Warum Sportminister Andreas Babler besonders gefordert ist

Fußball-Freunde: Werner Kogler kickte einst im Nachwuchs von Sturm, Andreas Babler mit WSC-Trikot
Der bekennende Fußballfan Andreas Babler übernahm das Amt von Ex-Kicker Werner Kogler. Die Herausforderungen sind groß.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Ist es vorstellbar, dass der Bürgermeister einer deutschen Kleinstadt anlässlich der Bürgermeisterwahl im Fan-Trikot eines österreichischen Zweitligisten zur Stimmabgabe vor die Wahlurne tritt ?

Warum diese Frage?

Weil Andreas Babler bei der NÖ-Landtagswahl 2023, ehe er seiner Favoritenrolle als Bürgermeister in Traiskirchen gerecht wurde, im Fan-Pulli des Zweitligaklubs St. Pauli zur Stimmabgabe erschienen war.

Zwei Jahre später ist der FC St. Pauli in Deutschland Erstligist, ist Babler in Österreich Vizekanzler geworden.

Zum Einstand überreichte der dunkelrote Babler ein weißes Wiener-Sport-Club-Trikot an seinen Vorgänger Werner Kogler, der als Grüner kein Leiberl in der neuen Regierung hat. Fußball-Insider wissen, dass der Sport-Club ähnlich wie St. Pauli über eine (wenn auch viel kleinere) sehr sozial eingestellte, friedliche Fangemeinde mit Linksdrall verfügt. 

Was hingegen die meisten Sportfreunde – wenn überhaupt – vielleicht erst durch die symbolische Leiberl-Übergabe mitgekriegt haben: Dass Babler nicht nur für Wohnen, Kunst und Kultur (wie vom ORF gemeldet) sondern auch für den Sport (wie in der ZiB 1 unerwähnt geblieben) zuständig sein wird.

Meist wird der Sport von der Politik wie ein Punchingball zwischen den Ressorts hin- und hergeschoben. Oder wie es Alexander van der Bellen, als er noch Chef der Grünen war, einmal entwaffnend ehrlich sagte: „Mit dem Sport werden wir uns net abspeisen lassen.“

Babler der Fünfzehnte

Babler ist die bereits 15. Person innerhalb der letzten 25 Jahre, die in Österreich die Rolle des politischen Obersportlers einnehmen wird. Mittlerweile

... ist der Bau eines Nationalstadions in Anbetracht der milliardenschweren Staats- und Stadtschulden in Wien ohne privaten Geldgeber kaum noch zu rechtfertigen;

... ist fast schon ein Drittel aller Jugendlichen übergewichtig, ein Trend, der längerfristig das Gesundheitssystem dramatisch zu überlasten droht;

... ist die Forderung nach der täglichen Turnstunde großteils Lippenkenntnis geblieben;

... hat Wien zwar um 400.000 Einwohner, aber um keinen Sportplatz geschweige denn um eine Leichtathletikanlage mehr als zur Jahrtausendwende. Was nicht für die (nach Berlin) zweitgrößte deutschsprachige Metropole spricht .

In der drittgrößten deutschsprachigen Stadt, in Hamburg, kämpft St. Pauli um den Bundesliga-Weiterverbleib, während sich der traditionsreichere HSV (der unter Ernst Happels Regie 1983 den Europacup der Landesmeister gewann) seit fünf Jahren um den Wiederaufstieg bemüht. Angefeuert von stets 50.000 Zuschauern in Liga zwei. Das wiederum wäre in Wien unvorstellbar.

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