Die sind schon seit 4 Uhr in der Nacht hier“ sagt der Fahrer und zeigt auf eine Gruppe Fotografen am Straßenrand, die schon seit Stunden auf den Beinen sind, um den schönen Sonnenaufgang und das beste Licht des Tages zu erwischen. Wir sind am Weg nach Bagno Vignoni in der Provinz Siena.
Ich kann verstehen, dass sie diese Schönheit einfangen wollen, denn als ich durch die hügelige Landschaft der Südtoskana fahre, kann ich gar nicht anders: Ich denke ans hohe Alter, hier ist der Ort, an dem ich meinen Ruhestand verbringen möchte. Serpentinen schlängeln sich zwischen den Zypressen bergauf und bergab, Olivenhaine reihen sich an Weingärten, satte Grüntöne werden nur durch Steinhäuser und -villen unterbrochen. Ja, hier würde ich es durchaus länger aushalten.
Seit 2004 ist das Val d'Orcia im Hinterland von Siena Weltkulturerbe. Erkunden können es Reisende etwa mit der App "Val d'Orcia" füriPhone undAndroid von Andreas Walter. Ob zu Fuß oder mit dem Rad, gemütlich oder fordernd: Die App navigiert on- und offline durch die Natur- und Kulturlandschaft und informiert über interessante Punkte an der Strecke.
Einer dieser Punkte ist die Abtei Sant'Antimo, etwa zehn Kilometer von Montalcino entfernt. Mehrmals täglich werden in der sandfarbenen Traventin-Kirche von den Mönchen Andachten und Messen mit gregorianischen Gesängen gehalten, die sich Kulturinteressierte nicht entgehen lassen sollten.
Montalcino bietet faszinierende Ausblicke über Val d'Orcia hinaus. Der entzückende 5000-Einwohner-Ort ist vor allem durch seine Weinberge bekannt. Dort wird der weltbekannte und nicht ganz günstige Brunello di Montalcino hergestellt. Der volle Rotwein wird unter strengen Regeln hergestellt: Er wird sortenrein aus einer Spielart der Sangiovese-Traube gekeltert und erst fünf Jahre nach seiner Ernte zum Verkauf freigegeben.
Es ist nicht die einzige Weinhochburg im Tal: Am anderen Ende des Val d'Orcias liegt Montepulciano. Die historische Kleinstadt auf der Kuppe eines rund 600 Meter hohen Hügels ist von einer mittelalterlichen Stadtmauer umgeben. Vino Nobile di Montepulciano heißt der Rotwein, der hier angebaut wird. Die besten Exemplare stehen geschmacklich zwischen einem Brunello di Montalcino und einem Chianti.
Die duftige und leichtere, vor allem günstigere Variante des Brunellos, den Rosso di Montalcino, trinken wir in der "La Bottega di … Cacio" in Bagno Vignoni. Die alten, aber wunderschönen Holztore stehen offen und erlauben einen Blick auf die Vitrine im Inneren. Toskanische Köstlichkeiten und Antipasti sind liebevoll ausgestellt, gewogen werden die Speisen mit einer alten Waage – als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Auf den Hockern aus Bast haben es sich drei Katzen gemütlich gemacht und halten Nickerchen, sie fühlen sich hier genauso wohl wie wir.
Gestärkt spazieren wir durch Bagno Vignoni. Hier gibt es nicht viel zu sehen und trotzdem versprüht der Ort, der vor allem für seine Therme bekannt ist, einen zauberhaften Charme.
Das Becken mit dem Thermalwasser neben der antiken Kirche Chiesa di San Giovanni Battista dominiert die Szenerie. Der Mühlenpark Parco dei Mulinian der Panoramaterrasse wird von dem Heilwasser, das in kleinen Rinnen durch den Ort fließt, gespeist. Es ist dasselbe, das auch im Hotel Adler Thermae die Becken füllt. Und hier können wir uns vor allem einem widmen: Dem Träumen – vom hohen Alter in den Weinbergen der Toskana.
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