Fürstentum Liechtenstein: Der Zwergstaat feiert 300-Jahr-Jubiläum

Schloss Gutenberg in Balzers, Liechtenstein.
Von Raubrittern und Kunstmäzenen: Über eine altösterreichische Familie, die das Fürstentum erst nach dem Ende der Monarchie für sich entdeckt hat.

Weil der Habsburger-Kaiser Karl VI. im Jahr 1719 zwei Grafschaften miteinander zu einem Fürstentum verband, feiert Liechtenstein heuer seinen dreihundertsten Geburtstag. Als eines der kleinsten Länder der Welt. Das aber zu den wohlhabendsten zählt.

Wer Liechtenstein hört, denkt immer noch an ein Paradies, in dem so gut wie keine Steuern zu entrichten sind. Das hat sich jedoch nach einem Steuerskandal im Jahr 2008 grundlegend geändert; das Fürstentum bekennt sich seit damals zu einer konsequenten Weißgeldstrategie, die meisten Steuern sind mit denen in anderen europäischen Ländern zu vergleichen.

Aus Raubritters Zeiten

Auch der Fürst kommt dem Fiskus nicht aus – allerdings dem österreichischen weit mehr als dem liechtensteinischen. Denn ihre größten Besitzungen hat die Familie Liechtenstein nicht im eigenen Land, sondern in Wien, Niederösterreich, Kärnten und in der Steiermark. Die Liechtensteins zählen zu Österreichs bedeutendsten Großgrundbesitzern, ihre Ländereien hierzulande sind fast doppelt so groß wie das ganze Fürstentum.

Die Familie Liechtenstein – schon zu Zeiten der Raubritter zu großem Vermögen gekommen – hatte ihren Lebensmittelpunkt bis zum Zusammenbruch der K.-u.-k.-Monarchie in Österreich. Erst mit dem Ende des Kaiserreichs begannen die Liechtensteins sich für ein neues „Reich“ zu interessieren, und da übernahmen sie die Herrschaft des Zwergstaates an der Grenze zu Vorarlberg.

Am Anfang war eine südlich von Wien gelegene Burg aus dem 12. Jahrhundert gestanden. Und dieser verdankt das alte Geschlecht seinen Namen. Die Burg stand auf einem „liechten Stain“ – einem hellen Felsstück also – in Maria Enzersdorf bei Mödling, die heutige Burg Liechtenstein. Ein gewisser Hugo erwarb sie durch Einheirat und war somit der erste Träger des Namens Liechtenstein.

Fürstentum Liechtenstein: Der Zwergstaat feiert 300-Jahr-Jubiläum

Die Burg Liechtenstein bei Mödling.

Auf die andere Seite

Die Liechtensteins waren treue Diener der Babenberger, doch kaum hatten die Habsburger die Macht erlangt, schlugen sie sich flugs auf deren Seite.

Die Familie Liechtenstein zeichnete sich in allen Zeiten durch besondere Geschäftstüchtigkeit aus; sie erbeutete riesige Wälder und Ländereien, in ihrem Besitz befanden sich große Teile der Stadt Wien und Niederösterreichs sowie Herrschaften in Oberösterreich, der Steiermark und in Tirol.

Verzicht auf alle Schlösser

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts passierte der Familie freilich ein Missgeschick, das sie zu ruinieren drohte: Ein Johann von Liechtenstein verscherzte sich’s mit den Habsburgern, und des Herrschers Rache war schrecklich: König Albrecht V. lud den gesamten Liechtenstein-Clan zum festlichen Mahl an seinen Hof, doch war die hochnoble Einladung ein bloßes Täuschungsmanöver, denn die Gäste wurden sofort nach ihrer Ankunft in den Kerker gesteckt. Im Verlauf ihrer Haft wurden sie gezwungen, auf ihre 23 Schlösser und Ländereien zu verzichten, die damit allesamt in den Besitz der Habsburger übergingen. Die Liechtensteiner waren über Nacht bettelarm.

Kaum wieder in Freiheit, begannen sie von vorne, und knapp 200 Jahre später – das ist gar nicht so lang in der Geschichte eines Geschlechts – hatte die Familie ihre alten Besitzungen und noch mehr zurückgekauft.

