Todgeweihter für zwei Wochen

Todgeweihter für zwei Wochen
Experiment: Im Archäologischen Park Carnuntum eröffnete die erste Gladiatorenschule Mitteleuropas. Ein Lokalaugenschein.

Ein bissl Wahnsinn ist die Grundvoraussetzung", gibt Josef Löffl zu. "Denn der Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Belastung." Der Althistoriker von der Universität Regensburg leitet zurzeit ein experimentell-archäologisches Forschungsprojekt im Amphitheater Bad Deutsch-Altenburg. Gemeinsam mit einem Kampfsportspezialisten bildet er 20 Studenten zwei Wochen lang zu Gladiatoren aus. Wobei sich Tagesablauf, Ernährung und Training so weit wie möglich an literarischen Quellen und anthropologischen Befunden orientieren. Oder mit anderen Worten: Die Schüler leben und arbeiten wie ihre antiken Vorbilder.

Und dafür nehmen sie einiges in Kauf: Handys sind in der Gladiatorenschule natürlich tabu, genauso wie Armbanduhren oder Sonnenbrillen. Statt auf Isomatten schlafen die Studenten im Stroh, statt im Schlafsack unter einem Schafsfell. Brillenträger, die es aushalten, verzichten sogar auf ihren Sehbehelf. Und was den Komfort im stickigen Mannschaftszelt noch ein wenig mehr reduziert: In der Antike gab es keine Gelsenstecker.

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Dafür aber Bohnen - und das reichlich. "Die Ernährung der Gladiatoren basierte auf Hülsenfrüchten mit Olivenöl und wenig Fleisch", erklärt Löffl. "Das zielte einerseits darauf ab, Fett anzusetzen, um Arterien zu schützen. Und andererseits sollten Knochen so schneller heilen."

Für die Studenten bedeutet das, "dass wir so einen komischen Baaz kriegen." Und wie schmeckt der? "Man gewöhnt sich an alles." Außer vielleicht an die Luft in den Zelten.

100-prozentig authentisch ist das Lagerleben trotzdem nicht. Man einigte sich auf drei Kompromisse: Zahnbürste, Zahnpasta und Klopapier sind erlaubt.

Kein Kinderspiel

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Eine gewisse Leidensfähigkeit kann man den Studenten, die in diesem Experiment gleichermaßen Akteure wie Probanden sind, aber nicht absprechen. Vor allem beim Training mit Kampfsporttrainer Christian Eckert, wenn sie die aus originalgetreuen Materialien und Dimensionen gefertigte Ausrüstung anlegen. Die schweren Helme machen jede Bewegung zur Schwerarbeit - wie KURIER-Praktikantin Julia Schrenk am eigenen Leib (bzw. Kopf) erfahren durfte.

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Und auch die Übungskämpfe in der Arena sind kein Kinderspiel. Immer wieder kommt es zu Verletzungen, zu Knock-outs, Platzwunden, ausgeschlagenen Zähnen - oder einem Hitzekollaps.

Dazu kommen andere Probleme, die den Wissenschaftlern das Römerleben schwer machen. "Am schwierigsten ist es, ständig unter Beobachtung zu sein. Außerdem hören wir ständig dieselben dummen Fragen", sagt Löffl. Die Highlights: "Habt ihr die Helme gestohlen?" und "Seid ihr Wikinger oder Normannen?"

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