Tuifly künftig im Tandemflug mit Etihad

TUIfly steht vor einer Umstrukturierung
Reisekonzern Tui hat eine Chance auf Neuordnung mit dem Air-Berlin-Großaktionär.

Der weltgrößte Touristikkonzern Tui hakt seine deutsche Fluggesellschaft Tuifly ab. Der Ferienflieger aus Hannover soll künftig in einer neuen Dachholding aufgehen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen handelt es sich dabei um die arabische Airline Etihad.

Der Poker um die hochverschuldete Fluggesellschaft Air Berlin, bei der Etihad Großaktionär ist, eröffnete dem Reisekonzern die Tür für die Neuordnung. Für die Mitte 2007 aus dem Billigflieger HLX und Hapagfly entstandene Tuifly bedeutet die Lösung allerdings das Ende der Selbstständigkeit.

Sommergeschäft musste Winter mittragen

Tuifly künftig im Tandemflug mit Etihad
epaselect epa04125679 Pulling a ball of light... The light of the setting sun is refelxted in the exhaust plume of a Boeing 737 of German charter carrier TUIfly and appears to pull a fireball as the airplane it approaches the airport of Stuttgart, Germany, 14 March 2014. EPA/SAEBASTIAN KAHNERT
Die Tuifly als klassische Saison-Airline mit gewachsenen Strukturen und Direktflügen ohne jegliche Drehkreuze hat dem Konzern nicht nur Freude bereitet. Denn das klassische Chartergeschäft im Sommer will auch im Winter kompensiert sein. Der Reiseriese aus Hannover hat das Problem, in der Hauptsaison zu wenige und in der Nebensaison zu viele Flugzeuge zu haben. Einige der Jets - Durchschnittsalter knapp sechs Jahre - flogen daher zu dieser Jahreszeit in Kanada.

Verbund von 60 Flugzeugen

Der Konzern wertet die sich nun abzeichnende Lösung mit einem neuen Verbund von gut 60 Flugzeugen daher als Chance. Immerhin löst er nach seiner Komplettfusion mit der einstigen britischen Tochter Tui Travel damit nun ein weiteres Problem beim Umbau zu einer vollintegrierten Unternehmensgruppe. Denn während bei der britischen Tui-Tochter die Airline Bestandteil der Gesellschaft ist, war die Tuifly bei der Tui Deutschland historisch gewachsen ein eigenes Unternehmen. Das war glänzenden Bilanzzahlen nicht immer förderlich.

So formulierte es auch Tuifly-Aufsichtsratschef Henrik Homann in einem Brief an die Belegschaft, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt: "Die erheblichen Überkapazitäten im Flug-Markt und die über dem Markt liegende Kostenstruktur bei der Tuifly haben (...) seit Jahren unmittelbare Auswirkungen auf den Erfolg und das Ergebnis der Tui Deutschland." Das bedeute, in Deutschland könnten Flugleistungen für die touristischen Angebote bei Konkurrenten oft deutlich günstiger eingekauft werden, als sie Tuifly der Tui Deutschland bieten kann. Homann: "Das geht zulasten der Wirtschaftlichkeit und des Ergebnisses des Quellmarktes Deutschland."

Bisheriges Tarifgefüge soll weiter gelten

Für die Belegschaft hat das Management bei der geplanten Lösung nach bisherigem Verhandlungsstand immerhin eine Art Bestandsschutz durchgesetzt: Das bisherige Tarifgefüge soll auch nach der geplanten Integration für Tuifly-Mitarbeiter gelten. Die Arbeitnehmervertreter laufen nach Informationen der "Bild am Sonntag" gegen die Pläne allerdings Sturm und haben einen Krisenstab gebildet. Sie befürchten Stellenkürzungen.

Tuifly künftig im Tandemflug mit Etihad
Aus Sicht des Touristikkonzerns spricht aber noch ein anderer Punkt für die favorisierte Option: Sollte Air Berlin trotz Umbaus unkontrolliert zu Boden gehen, wäre auch die Tuifly die Leidtragende. Einer der Gründe: Die Tuifly hat Air Berlin einst 14 Boeing 737 zur Verfügung gestellt. Dieser im Fachjargon Wet-Lease genannte Leasingvertrag umfasst nicht nur die Flugzeuge, sondern auch Wartung, Versicherung und Besatzung.

Geleaste Boeing Jets

Die Besatzungen fliegen bisher die Tuifly-Maschinen mit dem Air-Berlin-Logo am Leitwerk in Air-Berlin-Uniformen, obwohl sie ihr Salär von der Tuifly erhalten. Für das Unternehmen mit seinen insgesamt 41 Jets war dieser Vertrag lukrativ - die Hannoveraner ließen Air Berlin daher auch nicht mehr aussteigen. Die 14 an Air Berlin geleasten Boeing-Jets waren eine Folge des gescheiterten Experiments der Niedersachsen mit dem Billigflugsegment. Tuifly konzentrierte sich fortan auf Urlaubsziele, Air Berlin auf die Städteverbindungen.

Die Unruhe, die die Spekulationen unter der Belegschaft auslöst, kommt zu einer Zeit, in der der Tui-Mutterkonzern wieder positive Schlagzeilen liefert. Das zeigt sich auch in Pflichtmitteilungen der Börse. Sie weisen auf die scheibchenweise Aufstockung der Anteile des größten Einzelaktionärs, des russischen Investors Alexej Mordaschow, hin. Seine Anteile dürften mittlerweile bereits bei 19 Prozent liegen. Beobachter gehen davon aus, dass er seine einstige Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie wieder aufbauen will, die nach der Komplettfusion mit der Tui Travel reduziert worden war.

Mit weltweit rund 76.000 Mitarbeitern, davon gut 10.000 in Deutschland und davon wiederum fast die Hälfte (46 Prozent) in Niedersachsen, liegt Tui heute weitgehend in der Hand institutioneller Investoren wie Banken, Fonds und Versicherungen.

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