Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Sisay Lemma lief die drittbeste Zeit in der Geschichte des Wien-Marathons.
Sisay Lemma siegt souverän. Maja Neuenschwander sorgt für einen Schweizer Sieg bei den Damen.

Mit der drittschnellsten jemals in Wien gelaufenen Zeit von 2:07:31 Stunden hat sich der Äthiopier Sisay Lemma den Sieg beim 32. Wien-Marathon gesichert. Topfavorit und Streckenrekordler Getu Feleke sowie auch der Österreicher Christian Pflügl waren vorzeitig ausgestiegen. Bei den Frauen setzte sich die Schweizerin Maja Neuenschwander durch, die deutsche Vorjahressiegerin Anna Hahner wurde Fünfte.

Das Rennen begann bei guten Bedingungen und Temperaturen um 13 Grad für die Männer alles andere als optimal, denn Vorjahressieger Feleke hatte nach zehn Kilometern nur noch einen der drei Pacemaker an seiner Seite. In der Topgruppe mit dabei waren Lemma, Beraki Beyene aus Eritrea und der kenianische Debütant Suleiman Simotwo. Der Vorjahresvierte Duncan Koech (KEN) war bereits zurückgefallen, sollte später aber noch eine Rolle spielen.

Nach 45 Minuten fiel eine Vorentscheidung. Feleke konnte das Tempo nicht mehr mithalten, womit auch klar war, dass ein neuer Streckenrekord nicht mehr möglich ist, hatte zwischen dem 2014-Sieger und dem nächstbesten Topathleten im Feld doch eine Lücke von mehr als zwei Minuten zwischen den Bestzeiten geklafft.

Noch ein paar Kilometer vor dem Halbmarathon und in der Nähe des Athletenhotels bei Schönbrunn stieg Feleke wegen Oberschenkelproblemen aus. Und die Spitzengruppe war mit Lemma, Simotwo und dem "Hasen" nur noch ein Trio. Die Halbmarathon-Durchgangszeit betrug 1:03:07 Stunden. Nach 26 Kilometer beendete der letzte Tempomacher frühzeitig sein Tagwerk, Lemma arbeitete sich entscheidende Meter Vorsprung heraus und lief schließlich solo ins Ziel.

Der Wien-Marathon in Bildern

Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

AUSTRIA MARATHON
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

AUSTRIA MARATHON
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Runners cross the river Danube at Reichsbruecke br
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Leichtathletik , 32. Wien Marathon 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Leichtathletik , 32. Wien Marathon 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Leichtathletik , 32. Wien Marathon 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Lemma of Ethiopia crosses the finish line a second
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

32. VIENNA CITY MARATHON
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

32. VIENNA CITY MARATHON: 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Harald Ottawa
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

First placed Neuenschwander of Switzerland reacts
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

Leichtathletik , 32. Wien Marathon 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

32. VIENNA CITY MARATHON: 2015
Äthiopier Lemma gewinnt den Vienna City Marathon

32. VIENNA CITY MARATHON: 2015

Rekordabstand

Der Abstand zum hart kämpfenden und schließlich zweitplatzierten Koech, der 2:12:14 benötigte, betrug damit fast fünf Minuten, was eine Rekorddifferenz in der Bundeshauptstadt bedeutete. Dritter wurde mit Siraj Gena ein weiterer Äthiopier (2:12:48), der ebenfalls die Gunst der Stunde nützte. Es war übrigens der vierte Männer-Sieg für Äthiopien beim VCM, Rekordnation ist Kenia mit zwölf.

"Ich bin sehr glücklich, dass ich hier gewonnen habe, ich bin ja das erst Mal hier", sagte Lemma, der sich beim Publikum bedankte. "Die Strecke ist gut für einen Marathon und die Bedingungen waren es auch." Mit der Arbeit der Pacemaker war er nicht zufrieden, da blieb ihm nichts anderes übrig, als sein eigenes, schnelleres Tempo zu laufen. Für Lemma war es der zweite Marathon in diesem Jahr, in Dubai war er Fünfter geworden.

