Gosaukamm: Die erste Nacht auf dem Berg

Axel Halbhuber, Gosaukamm Wanderung
Der westlichste Teil des Dachsteinmassivs eignete sich perfekt für 14 Hochalpin-Novizen.

Das wahre Gefühl der Berge erschließt sich einem erst ab einer Zweitages-Tour und der damit verbundenen Übernachtung da oben. Nach meinen Weitwanderungen war es mir daher stets ein Dorn im Auge, dass meine durchaus naturaffinen Freunde das noch nie erlebt haben. Ein gemeinsames Bergwochenende sollte das ändern.

Gosaukamm: Die erste Nacht auf dem Berg
Axel Halbhuber, Barbara Obermann, einmalig honorarfrei für Wandern Gosaukamm
Als Szenerie für solche Alpin-Novizen eignet sich der Gosaukamm. Die Runde um diesen westlichsten Teil des Dachsteinmassivs schrammt zwischen Baumgrenze und steinernen Hochalpen, bietet beklemmende Tiefen- und atemraubende Weitblicke – bis in die Hohen Tauern. Außerdem ist die Einstiegsschwelle niedrig: Das touristische Gasthaus am Vorderen Gosausee verkauft jodelnde Murmeltiere und hat einen großen Parkplatz. Die Seilbahn daneben bringt einen auf die Gablonzer Hütte.

Halbschuh-Teenies

Dort kommt die Gruppe meiner Berg-Einsteiger an. Bis Seilbahn-Schluss nerven amerikanische Halbschuh-Teenies, danach ist die Hütte mit Blick auf den Gosaugletscher ein Ort des Glücks und perfekt für ein Tour-Besprechungs-Debüt: Startzeit am nächsten Tag, Weg- und Wettercheck, Ausrüstung. Die Augen glänzen.

Gosaukamm: Die erste Nacht auf dem Berg
Axel Halbhuber, Gosaukamm Wanderung
Die Runde führt – gegen den Uhrzeigersinn gegangen – anfangs am westlichen Hang des Kamms entlang. Schotterfelder werden gequert, gemütliche Einkehrmöglichkeiten getestet, erste harte Passagen genommen. Dieser Weg ist für Ungeübte eine Aufgabe, die sich mit jedem Schritt selbst löst. Peter und Eberhard ächzen bei der steilen, mit Seilen versicherten Durchgangsscharte unter üppigem Gepäck und lernen: Ein Rucksack ist voll, wenn alles Nötige drin ist. Nicht, wenn er voll ist.

Blitze und Regen

Das angesagte Gewitter kommt früher als gedacht: Die 14 Wackeren erleben das Bedrohlichste und Imposanteste, das Berge bieten: Sommergewitter. Blitzeinschlag im Hang. Schwerer Regen. Kein Aufstieg, kein Gipfel und keine Hüttengaudi vermitteln die Macht der Berge besser.

Meine Freunde hätten trotzdem lieber verzichtet. Eberhard lernt schon wieder: Bei den ersten Tropfen holt man die Regenhose raus, es könnte länger regnen. Konkret eine halbe Stunde. Das Trockenlegen erledigen wir auf der Sulzkaralm, rund eine Stunde vor dem Nachtquartier Hofpürglhütte gelegen. Zwei freundliche Sennerinnen, eine kleine Stube, Käse frisch aus der Produktion. Schon wieder Berggefühl.

Gosaukamm: Die erste Nacht auf dem Berg
Axel Halbhuber, Gosaukamm Wanderung
Der zweite Tag beginnt mit dem Höhepunkt: Der Weg zum Steiglpass ist breit, durchquert aber eine Felswand und wirkt so gefährlich. Während 13 Novizen Augen für einen Steinbock haben, ist Alexander mit sich beschäftigt. Erste Höhenerfahrung. Auf 2012 Meter, dem höchsten Punkt der Runde, ist alles wieder gut. Alle stehen auf dem Fels, blicken über die Kante des Massivs nach Süden. In ihrem Lachen und Scherzen ist zu sehen: Sie haben es. Das Gefühl.

Und beim lang gezogenen Abstieg zu den Jodel-Murmeltieren ist das Gewitter von gestern schon nur mehr eine der Geschichten, die man sich vom Berg erzählt.

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