Ballawatsch vor der Tischtennis-EM

Österreichs Nummer eins Liu Jia will mit dem neuen Plastikball eine EM-Medaille
Die überhastete Einführung der neuen Bälle sorgt für Ärger in der österreichischen Mannschaft.

Wenn Robert Gardos über die am 24. September beginnende Mannschafts-EM in Portugal spricht, dann kommt mit jedem Wort sein Unbehagen zum Ausdruck. "Ich kann nur dann unbeschwert in einen Wettkampf gehen, wenn ich alles gemacht habe, damit ich gut vorbereitet bin. Doch das ist dieses Mal nicht möglich", sagte Österreichs Teamspieler. Der Grund ist die überhastete Einführung der neuen Plastikbälle.

Zwar steht schon lange fest, dass die Zelluloidbälle wegen ihrer gesundheitsgefährdenden Wirkung durch Plastikbälle ersetzt werden müssen, doch vor dem jetzt anstehenden Großereignis haben die meisten Verbände gerade einmal je sechs Bälle für Damen und Herren bekommen. "Normalerweise erhalten wir 300 bis 400 Bälle für ein ordentliches Training", vergleicht Generalsekretär Rudolf Sporrer.

Robert Gardos ist entsetzt: "Es ist schade, dass der internationale Verband so unprofessionell ist. Bei dieser EM werden die Bälle die größten Gegner sein." Und erst danach jene am anderen Ende des Tisches.

Laut Herren-Cheftrainer Jaroslaw Kolodziejczyk haben die die neuen Bälle eines japanischen Herstellers ein anderes Verhalten: "Natürlich springen sie ein wenig anders und nehmen den Schnitt auch anders an. In einer so sensiblen Sportart haben die kleinsten Änderungen große Auswirkungen."

Dass die meisten Verbände erst letzte Woche zwölf Bälle zum Training bekamen, lag an Verzögerungen und Qualitätsproblemen bei der Herstellung. "Wir konnten uns natürlich nicht optimal vorbereiten. Aber unsere Gegner auch nicht", sagt Kolodziejczyk.

Medaillenwunsch

Österreichs Verbandspräsident Johann Friedinger ärgert sich auch über die Gruppeneinteilung: "Weil die Herren bei der letzten EM nur Neunter geworden sind sind wir als Nummer drei in einer Gruppe mit der Nummer eins Deutschland und der Nummer zwei Portugal." Österreich werde beim Kongress beantragen, dass künftig die Einteilung nach der Rangliste erfolgt. Dennoch glaubt Friedinger: "Wir können mit beiden Teams eine Medaille holen. Bei den Damen ist die Wahrscheinlichkeit größer." Das glaubt auch Liu Jia, die seit 17 Jahren in Österreich ist und noch keine Team-Medaille gewinnen konnte. "Wir haben das stärkste Team. Heuer gibt es keine Ausreden."

Von der Diskussion über die Bälle will sich Liu Jia nicht beeinflussen lassen. Dank des Rio2016-Olympia-Projekts des Sportministeriums wurden zwei starke chinesische Spielerinnen als Sparringpartner nach Linz gebracht. "Das ist einmalig. So gut konnte ich noch nie trainieren."

Um die Förderungen weiterhin rechtfertigen zu können, wären Erfolge in Portugal also umso wichtiger.

Die Herstellung von Zelluloidbällen ist nur noch in China erlaubt. Der Weltverband verordnete, dass alle Turniere ab Juli 2014 nur noch mit dem seit Jänner zugelassenen Plastikball zu spielen sind. Für die prestigeträchtigen Asiaspiele im Oktober gab es aber eine Ausnahmeregelung.

Der neue Ball hat wie sein Vorgänger 40 Millimeter Durchmesser und ist 2,7 Gramm schwer. Aus einer Höhe von 30,5 Zentimeter fallend, muss er 24 bis 26 Zentimeter hoch aufspringen. Wird ein Ball optimal mit Topspin getroffen, rotiert er zirka 150-mal (!) pro Sekunde.

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