Julia Koschitz: Schauspielerin mit Anspruch
Die vergangenen Tage waren anstrengend mit Drehs bis nach Mitternacht. Doch von Müdigkeit ist keine Spur, wenn Julia Koschitz über die Zusammenarbeit mit Andreas Prohaska in Wien für dessen neue "Spuren des Bösen"-Folge spricht. "Er gehört zu den wenigen Regisseuren, denen ich blind, ohne das Buch gelesen zu haben, zusagen würde. Nicht nur weil ich ihn für so einen guten Regisseur halte und weil es mit ihm und seinem Team so angenehm zu arbeiten ist, sondern weil er für mich ein Garant für Qualität ist.Ich glaube, er würde kein mittelmäßiges Buch verfilmen", sagt Koschitz im KURIER-Gespräch.
In der Geschichte nach dem Drehbuch von Martin Ambrosch wird Verhörspezialist Richard Brock (Heino Ferch) von Clara Rink (Koschitz) gebeten, ihrem offenbar psychisch kranken Mann zu helfen. "Für diese Frau ist die drastische Veränderung ihres Mannes ein Schock, sie steht vor einem schrecklichen Rätsel, das Brock zu entwirren beginnt."
Rückkehr
Für die in Brüssel geborene, nun in München lebende Österreicherin ist der Dreh in Wien wie eine Rückkehr zu den schauspielerischen Wurzeln. Hier hat sie ihre Karriere mit der Ausbildung am Schubert-Konservatorium gestartet. Der dort begonnene Weg hat die 41-Jährige in die erste Liga deutschsprachiger Schauspielerinnen geführt. "Bei mir ging es in der Vergangenheit sehr langsam voran, aber eher bergauf. Heute bin ich dankbar für diesen unspektakulären Weg, der mich auch manchmal Geduld gekostet hat. Es sind nie große Schritte bei mir, aber ich habe nach wie vor das Gefühl, dass ich tendenziell weniger Kompromisse machen muss. Die Auswahl an spannenden Projekten wird für mich eher größer als kleiner", erzählt Koschitz.
Ungewöhnliche Wege
Das trifft auch auf sie selbst zu. Nicht umsonst gehört Koschitz zu den Vielbeschäftigten im deutschsprachigen Raum. Im Vorjahr hat sie mit Jürgen Vogel den Wirtschafts-Liebes-Thriller "Vertraue mir", der 2016 im ZDF zu sehen sein wird, und in der Regie von Johannes Fabrick das Drama "Zweimal lebenslänglich" gedreht. Zuletzt stand sie für die Verfilmung von Siegfried Lenz' "Die Schweigeminute" vor der Kamera.
"Ich bin immer auf der Suche nach Qualität", sagt sie und schlägt dafür auch ungewöhnliche Wege ein – für den Langfilm-Erstling "Jonathan" von Piotr Lewandowski, der bei der diesjährigen Berlinale in der Sektion Panorama lief, ging sie sogar zum Casting. Für Koschitz nichts Ehrenrühriges - das biete beiden Seiten die Chance, einander kennenzulernen und zu sehen, wer wie arbeitet und ob man einen Draht zueinander findet. " Der Film war eine schöne Abwechslung im letzten Jahr. Erstlingsprojekte haben eine spezielle Energie. Es steht für die Filmemacher viel auf dem Spiel."
Ob sie nicht auch Lust hätte, Regie zu führen? Sie habe eine Szene für das Showreel einer Freundin geschrieben und inszeniert, das sei bisher der einzige Ausflug auf die andere Seite gewesen. "Das war spannend und hat meinen Respekt gegenüber Regisseuren wie auch Autoren gesteigert." Sie gehöre wahrscheinlich zu den Schauspielern, die sich eher für den gesamten Film interessieren, als für die Rolle, die ihr angeboten wird. "Mein Wunsch ist immer derselbe: Ich würde gern in Filmen mitspielen, die ich mir selbst anschauen würde." Und insofern beschäftige sie sich auch viel mit der Frage, was einen guten Film, ein gutes Buch und natürlich auch einen guten Regisseur ausmache. "Ich glaube aber nicht, dass die Welt mich in dieser Rolle braucht", sagt Koschitz und lacht.
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