Insel Rab: Ein Trip im Paddelparadies
Furchteinflößend. So wirkt Sveti Grgur auf den ersten Blick. Denn was man zunächst von der kleinen Insel westlich von Rab zu sehen bekommt, ist ein vom Zahn der Zeit sichtlich angenagter Bunker. Insgesamt 65 gibt es hier davon, erzählt uns Marino.
Mit ihm steuern wir in einem Taxiboot von Lopar aus die zweitgrünste Insel Kroatiens an. Marino betreibt das einzige Restaurant auf der unbewohnten Insel. Naja, fast unbewohnten, sagt er mit einem Schmunzeln. Noch bevor sich das über unseren Köpfen schwebende Fragezeichen auflöst, deutet er auf die Bucht. Dort spielt sich gerade eine Szene ab, die uns den ersten Eindruck von Sveti Grgur komplett revidieren lässt. Neben der Terrasse des Restaurants frisst ein junger Damhirsch aus der Hand eines Gastes. Das sei hier völlig normal, versichert uns Marino.
Früher war Sveti Grgur bewohnt. Jugoslawiens Langzeitherrscher Josip Broz Tito hielt hier die Gegnerinnen seines Systems gefangen. Bis zum Zerfall Jugoslawiens war die Insel das weibliche Pendant des gegenüber liegenden Goli Otok („Kahle Insel“).
Die Gänsehaut verschwindet, als uns ein kahlköpfiger (Ironie des Schicksals?) junger Mann freundlich begrüßt. Unsere Kajaks stünden zu Diensten, sagt Jogi, der Mann, dem wir die kommenden zwei Tage gemeinsam mit drei deutschen Journalisten folgen sollten. Nach ein paar Selfies mit den ungewohnt kontaktfreudigen Damhirschen beladen wir die Kajaks und staunen, wie viel Stauraum in den doch engen Paddelbooten sei: Neben Zelten, Schlafsäcken und Kochtöpfen, kriegen wir in den sechs Kajaks sämtliche Liter Wasser sowie beachtliche Mengen an Nahrung unter.
Paradies in Sicht
Starke Strömungen gibt es hier keine, vermutlich gilt die Wasserwelt um Rab auch deshalb unter Insidern als eine der weltbesten Paddelregionen. „Aus Australien“, lautet Jogis erstaunliche Antwort auf die Frage, woher die meisten Tour-Teilnehmer kämen. Na gut, die 15.000 Kilometer werden die Aussies doch nicht umsonst auf sich nehmen.
Vor allem nicht die Dame, die heuer zum zweiten Mal an einer der Touren, die zwischen einem und 16 Tagen dauern können, teilnahm. Und das anlässlich ihres 90. Geburtstags, erzählt uns Jogi während wir Prvić, die größte unbewohnte Insel in der Adria, ansteuern. Im Norden Sveti Grgurs gönnen wir uns die erste Pause. Während wir uns ein Bad genehmigen, tischt uns Jogi die Jause auf, samt heimischem Prosciutto, Käse und Oliven – genau die richtige Stärkung vor der Rückfahrt nach Lopar.
Das Paddeln am offenen Meer sorgt anfangs für ein mulmiges Gefühl, doch nachdem man sich mit der einen oder anderen Strömung abgefunden hat, wird der Respekt gegenüber dem großen Wasser kleiner. Nach einer guten Stunde Dauereinsatz lechzen die Arme aber nach einer Pause. Der Zwischenstopp am Strand Livančina kommt gerade richtig. Von hier aus sieht man den bekanntesten Strand Rabs, dessen Name für sich spricht. Rajska plaža („Paradiesstrand“) ist mit einer Länge von zwei Kilometern der größte Sandstrand Kroatiens und wegen des flachen Zugangs ins seichte Meer vor allem für die Kleinsten ein Paradies.
Sprung ins Dunkle
Sandburg hin oder her, unser Fokus ist bereits auf einen Punkt auf den gegenüber liegenden Felsen gerichtet. Vor der Bärenhöhle (Medova buža) erstarren wir in Ehrfurcht. Lediglich Peter überwindet sich und klettert hinauf zum Durchbruch in der Decke, einer von insgesamt vier Kammern, die alle bis auf eine betaucht werden können. „Nicht nachdenken, sondern einfach springen“, gibt ihm Jogi mit, bevor er vier Meter ins Dunkle springt. Später wird er uns mit Gänsehaut vom kühlen Quellwasser, das sich mit dem Meer vermischt, und den herrlichen Farben der Stalaktiten und Stalagmiten berichten.
Noch bevor die Dämmerung einbricht, erreichen wir den abgelegenen Strand Ilo, dessen Gäste wir über Nacht sein werden. Hier auf der Nordseite Rabs kann sich der Großstadtmensch in Robinson Crusoe hineinversetzen, denn trotz Sichtkontakt zum Festland hat man das Gefühl, ganz weit weg zu sein. Nachdem uns Jogi mit Tortillas und dem Honigschnaps seines Vaters verwöhnt hat, schweift unser Blick über das ruhige Meer. Dass da gerade drei Delphine gemächlich vorbeiziehen, passt bestens ins perfekte Feel-good-Szenario. „Pomalo" (gemächlich) ist ohnehin Jogis Leitspruch. Recht hat er.
Anreise
Auto: Über Maribor und Zagreb, auf der Autobahn nach Rijeka die Ausfahrt Žuta Lokva, in Stinica die Fähre Richtung Rab-Barbat;
Flugzeug: Nach Rijeka.
Kajak-Tour
Dauer: 1 bis 16 Tage, Preis: Je nach Art bzw. Dauer der Tour (ab 25 Euro/Tag); www.seakayak.hr
Unterkunft
Hotel Arbiana, direkt am Rand der Altstadt.100 Jahre altes Gebäude, kürzlich renoviert und geschmackvoll eingerichtet. Besonders einladend: Der ruhige Garten hinter alten Stadtmauern mit toller Küche. www.arbianahotel.com
Kulinarik
Ein Schmankerl ist die Goldbrasse
im Restaurant Arta auf Sv. Grgur (Preis: 27 €/kg).
– In Rabs Altstadt bekommt man in „Labirint“ und „Konoba Rab" herrlichen Fisch serviert, zu empfehlen sind Kalbshaxe sowie Scampi vom Rost.
– In der Beach Bar „Banova vila" lässt man den Tag am besten ausklingen.
Auskunft
Kommentare