Austria-Boss Katzian: "Rapid und Austria brauchen einander"

Der Mann in Violett: Austria-Präsident Wolfgang Katzian
Der Austria-Präsident geht nach zehn Jahren in die Verlängerung.

Am Mittwoch wird Wolfgang Katzian bei der Generalversammlung als Austria-Präsident wiedergewählt werden. Zehn Jahre lang lenkt der 60-jährige Gewerkschafter (er ist seit 2005 Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten) schon die Geschicke des Traditionsvereins. Mit vielen schönen und ein paar wenigen unschönen Momenten, aber immer mit sehr viel Leidenschaft. Dabei wollte er gar nicht lange bleiben.

KURIER: Haben Sie vor zehn Jahren gedacht, dass Sie 2017 wie selbstverständlich wiedergewählt werden würden?

Wolfgang Katzian: Nein. Es war ja nie in meiner Lebensplanung, Austria-Präsident zu werden. Ich war immer Fan, im Stadion war ich wie ein Fan gekleidet, und ich habe mich ab und zu auch wie einer benommen (lacht). Bis eben der berühmte Anruf des Wiener Bürgermeisters kam und er gemeint hat: Wir brauchen jemanden, der nicht nur redet, sondern auch etwas tut. Das habe ich dann versucht.

Dabei waren Sie zu Beginn gar nicht so unumstritten. Keine leichten Voraussetzungen ...

Richtig. In meiner Funktion bei der Gewerkschaft waren wir in der Nach-BAWAG-Phase, wir hatten genug zu tun und viele Probleme. Viele meinten nicht zu Unrecht: Hat er keine anderen Sorgen, als jetzt Austria-Präsident zu werden?

Ziehen Sie bitte Bilanz: Was waren die Highlights, was waren die Tiefschläge?

Die erste große Kunst war, finanziell zu überleben nach dem Rückzug von Frank Stronach. Wir hatten damals mit dem Verbund einen wichtigen Sponsor. Heute haben wir 120 Partner, es ist uns also einiges gelungen. Wir waren damals in der Tabelle Vorletzter und mussten raus aus der sportlichen Krise. Dann wurde im Winter Milenko Acimovic verpflichtet. Die wenigsten kannten ihn, am Ende war er ein Glücksgriff. Weitere Highlights waren natürlich der Meistertitel und dann die Gruppenphase der Champions League. Damit haben wir eine ganz andere Welt betreten und kennengelernt. Und ganz ehrlich, wenn du einmal dort warst, willst du dort wieder hin.

In welchen Momenten wären Sie gerne nicht Austria-Präsident gewesen?

Als ich damals im Europacup gegen Bilbao mit dem Megafon am Zaun gestanden bin, um die Fans zu beruhigen. Bei diesem Spiel habe ich mich wegen der Vorkommnisse und der "rechten" Transparente in Grund und Boden geschämt. Ich habe dem Bilbao-Präsidenten dann auch einen Brief geschrieben und mich dafür entschuldigt. Dann war das peinliche Cup-Aus daheim gegen Austria Lustenau und das Scheitern in der Europacup-Quali in letzter Sekunde in Posen. Auch diesen Herbst hat die Niederlage in Pilsen sehr wehgetan, weil wir so knapp am Aufstieg dran gewesen sind. Aber der Fußball ist wie das Leben – mit allen Aufs und Abs.

Was macht die Austria aus?

Wir leben den Begriff der Familie. Die Austria ist ein Verein, der viel Geschichte hat und auch viel davon mitschleppt. Ich gebe lieber das Feuer weiter, nicht die Asche. Verbunden ist der Verein mit vielen Mythen und Zuschreibungen. Es reicht nicht zu gewinnen, man muss auch schön spielen. Aber man muss die Tradition mit dem modernen Fußball unter einen Hut bringen, das ist ein Balance-Akt.

Wie wollen oder können Sie einem Rapidler erklären, dass die Austria leiwand ist?

Einem Rapidler? Puh, das ist schwierig. Die Austria ist ein Klub mit viel Zusammenhalt, mit Fans aus den unterschiedlichsten Schichten, wo ein Direktor mit einem Arbeiter ein Bier trinken kann. Wir haben ein hohes soziales Engagement. Es gibt ein Stück Lebenseinstellung in Violett. Wer es spüren will, der kann es auch spüren.

Ein Rapidler wohl eher nicht ...

Mag sein. Aber Rapid und Austria brauchen doch einander, sonst wäre es nur halb so interessant.

Immer wieder sieht man Sie mit violettem Polo oder Hemd im Stadion. Wie viele violette Kleidungsstücke hängen daheim im Schrank?

15 bis 20 Polos, ebenso viele Hemden. Im Urlaub in Amerika habe ich in einem Outlet die "Purple Edition" von Ralph Lauren aufgekauft. Ich habe alle Flieder-Töne daheim.

Die Zukunft bringt schon im Sommer 2018 eine neue Zeitrechnung für die Austria.

Die neue moderne Generali-Arena wird ein echtes Schmuckkasterl, auf das jeder Austrianer stolz sein wird. Sportlich wollen wir uns in Zukunft in der Europa League etablieren. Wenn ich mir die Auslosungen immer ansehe, dann merke ich, wo wir schon überall waren. Ein Jahr ohne Europacup ist zum Weinen. Einmal wieder in die Champions League zu kommen, das wäre schon etwas ganz Besonderes. Aber das ist ein Traum – und keine Vorgabe.

Sie sind Politiker und Präsident. Wo gibt es Parallelen, wo Unterschiede?

Man kann voneinander lernen. Oft habe ich in politischen Sitzungen die professionelle Nachwuchs-Arbeit bei der Austria als Beispiel angeführt. Umgekehrt kann der Fußball von der Politik lernen, dass es nicht nur die reine Lehre gibt, dass man ein Ziel nicht immer 1:1 erreichen kann. Das ist schwer, wenn ich es gemeinsam schaffen möchte. Dazu braucht es Kompromisse. Der Dialog ist nicht immer einfach, aber extrem wichtig. Was bei einem Klub wie der Austria funktioniert: Irgendwann ist Schluss mit der Diskussion, dann wird gehandelt. In der Politik ist genau das oft nicht so einfach.

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