

Goran Djuricin und sein FördererFredy Bickel
Wie der Interimstrainer im Eiltempo vom Außenseiter zum Chefcoach von Rapid wurde - und Sportchef Bickel dabei half.

Die größten Prüfungen warten bei Rapid nicht unbedingt auf dem Spielfeld. Donnerstag, 18. Mai, vor dem Schlüsselspiel gegen Sturm laden die Hütteldorfer aufgrund eines anstehenden Turniers auch ihr eigenes "Special Needs Team" zum Pressetermin ein. Einer der Spieler will plötzlich eine Frage an Goran "Gogo" Djuricin stellen. Von der langen, knapp eine Minute dauernden, emotional vorgetragenen Frage ist aufgrund seiner Behinderung (Down Syndrom) kaum etwas zu verstehen.

Eine heikle Situation bei einem live im Internet übertragenen, von tausenden Fans angesehenen Termin. Eine falsche Reaktion vom Interimstrainer, der im Abstiegskampf ohnehin angespannt ist – und ein Shitstorm wäre ihm sicher.

Djuricin verblüfft damit, dass er den Namen des Spielers weiß und sagt: "Florian, ich habe leider nicht alles verstanden. Aber ich habe rausgehört, dass du frustriert bist, weil wir in Salzburg verloren haben. Wir sind das auch. Aber ich kann dir eines versprechen: Wir werden gegen Sturm alles geben – auch für dich, Florian!" Lauter Jubel beim Special Needs Team.

Natürlich wurde Goran Djuricin nicht aufgrund dieser Episode zum Cheftrainer für die Saison 2017/’18 bestellt. Aber sie hat Eindruck gemacht. Auch bei den Rapid-Spitzen, die schon in den Wochen davor von Sportdirektor Fredy Bickel gehört haben, dass da ein Menschenfänger im besten Sinn am Werk ist. Am Montagabend stimmte das Präsidium Bickels Vorschlag schließlich einstimmig zu.

Auch am Mittwoch, als Bickel den Aufstieg von Djuricin begründete, kam als erstes Argument: "Weil Gogo sofort den Draht zur Mannschaft gefunden hat und mit seiner Art sehr gut dazu passt. Er hat sie in schwierigen Zeiten wieder aufgebaut." Das ist derzeit besonders wichtig, weil es im Sommer kaum Einkäufe geben wird. Für den 42-Jährigen, den die Spieler duzen dürfen, ist das kein großes Problem: "Dieser Kader hat Qualität. Außerdem rücken Top-Talente wie Wöber oder Thurnwald nach."

Im Trainer-Lehrgang

Erst vor sechs Wochen war der Ex-Ebreichsdorf-Trainer vom Canadi-Assistenten zum Interimstrainer aufgestiegen. Geholfen haben dürfte auch die Lobrede von Kapitän Stefan Schwab nach dem 1:0 gegen Sturm. Dienstagabend hat der Donaustädter, dessen Sohn Marco für Ferencvaros stürmt, von seinem Glück erfahren.

Djuricin saß gerade in Lindabrunn – so wie die Kollegen Chabbi (Ried) und Fallmann (SKN) – bei einer der letzten Einheiten auf dem Weg zur UEFA-Pro-Lizenz, als Bickel anrief: "Eine Stunde durfte ich dann schwänzen."

Schnell war das Finanzielle geklärt. Mittwochfrüh informierte der Schweizer "vier andere Kandidaten". Gute Chancen hätte Urs Fischer gehabt, doch der Basler Meistertrainer will eine Auszeit nehmen. Dass Rapid gegen Anfragen aus Frankreich keine Chance gehabt hätte, glaubt Bickel nicht: "Wer Urs kennt, weiß, dass er nicht nach Frankreich passt." Am besten passe derzeit das frühere Austria-Talent nach Hütteldorf: "Bei jedem Neuen wäre das Risiko größer gewesen."

Betreuerstab verstärkt

Gegen Djuricin spricht die geringe Bundesliga-Erfahrung – die Partie in Mattersburg (16.30 Uhr) ist erst die achte in Eigenverantwortung.

Helfen soll der verbreiterte Betreuerstab: Athletik-Coach Anton Beretzki bringt die Empfehlungen von Ski-Star Stefan Eberharter wie auch Martin Stranzl (aus der gemeinsamen Zeit bei Spartak Moskau) mit. David Lechner kommt als eigener Rehabilitations-Trainer und Gerald Kemmer wird als zweiter Physiotherapeut eingestellt. "In diesen Bereichen brauchen wir ein Facelifting", sagt Bickel. "Aber bei der Trainerfrage ist die Beförderung von Djuricin für mich die einzig richtige Möglichkeit."

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