EM-Gold ist kein Zufallsprodukt

EM-Gold ist kein Zufallsprodukt
Die Schwaiger-Schwestern triumphieren in Klagenfurt und holen ihre erste Medaille.

Es war 16.08 Uhr, als 8000 Zuschauer (darunter Bayern-Star David Alaba und zwei Österreicherinnen am Centre-Court die Arme in die Höhe rissen. Es war vollbracht. Doris und Stefanie Schwaiger gewannen das Finale von Klagenfurt gegen die Spanierinnen Liliana/Baquerizo 2:1 (15, –20, 12) und sind neue Europameisterinnen. „Unfassbar. Vor diesem Publikum den Titel zu holen, ist ein Wahnsinn“, sagte Steffi Schwaiger.

Und das an einem traurigen Tag für die Familie. Denn am Vormittag war das Begräbnis der Großmutter. Gleichzeitig sicherten sich die Schwestern gegen die Deutschen Ludwig/Walkenhorst den Finaleinzug und ihre erste EM-Medaille.

Die Beach-Profis

Wenn die neuen Europameisterinnen Doris und Stefanie Schwaiger ins Stadion kommen, dann hat Beachvolleyball nichts mehr mit jenem Funsport zu tun, der vor 30 Jahren von den USA und von den Stränden Brasiliens aus Europa eroberte.

Im Kopf haben die Spielerinnen alle Taktiken, mit denen der Gegner besiegt werden kann. Dieses Wissen basiert auf einer umfangreichen Recherche, die auch Österreichs Beachvolleyballer seit dieser Saison intensiv nutzen. Dank des Projekts Rio 2016 sind bei allen Partien Statistiker im Einsatz, die Videos aufnehmen und die Clips mittels einer eigenen Volleyball-Software gleich beschriften. Die Trainer werten die Daten aus und entwerfen Taktiken.

„Das Wissen ist eine große Erleichterung“, sagt Steffi Schwaiger. „Wir kennen jetzt die Lieblingsangriffsrichtungen unserer Gegnerinnen.“ Seit dieser Saison werden die Niederösterreicherinnen vom Hamburger Dirk Severloh trainiert, der schon seine Landsfrauen Sara Goller und Laura Ludwig zum EM-Titel geführt hatte.

Das Potenzial der Schwaigers sei laut Severloh riesig. „Jetzt werden wir alles daran setzen, es herauszukitzeln“, sagt der 43-Jährige im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2016.

Aber Severloh kümmert sich nicht nur um das Sportliche. Er verbot den Schwaigers, in Flip-Flops zum Training zu kommen. „Durch den Sand sind die Wadenmuskeln beansprucht. Flip-Flops schaden zusätzlich und sind auch gefährlich. Was, wenn eine Spielerin auf Scherben tritt? Ihr Körper ist ihr Kapital, er muss gepflegt werden“, erklärt der Coach.

In Deutschland gäbe es für Nachwuchsspieler sogar zweistündige Vorträge über das richtige Benehmen. Wie der Norddeutsche mit der österreichischen Mentalität zurechtkommt? „Es gibt wirklich große Unterschiede.“ Aber Severloh ist auch ausgebildeter Mentaltrainer und kommt damit gut zurecht.

Das Ziel Olympia

Einen ähnlich großen Aufwand betreiben auch Clemens Doppler und Alexander Horst. Robert Nowotny, Trainer von Doppler und Horst, sagt: „Unser Sport ist den Kinderschuhen entwachsen. An der technischen Entwicklung arbeiten sogar Universitäten.“

Trotz des in Klagenfurt erlittenen Kreuzbandrisses lässt sich Doppler vom großen Ziel Olympia 2016 nicht abbringen. „Es ist alles darauf ausgelegt, dass wir in Rio Erfolg haben werden“, sagt Nowotny. Das Betreuerteam von Doppler/Horst umfasst einen Trainer, der auch die Pressearbeit macht, einen sportwissenschaftlichen Coach, einen Physiotherapeuten und einen Mentalbetreuer. Und die Statistiker, die allen Österreichern zur Verfügung stehen.

Um ein solches Umfeld zu schaffen, in dem die Österreicher Chancengleichheit mit den Top-Nationen wie Deutschland und den Niederlanden haben, ist mittlerweile ein Budget von 200.000 Euro notwendig. Ein finanzieller Polster für die Zeit danach ist nicht drin. Ausgesorgt haben die Österreicher nicht. „Aber ich würde trotzdem alles wieder gleich machen. Beachvolleyball ist und bleibt der geilste Sport“, sagt Alexander Horst.

Die Beach-Volleyballerinnen Doris und Stefanie Schwaiger haben bei der Heim-EM in Klagenfurt Gold geholt. Die Niederösterreicherinnen besiegten die Spanierinnen Liliana Fernandez/Elsa Baquerizo am Samstag bei großer Hitze im Finale 2:1 (15,-20,12) und sicherten sich damit ihre ersten Medaille bei einem Großereignis.

Nach fünften Plätzen bei der EM 2009, den Weltmeisterschaften 2009 und 2013 sowie den Olympischen Spielen 2008 und 2012 landeten die Waldviertlerinnen ausgerechnet beim Heimturnier am Wörthersee ihren ersten Medaillen-Coup. Zur Belohnung für die schweißtreibende Arbeit durften sie sich vor begeisterten 8.000 Zuschauern die schon lange erhofften Trophäe umhängen lassen.

Dass es Gold geworden ist, sei natürlich die Krönung, so Doris. "Das ist schwer in Worte zu fassen. Diesen Erfolg daheim feiern zu dürfen, ist das Allergrößte für uns, das es gibt", sagte die ältere der Schwestern. Stefanie stimmte zu und danke den Fans, die wieder für tolle Stimmung gesorgt hatten. "Ein großer Punkt war das Publikum. Es ist eine Ehre, da zu spiele, ihr seid unglaublich", bedankte sich die Blockspielerin, "sie haben genauso wie wir alles gegeben und uns gepusht."

Das Duo gewann die erst zweite Medaille in der EM-Geschichte für ÖVV-Damen, die erste in Gold. Insgesamt hält Rot-weiß-rot jetzt bei sechs Stück, nach zwei Titel bei den Herren nun bei drei Goldenen.

Spannendes Endspiel

Wie im Halbfinale gegen die Deutschen Ludwig/Walkenhorst sah es zunächst auch im Endspiel gegen die Vorjahres-EM-Dritten aus Spanien nach einer klaren Angelegenheit aus. Die Ibererinnen gaben aber im zweiten Satz von Beginn an den Ton und glichen aus. Im entscheidenden Durchgang behielten die Waldviertlerinnen aber die Nerven und setzten sich recht sicher durch. "Im zweiten Satz habe ich bei ein paar Blocks daneben gegriffen, aber im dritten habe ich mich wieder erfangen", erklärte Stefanie, die den letzten Punkt zum Titel gemacht hatte.

In den Jubel um ihre erste EM-Medaille mischte sich aber auch Trauer, denn zu Hause im Waldviertel wurde am Finaltag ihre kürzlich verstorbene Großmutter zu Grabe getragen, die in früheren Jahren einige Male in Klagenfurt zu Gast gewesen war.

Ergebnis

Doris Schwaiger/Stefanie Schwaiger (AUT-3) - Liliana Fernandez/Elsa Baquerizo (ESP-5) 2:1 (15,-20,12)

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