Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck

Ein Teil der Witkowitzer Eisenwerke gehört zum Europäischen Kulturerbe.
Den Dreck des Bergbaus hat Ostrau hinter sich gelassen, heute hat sich die Stadt an der Grenze zu Polen herausgeputzt.

Auf den ersten Blick wirkt es, als wären wir an einem der "Lost Places" angelangt, die von Fotografen derzeit so gerne frequentiert werden. Also verlassene Fabriken, leer stehende Häuser oder verwilderte Höfe. In Wahrheit sind die Witkowitzer Eisenwerke in Ostrau (auch Ostrava) aber alles andere als "lost" und auch nicht verlassen. Wo früher Eisen verarbeitet wurde, ist heute ein kulturelles Zentrum mit vielen Möglichkeiten für jedermann.

Bei einer Führung spazieren wir in einen Hochofen, lernen Produktionsvorgänge und die Geschichte des Ortes, wo Eisenerz zu Roheisen verarbeitet wurde, kennen.

162 Jahre Koks und Eisen

Die Ausmaße der alten Stahlstadt, die 1828 von Rudolph von Österreich gegründet und 1843 von Salomon Rothschild übernommen wurde, werden uns erst bewusst, als uns ein Förderaufzug nach oben bringt. 90 Millionen Tonnen Roheisen und 42 Millionen Tonnen Koks wurden in 162 Jahren erzeugt – der letzte Abstich des Hochofens war erst 1998. Hohe Schornsteine, riesige Hallen, auffällige Rohre. Das Gelände wirkt von hier wie ein Kunstwerk und ein wunderbarer Blick über ganz Ostrau offenbart sich.
Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck
Pressereise Ostrau, 2016
Auch sonst gibt es in der rauen Stahlstadt einiges zu erleben. In einer riesigen Halle versteckt sich eine Kletterwand mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen, der ehemalige Gasometer wurde in eine Mehrzweckhalle verwandelt, in der Konferenzen, Konzerte und Freizeitveranstaltungen stattfinden, und auf den Hochofen Nr.1 wurde ein mehr als 20 Meter hoher, architektonisch spannender Anbau gesetzt – der Bolt-Tower mit Café und Club in 80 Metern Höhe.
Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck
Pressereise Ostrau, 2016
Das Science-Center umfasst die große und die kleine Welt der Technik. Darin können Kinder und Erwachsene z. B. interaktiv lernen, wie der menschliche Körper, Wetter oder das Weltall funktionieren, "verrückte Professoren" stellen auf einer Bühne spielerisch chemische Experimente vor und Erfindungen, die die Entwicklung der Industrie vorangetrieben haben, können bestaunt und erlebt werden.

Grüne Oase

Obwohl Ostrau auf eine Vergangenheit in der Schwerindustrie zurückblickt, gilt es als die grünste Stadt Tschechiens. Das bestätigt sich vom Turm des neuen Rathauses. Auf 73 Meter Höhe gibt’s einen 360 Grad Blick auf viel Grün, den Fluss Ostravice und die nahen Beskiden.

Die Altstadt lässt sich zu Fuß oder mit dem Rad erkunden. Besonders hübsch sind die von Felix Neumann gebauten Jugendstilhäuser. Nur zwei Mittelalterbauten gibt es noch: Die St. Wenzelskirche und das alte Rathaus mit einem wunderschönen Glockenspiel.

Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck
Pressereise Ostrau, 2016
Viele Lokale laden zum Verweilen ein, die einen zelebrieren eine große Kaffeehaustradition, andere sind moderner. Etwa die Milchbar Naproti, in der geistig und körperlich beeinträchtige Menschen arbeiten und alle Möbel selbst hergestellt haben oder das Katzencafé Čauky mňauky, in dem acht Katzen Audienz halten und sich (mit einem gewissen Abstand) vergöttern lassen.
Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck
Colors of Ostrava, Ostrau
Einmal im Jahr seit 2002 verwandelt sich das Areal der Witkowitzer Eisenwerke in ein Festivalgelände der Superlative. Dann werden zwischen Koksbatterie, Torpedowagen und Hochofen 20 Bühnen aufgebaut und eines der größten Musikfestivals Tschechiens geht über die Bühne. Vier Tage lang pilgern Tausende Menschen in die nordmährische Stadt um Konzerten aus verschiedenen Genres in einer außergewöhnlichen Atmosphäre zu lauschen. Heuer (19. bis 22. Juli) mit mehr als 350 Programmpunkten u.a. mit Jamiroquai, Norah Jones, Imagine Dragons, Justice, Birdy, alt-J und Midnight Oil. Dazu finden Diskussionen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Workshops und Ausstellungen statt.

Schon in den Wochen zuvor stimmt sich die Stadt mit dem Street Festival auf das Fest ein, und kleine Events beleben die Straßen bei freiem Eintritt.

Ticket: 113 €, colours.cz

Ostrau: Wie der Phönix aus dem Dreck
grafik
Anreise mit der Bahn gibt es täglich drei Direkt-Verbindungen zwischen Wien und Ostrau, Dauer unter drei Stunden, ab 14 € mit der Sparschiene der ÖBB.oebb.at

Währung 1 € = ca. 26,43 CZK

Essen und Trinken Hogo Fogo: Bistro mit kleiner, guter Karte (Hauptspeisen 5–10€), selbstgemachten Limonaden (ca. 2 €) und netter Atmospähre.

– Skansen: Top-Restaurant, sehr schönes Design. Hauptspeisen 8–18 €. www.scansen.cz/en/

– Milchbar Naproti: bietet gutes Frühstück und herrlichen Kaffee.

– Čauky mňauky: Café mit acht Katzen, die sich lieber ansehen denn streicheln lassen.

Übernachten 4* Imperial Hotel Ostrava: Traditions-Haus, gute Lage. imperialhotelostrava.com

Park Inn by Radisson Ostrava: in der Nähe der Witkowitzer Eisenwerke parkinn.com/hotel-ostrava

Sehenswert Witkowitzer Eisenwerke: Auf dem ehemaligen Industrie-Areal gibt es eine Kletterwand, die große und kleine Welt der Technik, und den Bolt Tower. Viele kulturelle Veranstaltungen das ganze Jahr über. www.dolnivitkovice.cz/domu

Auskunft Tschechische Zentrale für Tourismus, wien@czechtourism.com, czechtourism.com, ostravainfo.cz

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