Von Weingärten, prähistorischen Stätten und mittelalterlichen Burgen erzählt diese vielseitige Region Frankreichs, in der man Schlossherren, Gänsezüchter und Krimiautoren trifft.
Das ist der letzte Stau, den ihr für die nächsten Tage erlebt, sagt Marion, unsere resolute Fahrerin, die uns von Bordeaux ins Weinbaugebiet Bergerac bringt. In den kommenden Tagen werden wir auf schmalen Landstraßen zwischen Weingärten, Trüffelwäldern und sandsteinfarbenen Dörfern das Périgord erkunden; dabei ambitionierte Weinbauern, genussorientierte Krimi-Autoren und ehrgeizige Schlossherren wie den Grafen Hubert de Commarque kennenlernen, der sein gesamtes Vermögen in die Renovierung der 900 Jahre alten Burg aus Familienbesitz steckt.
Entlang der Flüsse Dordogne und Vézère, Paradiese für Paddler und andere Bootsfahrer, führen unsere Wege. Autobahnen gibt es nur im Norden der Region, im Ballungsraum Bordeaux, wohin es angesichts der enormen Lebensqualität der noblen Kleinstadt, vor deren Toren sich kilometerlange Strände auftun, auch immer mehr Pariser zieht. Eine gute Stunde von Bordeaux, Hauptstadt der Region Aquitanien, liegt der Eingang zum Périgord, wie die historische Bezeichnung für die Region Dordogne lautet: Sie wurde in der Zeit der französischen Revolution nach dem 490 Kilometer langen Fluss benannt, der sie prägt. Viele der schönsten Dörfer Frankreichs liegen hier im Südwesten des Landes, der auch den Franzosen selbst zum beliebsten Urlaubsziel wurde.
Filmkulisse
Hier gibt es viel zu sehen: Von mittelalterlichen Orten wie Beynac, einem der schönsten Dörfer Frankreichs, das als Kulisse für Lasse Hallströms Film "Chocolat" diente, bis zu den Höhlen von Lascaux, im Herzen des Périgord Noir gelegen: Angesichts der ergreifend schönen, mindestens 17.000 Jahre alten Malereien, die vor 70 Jahren zufällig von Jugendlichen entdeckt wurden, soll Picasso tief berührt ausgerufen haben: "Wir haben nichts dazu gelernt!"
Das Périgord hat viel zu bieten, nur eines wird einem hier nicht gelingen: abspecken. Im Winter ist Trüffelzeit, im Frühling isst man Morcheln, Erdbeeren, Spargel, im Herbst Walnüsse: getrocknet, zu Öl gepresst oder als Aperitif verarbeitet. Immer Saison hat natürlich die Foie Gras, die in unsere Breiten umstrittene Gänseleber. Ein Trost für Tierfreunde: Immer wieder sieht man über der Dordogne davongekommene Gänse und Enten fliegen.
Und im hinreißenden Mittelalter-Städtchen Sarlat im Osten des Périgord, das einst für Kulturminister André Malraux (1901–1976) als Vorbild für seine Altstadtsanierungs-Offensive im Land diente, erinnert eine Bronzestatue an ein paar bissige Exemplare Federviehs, die sich partout nicht rupfen lassen wollten.
Alles auf eine Karte
Am anderen Ende des Périgord, im Weinbaugebiet Saussignac, das schon den Dichter Rabelais und seinen Riesen Pantagruel ins Schwärmen versetzte, haben sich Caro Feely und ihr Mann Sean einen Traum verwirklicht. Ursprünglich aus Südafrika kommend, haben die beiden gelernten Informatiker vor zehn Jahren alles auf eine Karte gesetzt und ihr gesamtes Vermögen investiert, um hier, in einem 70 Jahre alten Weingarten, ihr eigenes Unternehmen mit Bio-Weinen aufzuziehen. Die Reben sollten künftig ohne Pestizide und künstlichen Dünger gedeihen. Die Begeisterung der Nachbarn war anfänglich wohl enden wollend. Mittlerweile ist die Skepsis Respekt gewichen. Das Château Feely ist Teil eines neu geschaffenen Labels, Vignobles & Découvertes, einer wichtigen neuen Marke für den Tourismus. Seit die Feelys mit ihren Kindern und Haushund Dora hier wohnen, ist viel gelungen. Wer möchte, kann hier viel über Wein lernen, über ökologische Aspekte und die Idee des Terroir – Landschaft, Natur, Böden, Gestein –; die im gesamten Südwesten Frankreichs Grundlage aller Weinbaukunst. Wer’s mit dem Kosten besonders ernst meint, kann gleich da bleiben: Die Feelys vermieten reizende Zimmer mit Blick in den Weingarten, wo morgens die Frühnebel der Dordogne aufsteigen.