Erblicher Fürstenstand

Nachdem das Zerwürfnis mit den Habsburgern vergeben und vergessen war, verstanden es die Liechtensteins erneut, deren Gunst zu erlangen. Im Jahre 1608 in den erblichen Fürstenstand erhoben, nahmen sie als Finanziers der Kaiser in Österreichs Geschichte entsprechend wichtige Positionen ein: Sie stellten einen Ministerpräsidenten und einen Finanzminister, ein Liechtenstein war Kardinal, ein anderer Landesherr von Mähren, etliche machten als Feldherren Furore: Der bedeutendste von ihnen, Fürst Johann I.. befehligte die österreichische Kavallerie in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz und handelte danach als Abgesandter Österreichs den Waffenstillstand und den „Pressburger Frieden“ aus. In den Schlachten von Aspern, Wagram und Znaim kämpfte er als Feldmarschallleutnant gegen Napoleon und führte danach noch einmal die Friedensverhandlungen. Im Jahr 1719 erfolgte dann der wichtigste Schritt für die Gegenwart: Fürst Johann Adam kaufte für 400.000 Gulden den kleinen Landstrich um Vaduz – das Fürstentum Liechtenstein (mit seinen heute 38.000 Einwohnern).

Wie uninteressiert die Liechtensteins an ihrem neuen Land zunächst waren, erkennt man daran, dass 150 Jahre lang kein einziges Mitglied der Familie den eigenen Grund und Boden auch nur betreten hat.

Fürstentum Liechtenstein: Der Zwergstaat feiert 300-Jahr-Jubiläum

Reich unter Franz Josef

Die Region war ja auch bettelarm und ohne jede wirtschaftliche Bedeutung. Reich wurde sie erst unter dem Fürsten Franz Josef II., der die Regierungsgeschäfte im Jahre 1938 übernommen hat. lm Zweiten Weltkrieg neutral geblieben, verstand er es, sein 160 Quadratkilometer kleines Land politisch und wirtschaftlich der Schweiz anzuschließen. Und 1945 hatte er die Königsidee, Unternehmen, die sich im Fürstentum ansiedeln wollten, zehnjährige Steuerfreiheit zu gewähren. Dies und die übrigen Minimalsteuersätze zogen Tausende „Briefkastenfirmen“ an, ließen aber auch eine Industrialisierung der bisherigen Agrarregion zu.

Die Familie von und zu Liechtenstein besitzt allein in Wien vier prunkvolle Palais – darunter das Stadtpalais mit der wertvollen privaten Kunstsammlung des Fürsten und das Gartenpalais im 9. Bezirk – und sie ist auch an großen österreichischen Industrieunternehmen beteiligt.

Fürst und Erbprinz

Durch die Einnahmen aus der „alten Heimat“ bestreitet der regierende Fürst Hans-Adam II. – der sich in den Hoheitsrechten seit dem Jahr 2004 durch seinen Sohn, Erbprinz Alois, vertreten lässt – auch den Lebensunterhalt für sich und seine Familie. Die Liechtensteins sind nicht nur die reichste Familie von Liechtenstein, sondern auch eine der reichsten Familien in Österreich.

Fürstentum Liechtenstein: Der Zwergstaat feiert 300-Jahr-Jubiläum

Das Landtagsgebäude des Fürstentums Liechtenstein – vom Architekten Hansjörg Göritz geplant.

Infos

Anreise vom Bahnhof Feldkirch mit dem Bus in 44 Minuten nach Vaduz.

Liechtenstein-Weg Die App „Listory“ ist ab 26. Mai im App Store oder auf Google Play erhältlich.

Übernachtungsangebote: 5 Nächte im 3*-Hotel inkl. HP, Gepäcktransport, tägliche Marschverpflegung inkl. Getränke, Erlebnispass inkl. kostenlosen Öffis ab 895 CHF/P im DZ. – 2 Nächte im 3*-Hotel, 2 Abendessen (traditionell u. Gourmet)1 Weindegustation, Erlebnispass inkl. kostenlosen Öffis ab 299 CHF/P. im DZ. Tel. +423 239 63 63, www.liechtensteinweg.li

Termine Schaan: Das Musikfestival FL1.LIFE verbindet Musik, Kultur und Performance von  5.–6. Juli. Bei der Europe Identity am 14 September werden acht Stücke von europäischen Autoren aufgeführt.

Vaduz: Staatsfeiertag 300 am 15. August mit traditionellem Staatsakt, Jubiläumsfeier, Feuerwerk oder von 22. bis 25. August bei der Vaduz Classic den Kultursommer feiern u. a. mit Lang Lang. tourismus.li/events

Auskunft Liechtenstein Center, Tel. +423 239 63 63, www.liechtenstein.li

Kommentare