Liechtenstein: Volksfest beim Fürsten

Liechtenstein: Volksfest beim Fürsten
Wenn Durchlaucht zum Apéro in den Rosengarten bittet, kommen die Liechtensteiner, um mit ihrem Fürsten anzustoßen. Das sechstkleinste Land der Welt feiert am 15. August seinen Staatsfeiertag mit einem Volksfest und heißt auch die Nachbarn aus Österreich willkommen. VON CLAUDIA SCHANZA

Am Dienstag, dem Mariä-Himmelfahrt-Feiertag, ist es wieder soweit. Als wohl einzige Fürstenfamilie der Welt laden die Liechtensteins ihr Volk regelmäßig zum Apéro, also Aperitif und Häppchen, in den privaten Schlossgarten. Während gekrönte Häupter aus Monaco, Großbritannien oder Schweden vor allem in Klatschmagazinen präsent sind, zeigen sich die alemannischen Adeligen bodenständig und volksnah. Und das, obwohl das Forbes-Magazin den Liechtensteiner Fürsten als sechsreichsten Monarchen weltweit listet. Auf Bürgernähe legte die Familie immer großen Wert, was viele Zugereiste erstaunt. Prinzen und Prinzessinnen besuchen die öffentlichen Volksschulen, Fürstin Maria erledigt mit einem Durchschnittsauto ohne Chauffeur ihre Einkäufe. Und während manche Manager stolz mit ihrem Privatjet posieren, checkt Fürst Hans Adam II. Economy zum Linienflug nach Wien ein.

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Liechtenstein Marketing

Open House im Rosengarten: Hans Adam II. begrüßt im Rosengarten Bürgerinnen und Gäste. Er wird wegen seiner unkomplizierten Art geschätzt, sein Akzent klingt nicht nach Schweiz, sondern nach Schönbrunn

Hut statt Krone
Understatement hat in dieser konstitutionellen Erbmonarchie Tradition. Nur Touristen nennen den güldenen Kopfschmuck in der Schatzkammer „Krone“, denn jedes Liechtensteiner Volksschulkind kennt ihn als „Fürstenhut“.
Das winzige Reich zwischen Bergen und Rhein ist nur 24 Kilometer lang und an der weitesten Stelle 12 Kilometer breit. Die Kunstschätze des Fürstenhauses füllen allerdings Ausstellungsräume und Depot-hallen mehrerer Museen und Palais in Vaduz und Wien.
Papst Pius XII. musste sich vor 72 Jahren als Taufpate einen langen Namen merken: Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marco d’Aviano Pius Fürst von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg, späterer Regent des Hauses von und zu Liechtenstein. Der kleine Prinz hat das Schottengymnasium in Wien besucht, dann in St. Gallen studiert. Wenn Hans Adam II. von und zu Liechtenstein plaudert, dann klingt sein gepflegtes Schönbrunner Deutsch wie aus einem Sissi-Film.

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Sehenswert: das Regierungsgebäude im Städtle

Feiern mit dem Volk
Seinem Vater, Fürst Franz Josef II., verdanken die Nachkommen zwei identitätsstiftende Symbole. Erstens: Er war es, der als erster den Sitz der Familie 1938 nach Vaduz verlegt hatte. Zu dieser Zeit besaßen die Liechtensteins neben den Wiener Palais in Böhmen und Mähren 17 Schlösser und 1600 Quadratkilometer Grund (zehnmal die Fläche Liechtensteins), die später den tschechoslowakischen Benes-Dekreten zum Opfer fielen. Und zweitens: Fürst Franz Josef II. hatte am 16. August Geburtstag, ihm zu Ehren wurde der christliche Feiertag am 15. August auch gleich zum Staatsfeiertag ernannt und wird bis heute als Volksfest gefeiert. Für Besucher, die erstmals zur Schlosswiese kommen, ist die Zeremonie verblüffend. Kurz vor halbzwölf Uhr setzt sich der Festzug beim Schloss in Bewegung, die Blasmusikkapelle geht voraus, gefolgt von Fahnenträgern jener Studentenverbindung Rheinmark, der auch der Fürst angehört, und Pfadfindern. Zwischen verschiedenen Trachtengruppen marschieren Politiker von regionaler und Landesebene, erst dann schreitet die Fürstliche Familie grüßend und winkend über die gepflasterte Straße Richtung Bühne – gesäumt von Hunderten Bürgern und Gästen, die zu applaudieren beginnen, sobald die Durchlauchten an ihnen vorbeiziehen. Jeder Gast bekommt auf der Festwiese den Text zur Landeshymne, deren Melodie leicht mitzusingen ist. „Oben am jungen Rhein“ klingt praktischerweise der britischen Hymne „God Save the Queen“ zum Verwechseln ähnlich.

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Church in Vaduz, Liechtenstein

Papst Johannes Paul II. hat die kleine St. Florinskirche zur Kathedrale
des Erzbistums Vaduz erhoben.