Bergerac-Weine
Ein weiterer "Zugereister", der mittlerweile zum Botschafter des Périgord geworden ist, ist Krimi-Autor Martin Walker, dessen Ermittler Bruno Courrèges, Chef de Police, ein großer Verfechter der Bergerac-Weine ist. Und Bruno, erzählt Martin Walker, als wir ihn wenige Tage später in seinem Wohnort Le Bugue besuchen, liebt die Feely-Weine: Einer von Brunos Favoriten ist der wunderbare, sehr mineralische Sauvignon Sincérité.
Hochgelobt werden die Feely-Weine übrigens auch im "Maison des Vins", stimmungsvoll untergebracht in einem ehemaligen Kloster im nahe gelegenen Städtchen Bergerac, wo die Weine von 140 Winzern aus der Umgebung analysiert, besprochen und glücklicherweise auch verkostet werden können. Bergerac ist eines dieser Städtchen, denen man die durchwachsene Geschichte der Gegend ansieht: Über Jahrhunderte hinweg wechselten einander Franzosen und Engländer hier mit der Herrschaft ab, jeder hinterließ seine Spuren. Typisch sind die Bastiden, im Mittelalter als Reaktion auf die Auseinandersetzungen aus dem Boden gestampfte Dörfer, die heute Stadtteile sind.
Und immer wieder sieht man alte Tabak-Trockenspeicher, denn neben dem Weinbau, der die Region reich gemacht hat, hat auch der Tabak Tradition. Ursprünglich als Teufelskraut gebrandmarkt, wurde er von Katharina Medici im 16. Jahrhundert wieder legalisiert: Angeblich half ihr das Tabak-Schnupfen gegen Stirnhöhlenkatarrh.
Apropos Nase: Jener Gelehrte, von dem sich Edmond Rostand 1897 zu seinem "Cyrano" inspirieren ließ, hieß Hercule Savinien Cyrano de Bergerac und seit 40 Jahren steht hier auf dem Place de la Mirpe seine Statue. Ebenso lange ist es Volkssport, Cyranos Nase zu kidnappen. Die Gemeinde hat deshalb immer ein paar Extra-Nasen in der Schublade. Zur Sicherheit hat man aber vor einigen Jahren eine zweite Statue aus Bronze aufstellen lassen. Sie ähnelt Gérard Depardieu, als dieser noch jünger, schlanker und weniger gut mit Putin befreundet war. Der Bronze-Depardieu steht auf dem Platz vor der Église St. Jacques, die auf dem Weg zum Markt liegt, wo Spezialitäten wie der mit regionaltypischem Walnusslikör eingeriebene Käse "Trappe Échourgnac", der seit 1868 im Kloster von d'Échourgnac erzeugt wird, verkauft werden. Hier haben auch auch Yvon und Martine Noël-Artaud ihren Stand, wo sie ihre Foie Gras verkaufen, die von Gänsen stammt, die auf ihrem Hof im nahe gelegenen Lunas ein recht munteres Freilandleben hatten.Nicht ganz so munter vielleicht wie jenes der davongekommenen Gänse, denen man entlang der Dordogne begegnet.
Info
Anreise z. B. mit Air France nach Bordeaux: Mehrere tägliche Verbindungen ab Wien über Paris CDG sowie eine tägliche Verbindung über Lyon. Zusätzlich mehrere tägliche Verbindungen mit KLM über Amsterdam. Alle Flüge kombinierbar. Hin- und Rückflug ab 302 € inkl. Taxen.www.airfrance.at,www.klm.at
Preisniveau Winter-Edeltrüffel, tuber melanosporum, kosten ab 1000 € per Kilo. 250 Gramm Foie Gras ab Hof rund 36 €.
Einkehrtipps In der im Landhausstil eingerichteten „La Villa Laetitia“ neben dem Tabakmuseum in Bergerac werden köstliche, lokale Spezialitäten zum Menüpreis à 22 Euro serviert. 21, Rue l'Ancient Pont 24100 Bergerac, 05 53 61 00 12 / 06 26 48 85 34 eMail:laetitiajustino@hotmail.com – „Les Jardins d’Harmonie“ in Sarlat-La Canéda kredenzen modern interpretierte Rezepte des Périgord wie Gänseleber mit Jakobsmuscheln im knusprigen Teigmantel. www.lesjardinsdharmonie.com
Logistipps „Small Luxury Hotel“ Château des Vigiers, Ein-Michelin-Stern-Restaurant, 25 Zimmer im historischen Schloss, moderne Apartments und Golfplatz.www.vigiers.com – 3*-Hôtel La Roseraie mit Restaurant, idealer Ausgangspunkt für die Besichtigung der Höhle von Lascaux. DZ ab 79 €,www.laroseraie-hotel.com, – 4*-Hôtel-Restaurant les Glycines & Spa, mit Restaurant, Spa und drei neuen Ökolodges im Hauptort des „Tales der Vorgeschichte“ gelegen. Ökolodges ab 270 €, DZ ab 128 €, Menü 17 €.les-glycines-dordogne.com – Apartments in der Altstadt von Sarlat-La Canéda:www.in-sarlat.fr
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