Box-Weltmeisterin Hammer: "Ein blaues Auge ist mir egal"
Viele sprechen vom größten Kampf in der Geschichte des Frauen-Boxens, der da in der Nacht auf Sonntag in Atlantic City über die Bühne geht. Im Duell zwischen der zweifachen Olympiasiegerin Claressa Shields (USA) und der Deutschen Christina Hammer geht es um alles: Die Siegerin darf sich „Undisputed Championesse“ im Mittelgewicht nennen und damit die Titel der vier größten Boxverbände IBF, WBA, WBC und WBO tragen.
Christina Hammer wird von den Experten als Außenseiterin gehandelt. Die 28-Jährige, die fünffache Weltmeisterin ist und ihre 23 Profikämpfe alle gewonnen hat, bereitete sich in Seefeld auf den Kampf vor.
KURIER: Wie landet man überhaupt als Frau im Ring?
Christina Hammer: Ich war immer sehr sportlich und habe mich auch ab und zu in der Schule geprügelt, wenn es sein musste. Eigentlich habe ich ja mit meinem Bruder mit der Leichtathletik begonnen, aber er war besser und das konnte ich gar nicht leiden. Deshalb habe ich etwas gesucht, wo ich stärker war. Über Aikido, Kickboxen und meine Onkel bin ich dann beim Boxen gelandet.
Sie betonen gerne, dass Sie ein anderes Bild vom Frauenboxen darstellen. Was meinen Sie damit konkret?
Viele haben wahrscheinlich das Bild im Kopf, dass eine Boxerin eine schiefe Nase haben muss oder wenig attraktiv ist. Ich möchte dieses Bild revolutionieren. Man kann im Boxen eine gute Athletin sein ohne eine schiefe Nase zu haben. Feminin und Boxerin zu sein, das schließt sich nicht aus. Im Ring bin ich Boxerin, außerhalb eine ganz normale Frau, die High Heels und Make-up mag. Ich möchte den Frauen auch die Angst vorm Boxen nehmen. Eine Frau muss nicht befürchten, dass sie durch das Training zum Beispiel zu männlich wird.
Wenn sich Männer prügeln, gilt das als normal. Warum haben viele Menschen ein Problem damit, wenn sich zwei Frauen im Ring gegenüber stehen?
Ich denke, dass die Qualität unseres Sportes von vielen nicht erkannt wird. Wir müssen technisch sehr sauber im Ring arbeiten, genauso wie die Männer. Darauf wird es auch jetzt beim Kampf gegen Shields ankommen. Das wird ein Kampf auf höchstem Niveau, vielleicht sogar besser als jeder Männerboxkampf.
Und Sie werden dann im Ring wieder in Ihren berühmten „Beastmodus“ umschalten?
Wenn ich in den Ring steige, dann ist das für mich eine andere Welt. Da wird dann alles ausgeklammert. Wenn ich in den „Beastmodus“ umschalte, dann ist es mir auch egal, ob ich beispielsweise ein blaues Auge bekomme. Dann will ich einfach nur gewinnen. Der Fokus liegt nur auf dem Sieg.
Was ist denn Ihrer Meinung nach im Ring ausschlaggebend: Die Faust oder der Kopf?
Der Kopf ist sicher das entscheidende. Man muss sich mental auf den Kampf vorbereiten und darf sich nicht vorab einreden, dass man es schwer haben wird. Dann würde es auch nicht funktionieren. Der Kopf entscheidet im Endeffekt über Sieg oder Niederlage. Auch wenn es in einer Runde nicht so gut läuft, darf man sich nicht abbringen lassen und muss cool bleiben. Okay, die Runde gebe ich ab, die nächste wird besser.
Sind denn auch psychologische Spielchen entscheidend? Oder warum haben Sie bei der Pressekonferenz Ihre Gegnerin sekundenlang angestarrt.
Für mich ist das sogar sehr entscheidend. Es ist eine meiner Spezialitäten, dieses Gesicht aufzusetzen. Ich will damit meine Gegner irritieren, ich will ihnen signalisieren, dass ich nicht zum Verlieren hier bin. Psychologie ist im Ring immens wichtig. Ich vermittle Claressa Shields damit auch: Mit mir kannst du nicht spielen. Ich bin da, um zu gewinnen.
Sie haben alle ihre Profikämpfe gewonnen und kennen nicht das Gefühl der Niederlage. Haben Sie Angst vor dem Moment, wenn Sie einen Niederschlag erleiden und in einem Kampf am Boden liegen?
Für mich ist Niederlage keine Option. Ich bereite mich für den Sieg vor. Wenn man die Niederlage schon im Kopf hat, dann braucht man erst gar nicht anfangen. Ich werde bis zur letzten Sekunde kämpfen, damit ich gewinne. Niederlage passt weder zu meiner Mentalität noch zu meiner Motivation.
Was tut einem nach einem Kampf denn normal am meisten weh?
Normalerweise der ganze Körper. Weil einfach alles unter Spannung steht. So einen Muskelkater, wie man ihn nach einem Kampf bekommt, kann man im Training überhaupt nicht simulieren.
Was sind denn überhaupt die schmerzhaftesten Schläge?
Ein Leberhaken tut richtig weh, man kann dann im ersten Moment nicht einmal mehr atmen. Aufwärtshaken sind auch sehr schmerzhaft, weil dann schon mal die Zähne klappern können. Und Schläge an die Schläfe sind sowieso extrem.
Das Kräftemessen mit Claressa Shields wird der „Boxkampf des Jahrhunderts“ genannt. Was bedeutet Ihnen persönlich dieser Kampf?
Für mich ist dieser Kampf einer der wichtigsten meiner Karriere. Ich habe Jahre darauf hingearbeitet. Für mich war es immer ein großer Ansporn, dass ich alle vier Gürtel habe und einmal „Undisputed Championesse“ werde. Das können nämlich nicht viele Boxer von sich behaupten.
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