Selfie mit Fürst
Nicht nur Fürst, Fürstin und Erbprinz, auch alle Prinzessinnen des Adelshauses werden in ihrer Heimat durchgängig mit „Ihre Durchlaucht“ tituliert, die Prinzen mit „Seine Durchlaucht“. Schriftlich liest sich das I.D. und S.D., sogar in den regionalen Medien scheint diese Respektsbekundung auf. Was nach strengem Protokoll klingt, ist im Alltag sehr unkompliziert.
Nach dem offiziellen Festakt bittet Erbprinz Alois – ebenfalls mit starkem Schönbrunner Akzent – im Namen seiner Familie die Liechtensteiner Bürgerinnen und Bürger zum Apéro in den Rosengarten. Der Fürstensohn hat bereits 2004 die Amtsgeschäfte seines Vaters übernommen, beide legen an heißen Augusttagen das Sakko ab und krempeln die Hemdsärmel auf, während sie fröhlich mit ihren Bürgern plaudern.

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Erbprinz Alois hat bereits die Amtsgeschäfte seines Vaters übernommen. Er ist mit Erbprinzessin Sophie (rotes Kleid) verheiratet. Sie stammt in direkter Linie vom letzten bayrischen König, Ludwig III., ab.

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Die Fürstenfamilie zieht mit Trachtenfrauen und Blasmusik zur Schlosswiese, wo bereits Tausende Bürger und Touristen warten. Um 22 Uhr beendet das Feuerwerk den Feiertag.

In den vergangenen Jahren strömten immer mehr Bustouristen in den Rosengarten, um Selfies mit einem echten Fürsten oder Prinzen zu machen. Einige kamen sogar gut ausgestattet mit Plastikbeuteln, um Snacks und Softdrinks als Proviant einzupacken. Das lag allerdings nicht im Sinne der Einladung, die sich vor allem zum Zweck der Kontaktpflege an Landesbürger und nicht an Asiaten oder deutsche Schnittchenjäger gerichtet hatte.

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Grafik


Bilderbuch im Städtle
Diese Besucher werden heuer mangels Ticket nicht an den Sicherheitskontrollen vorbeikommen, aber viel Spaß am Volksfest im Städtle haben. Jährlich strömen bis zu 35.000 Menschen zum dichten Programm in die Fußgängerzone von Vaduz, wo diesmal nach dem gewaltigen Feuerwerk die österreichische Band Bilderbuch auftreten wird. Ganz Liechtenstein hat übrigens 37.600 Einwohner, das sind weniger als in Steyr, Villach oder Wiener Neustadt leben.

Gut zu wissen

ANREISE ZUM FÜRSTENFEST: Rund um das Vaduzer Ortszentrum gibt es nur limitierte Parkplätze, die Hauptverkehrsader
(Äulestraße) ist am 15. August Fußgängerzone. Es empfiehlt sich die Anfahrt per Bahn und Bus oder am besten per Fahrrad, die Liechtensteiner Busse fahren am 15. August zum Nulltarif, z. B. auch vom Bahnhof Feldkirch (Ö).


ROSENGARTEN: Heuer gibt es Zutritt erstmals nur mit Ticket.


WÄHRUNG: Schweizer Franken. Aber überall werden Euro angenommen. Vorsicht: hohes Preisniveau.


MUSEEN: Kostenloser Eintritt in alle Museen (mit Ausnahme der Schatzkammer). Die Vaduzer Kunstmeile ist international bekannt: Das Kunstmuseum Liechtenstein und die Hilti Art Foundation bieten sehenswerte Ausstellungen, ebenso wie Liechtensteinisches Landesmuseum, Postmuseum und Kunstraum Engländerbau. (Apropos Hilti: Der liechtensteinische Werkzeughersteller, der mit dem Hilti-Bohrhammer weltweit Berühmtheit erlangt hat, hat seinen Hauptsitz hier in Schaan).


PROGRAMM: Der offizielle Staatsakt auf der Schlosswiese startet um 11.30 Uhr mit dem Einzug von Fürstenfamilie, Regierung und anderen hochrangigen Persönlichkeiten. Kurze Reden von Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Landtagspräsident Albert Frick
werden von Volksmusik umrahmt. Danach ziehen die meisten Besucher zu Fuß ins Städtle, das Zentrum von Vaduz. Auf mehreren Bühnen wird den ganzen Tag lang Programm geboten, von Kinderunterhaltung über den Salsaclub bis zur österreichischen Band Bilderbuch. Im Innenhof der Landesbank wird ab 21 Uhr das Wiener VJ-Team „4youreye“ Projektionen an die Wände werfen.


FEUERWERK: Um 21.15 Uhr zündet die Bergrettung mit Freiwilligen auf dem ausgesetzten Wanderweg Fürstensteig oberhalb von Vaduz die Höhenfeuer; pünktlich um 22 Uhr legen die Pyrotechniker neben dem Schloss mit dem spektakulären Highlight des Feiertages los – das gigantische Feuerwerk dauert eine halbe Stunde lang.


WANDERN: Wer tagsüber in die Berge will, sollte am Fürstensteig (Bus bis Gaflei, ca. drei Wanderstunden) oder am Fürstin-Gina-Steig (Bus bis Malbun, ca. fünf Stunden) wandern. Trittsicherheit gefragt.


SPRACHE: alemannisches Deutsch, für Fremde klingt’s wie Schwyzerdütsch. Ein par Beispiele:
Grüß dich = Hoi
Fahrrad = Velo
spätes Frühstück = Znüni
Jause = Zvieri
Kipferl = Gipfeli
Hendl = Poulet.

Noch mehr Infos: Buspläne & Programm: www.staatsfeiertag.li

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