Bergsteigen in Australien? Auf den Spuren der Aborigines
Auf die Pirsch muss man in den Flinders Ranges (auch Flinderskette) gar nicht gehen. Kängurus hüpfen fröhlich durch den Campground am Wilpena Pound. Der Wombat riecht, dass beim Gemüseputzen etwas unter den Campingtisch gefallen ist und der rosafarbene Kakadu pickt schon auch mal auf dem Tisch herum. Emus stolzieren auf und ab, Hunderte von Vögel schnattern. Aber natürlich würde man sehr viel verpassen, wenn man nur auf dem Campingplatz bliebe: Allen voran dieses wunderbar leuchtende Rot von einer der ältesten Landschaften der Welt, die gleichzeitig der längste Gebirgszug Australiens ist.
Der höchste Gipfel im Park ist zwar der St. Mary Peak mit 1.170 Metern, doch das Highlight schlechthin ist der siebzehn Kilometer lange und acht Kilometer breite Felskessel Wilpena Pound im Herzen der Flinders Ranges: Wie ein Meteoritenkrater sieht dieses riesige Amphitheater der Natur mit seinen mehrere hundert Meter hohen, jäh abstürzenden Felswänden aus. „Entstanden ist er bei den Auffaltungen der Flinders Ranges“, erklärt Guide John. „Wir Aborigines aber sagen: Schlangen und Riesen der Traumzeit haben die Bergkette erschaffen“. John, der Aborigine vom Stamm der Adnyamathanha heißt natürlich anders, „aber meinen echten Namen könntest du gar nicht aussprechen ...“
Zu Fuß in Südaustralien: 3 Beispiele
Bergsteigen
Der St. Mary Peak ist mit 1170 Meter Höhe die höchste Erhebung der Flinders: Der Aufstieg ist anstrengend, aber lohnend, und sollte nicht ohne Guide unternommen werden.
Wandern extrem
Durch die Flinders Ranges zieht sich der HeysenTrail, der 1500 Kilometer lange Fernwanderweg vom Nationalpark bis Cape Jervis am Indischen Ozean.
Wandern leicht
Am „Wilpena Pound Resort“ mit den Grastrees (Bild) beginnen zahlreiche ausgeschilderte Wanderrouten in unterschiedlicher Länge zu Zielen wie Arkaroo Rock oder Malloga Falls.
In der Abendsonne scheinen die Wände zu brennen, so intensiv rot werden sie. „Wir verliehen den Namen gewölbte Hand und es ist ein heiliger Ort für uns“, sagt John. Er deutet auf einen kleinen, palmenähnlichen Baum ein paar Meter weiter: „Schau! Das ist unser Grastree. Aus dem haben wir Tee gemacht – aus der Blüte –, aber auch Speere – aus dem Stiel –, Körbe – aus dem Stroh – und Brennholz – vom Rest...“. Er sagt: „Yura Udnyu“, macht eine kurze Pause. „Das heißt: unsere Kultur – deine Kultur.“ Und er erklärt die Natur aus seiner, aus Aborigine-Sicht.
„Im Sommer, also eurem Winter, kann es bis zu 50 Grad heiß werden, dann ist man fast alleine mit einem sehr bedeutenden Stück Erdgeschichte“, schmunzelt John. Jetzt im Frühjahr, also unserem Herbst, erlebt der Nationalpark aber eine wahre Farborgie, wenn Wildblumenteppiche mit rotem Granit und schwarzem Basalt um die Wette leuchten. Ihren Namen erhielt die Bergregion vom englischen Seefahrer Matthew Flinders, auf dessen Vorschlag der Fünfte Kontinent seit 1817 offiziell Australien heißt. „Heute gehört der Nationalpark wieder uns, den Adnyamathanha-Aborigines, aber wir haben das Land an den Staat verpachtet, um unsere Einkünfte zu sichern.“
John lädt zu einer Zeitreise in die Welt der Fossilien ein, zum Archaeological Trail in die Brachina Gorge, der vielleicht schönsten Schlucht der Flinders. Die 650 Millionen Jahre alten Fossilien zu finden, ist allerdings sehr schwer. Da braucht man schon John, sonst würde man einfach an den filigranen Schätzen vorbeistolpern. „Und weißt du was?“, fragt John. „Sogar Kate Winslet war da! Sie hat in dieser Schlucht „Holy Smoke“ gedreht.“
Wenn einer der großen Flinders-Farmer zum Schafezählen geht, nimmt er den Hubschrauber oder die Cessna. So sieht man den roten „entblößten Knochen“ in seiner ganzen Größe, wie es der Landschaftsmaler Hans Heysen formulierte. 430 Kilometer sind die Flinders Ranges lang. Letzter großer Versorgungsort ist das Landstädtchen Hawker mit Eisenbahnanschluss, Hotels, Geschäften, Tankstellen und dem Camel Hump, ein schöner Aussichtspunkt auf den Nationalpark.
Edelsteindorf
John erzählt von Andamooka: „In diesem Opaldorf, am nördlichen Westufer des Lake Torrens, wurde 1969 der größte Opal der Welt gefunden: die 6,8 Kilogramm schwere Wüstenflamme von Andamooka. Weltberühmt wurde auch der geschliffene 203 Karat schwere Andamooka Opal. Die australische Regierung hatte den Opal in den Farben Rot, Blau und Grün zusammen mit Brillanten in eine Halskette setzen lassen und Queen Elizabeth II. bei ihrem ersten Besuch in Südaustralien 1954 geschenkt.“ Man hat den Eindruck, John erzählt diese Geschichte nur weil er sie den Touristen erzählen soll, nicht weil er sie erzählen möchte … „Und wer sehen will, wie es um 1880 war, fährt, 65 Kilometer nördlich von Wilpena Pound, zu den Ruinen des alten Minenstädtchens Blinman“, fährt John fort. Touren führen zurück in die Blütezeit, als Kupfer abgebaut wurde. „Und danach, das sag’ ich dir, schmeckt das Bier im North Blinman Hotel, der einzigen Kneipe weit und breit, umso besser …“
Anreise
Nächster internationaler Flughafen ist Adelaide (CO2-Kompensation ab/bis Wien: 80,44 € via climateaustria.at). Von dort sind es ca. 500 km nördlich bzw. 5 Std. Autofahrt zu den Flinders Ranges
Jeep mieten
Wer die Flinders auf eigene Faust entdecken will, sollte einen Geländewagen mieten: Die schönsten Routen liegen allesamt abseits der geteerten oder gut planierten Straßen.
Hotel
Aborigines verwalten das „Wilpena Pound Resort“, das einzige Resort mit schattigem Campground und Stellplätzen mit Strom und Wasser im Nationalpark. Es gibt Pool, Restaurant, Supermarkt, Mountainbikeverleih, Tankstelle. Etwas überteuert, aber ein sehr schöner Platz. wilpenapound.com.au
Essen
Ein Mahl in Parachilna, mit offiziell drei gemeldeten Einwohnern, muss sein: Kangaroo Fillet, Emu Mignon, Camel Sausage – alles auf einem Teller im „Prairie Hotel“. Das Werbeschild an der Straße macht jeden neugierig. prairiehotel.com.au
Auskunft
Visitors Centre im „Wilpena Pound Resort“ southaustralia.com/places-to-go/flinders-ranges-and-outback
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