Der im Vorfeld als bester Österreicher gehandelte Pflügl lag nach 21,1 km mit der Durchgangszeit von 1:07:47 nur 17 Sekunden über Plan, er stieg nach Problemen bei Kilometer 29 aber aus. "Bei 22 hatte ich bereits massive muskuläre Probleme, ein Krampf in der linken Wade. Ich wollte durchkämpfen, aber ich konnte nicht mehr auf den Fuß steigen. Mir tut es irrsinnig leid, aber das ist der Marathonsport. Schade, dass das in Wien passiert ist", sagte der Oberösterreicher.

Auch der viermal beim VCM beste Österreicher Roman Weger beendete den Lauf nicht, womit Berglaufspezialist Simon Lechleitner als Zwölfter mit 2:25:53 bester Athlet des Gastgeberlandes war.

Überraschungssiegerin

Bei den Frauen übernahm die deutsche Titelverteidigerin Anna Hahner von Beginn an die Führungsarbeit, wie erwartet mit dabei waren Neuenschwander, Agnes Mutune (KEN), die zweifache Wien-Siegerin Fate Tola (ETH) sowie die weiteren Kenianerinnen Caroline Chepkwony und Esther Chemtai, bei der Oper am Ring riss die Japanerin Noriko Higuchi ab.

Nach 15 Kilometern hatten Tola und Neuenschwander bereits ein paar Sekunden Vorsprung auf Hahner, die dieses Mal auf die Radbegleitung durch ihre Zwillingsschwester Lisa verzichten musste, weil diese verletzt ist.

Neuenschwander erkämpfte sich einen leichten Vorsprung und lief auf neue persönliche Bestzeit zu, die stand bei 2:29:42, auch ein neuer Schweizer Rekord (2:27:44/Franziska Rochat-Moser/1994 in Frankfurt) war lange in Reichweite. Daraus wurde dann allerdings nichts und am Ende wurde es noch richtig eng. Die Siegerzeit betrug 2:30:09, Zweite wurde Mutune (2:30:19), Dritte Chemtai (2:30:32), Vierte Chepkwony (2:30:36) und Fünfte Hahner (2:30:50), womit anders als bei den Männern die Top-Fünf eng beisammen lagen.

"Es war ein Riesengenuss, ganz viel Spaß und viele Eindrücke. Mit dem Sieg habe ich mich erst ganz am Ende zu befassen begonnen. Auf den letzten zehn Kilometern ging es ans Eingemachte", sagte Neuenschwander.

"Wo ist das verflixte Lusthaus?" oder "Wo ist endlich Kilometer 35? und "Der Prater ist ja größer als das ganze Waldviertel!"

Fragen, Erkenntnisse, Zweifel. Zweifel an der Gerechtigkeit des Lebens.

Einige Minuten (nein, Stunden waren es nicht!) und Muskelkater später wusste ich es: Der Marathon ist in seiner temporären Grausamkeit doch eine nette Story mit möglichem Happy End. Und der Heldenplatz ist wahrscheinlich für solche Menschen errichtet worden. Für jene, die sich dort feiern lassen können. Und wo nicht nur die Besten frei nach David Bowie Heroes, just for one day wichtig genommen werden.

Einige Zeit und Blicke auf die Laufzeit später relativiert sich einiges – das Waldviertel ist übrigens groß. Es bleiben aber Erinnerungen. Zum Beispiel an zwei ÖBB-Beamte, die auf mein Lob "Es gibt ja doch noch schnelle ÖBB-Beamte" entgegneten: "Müssen wir, wir haben eine Verspätung aufgerissen." Oder an die nette Dame mit Getränken, mit der ich vereinbarte, bei Kilometer 41 Bier statt Wasser auszuschenken. Der Deal der wundersamen Verwandlung scheiterte. Oder an den "Entertainer", der am Straßenrand mit Sprüchen wie "Mir tun die Beine zu weh" versuchte, zu animieren. Ich hab mich vor ihm aufgebaut und fragte: "Ihnen auch?"

Nun kenne ich alle Gelenke und Muskelgruppen unterhalb meines Beckens. Aber was gibt es Schöneres als ein Kompliment des Kollegen, der mich eine Woche nicht sah: "Sie sehen richtig erholt aus."

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