Versteckte Schönheiten abseits von Nizza und Cannes
Madame Fleury ist in ihrem Element: Mit schmeichelnder Stimme lockt sie die Ziegenjungen zum Gatter und füttert sie mit einem Büschel Heu. Vis-à-vis, auf der anderen Seite des Stalls, grasen friedlich die Schafe, in einem Nebengebäude stehen noch vier Kühe. Catherine Fleury ist Käsebäuerin in Châteaudouble, einem kleinen Ort im Département Var.
Deliziöser Käse
Auf ihrem Hof "La Pastourelle" bietet sie nicht nur deliziöse Verkostungen an, sondern sie zeigt den oft naturentwöhnten Besuchern auch, wo der Käse herkommt. Nämlich von ihren mit Bio-Futter genährten Tieren, die keine Unmengen Milch geben, aber dafür qualitativ beste Milch. "Wir produzieren nur kleine Mengen, aber die schmecken", erklärt Madame resolut und stellt zwei Tabletts voller Käseköstlichkeiten auf den gemütlichen Tisch vor ihrem Hofladen. Unnötig zu sagen, dass ein Käse besser als der andere schmeckt. Nur der reifste, der, den Madame "unbedingt als den letzten" empfohlen hat, der haut geruchs- und geschmacksmäßig eine ganze Kompanie um.
Wildromantisch
Innerhalb von 20 Minuten ändert sich die Landschaft von flach-mediterran hin zu einer Gebirgslandschaft, die an unsere Alpentäler erinnert. Es lohnt sich, den Zug im Städtchen Entrevaux zu verlassen – ein idyllischer Ort auf einem Felsen oberhalb des Flusses Var. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Neben der alten Vauban-Zitadelle und dem Königstor hat das 1000-Seelen-Dorf eine schräge Attraktion: das Musée de la Moto, ein Fahrrad- und Mopedmuseum. Auf ein Exponat ist Besitzer Michel Lucani besonders stolz – auf ein altes Puch-Moped aus dem Jahr 1955.
Rund 750 Höhenmeter beträgt der Unterschied zwischen Küste und Gebirgsgipfel – im Winter sind hier oben bis zu minus 15 Grad und Sperren wegen Schneefalls keine Seltenheit. Die Abenteurer in unserer Gruppe mieten sich unten am Fluss, nahe Saint-Laurent du Verdon, einen Ranger und ein Kanu und paddeln mit ihm los, mitten in eine Schlucht hinein. Und das, obwohl in der Ferne schon Donnergrollen zu hören ist. Die Hobbysportler kann unter der Führung eines stoischen, wetterfesten Franzosen ein aufziehendes Gewitter nicht erschüttern.
Charme-Hotels
Wer es feudaler mag, der sollte sich für das aufwendig renovierte Château Mentone in Saint Antonin-du-Var entscheiden. Madame Caille, Ex-Besitzerin einer großen Werbeagentur, hat es sich zum neuen Lebenssinn gemacht, gemeinsam mit ihrem jungen Ehemann dem Anwesen neues Leben einzuhauchen. Das ist ihr ziemlich gut gelungen: Die Zimmer sind schnuckelig wie aus dem Cinderella-Prospekt, der Weinkeller und der dazugehörige Degustationsraum (für den Eigenbauwein) auf dem modernsten Stand und das Pracht-Salettl im Schlosspark bietet auch großen Festgesellschaften Platz. Großzügige Chalets, die auf dem Anwesen verstreut sind, sind ideal für Familien. Als Köchin fürs eigene Restaurant hat Madame Caille Julie, ein junges, kreatives Talent von einer der renommiertesten Hotelfachschulen Frankreichs, engagiert.
Am letzten Abend unserer Tour sitzen wir in Fréjus im romantischen Hotel "Clos des Roses" an der Bar und plaudern mit dem Direktor. Wir trinken Génépi (typisch provenzalischen Kräuterlikör), um das reichliche Essen mit Lobster-Ravioli, gebratener Wachtel und Baba au Rhum (Kuchen) zu verdauen und sinnieren über die Erlebnisse der letzten Tage.
Monsieur Liotard, der aus der Region stammt und rührend ums Wohlergehen seiner Gäste bemüht ist (für die Rückfahrt zum Flughafen Nizza gibt er uns Jausenpakete mit), bringt die Conclusio dieser formidablen Reise ins Hinterland der Provence auf den Punkt: "Wenn Sie Ruhe suchen, kommen Sie zu uns. Wenn Sie möchten, dass es heiß hergeht, dann ist die Küste die bessere Wahl".
Von Ende Juni bis Mitte August ist die Provence in ein leuchtendes Violett getaucht: Die Lavendelblüte erfreut nicht nur die Augen, sondern auch die Nase. Was man als Tourist hauptsächlich zu sehen bekommt, ist kein echter Lavendel, sondern Lavandin, der in den Ebenen gedeiht und um ein Vielfaches ertragreicher ist als sein namensgebender Bruder. Der echte Lavendel wächst vor allem in den Bergen der Provence auf 600 bis 1500 m Höhe. Das aus ihm gewonnene ätherische Öl ist intensiver und wirksamer als das des Lamantin und wird vor allem zur Parfümherstellung verwendet. Für einen Liter echten Lavendelöls ("La vraie") werden etwa 130 kg Blüten verarbeitet. Die Franzosen setzen Lavendel nicht nur gegen Motten und Unruhezustände ein, sondern auch in der Küche – zur Verfeinerung von Fleisch- und Fischgerichten, als Zusatz zu süßen Speisen oder als Sirup, den man einem Glas Sekt hinzufügt.
Highlights – Train des Pignes fährt 4x tägl. von Nizza nach Digne-les-Bains, Ticket: 23,30 €. www.trainprovence.com
– Geführte Kanufahrten in der Verdon-Schlucht, pro Person 9 €, vier Personen 16 €. www.aquattitude.com
– Wanderungen durch die Verdon-Schluchten mit der Österreicherin Andrea Baches. 0033/ 688/ 632638, abacher1212@yahoo.fr
– Lavendelseifen-Herstellung in der Savonnerie de la Tour de Guet in Castellane, 0033/ 492/ 83 69 02.
– Olivenmühle in Flayosc, 0033/ 494/ 704 145.
– Keramikmuseum: www.terrarossasalernes.over-blog.fr
– Käseverkostung auf der Ferme de la Pastourelle: la-pastourelle.wifeo.com
Hotel-Tipps – "La Ferme Rose": ruhig und idyllisch gelegen und dazu noch preisgünstig, etwas außerhalb von Moustiers-Sainte-Marie. www.lafermerose.com
– Feudal wohnt man im "Chateau Mentone" in Saint Antonin-du-Var. www.chateaumentone.com
–Das Hotel "Clos des Roses" in Fréjus hat auch ein hervorragendes Restaurant. www.clos-des-roses.com
Restaurants Haubenküche bietet die Auberge du Teillon in La Garde. www.auberge-teillon.com
– Den schönen Ausblick zur feinen Küche gratis dazu bekommt man im Restaurant Les Santons an der Place Pomey in Moustiers-Sainte-Marie. www.lessantons.com, – Gemütlich ist das Café du Midi in Bauduen. Die Chefs sprechen Deutsch. 0033/ 494/ 700 894.
Auskünfte Atout France in Wien, 01/ 503 28 92, info.at@rendezvousenfrance.com
www.visitvar.fr/de, www.tourismpaca.com, www.alpes-haute-provence.com
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