Abenteuer Kongo: Wenn der Gorilla zwei Mal kreischt
Der erste Schrei geht durch Mark und Bein. Kurz darauf folgen zwei tiefe Grunzgeräusche, die direkt aus der Hölle stammen könnten. Und dann noch ein lautes Kreischen. Wir drei Hobby-Abenteurer stehen plötzlich stocksteif und verängstigt im Wald. Nur etwa sieben Meter von uns entfernt wackeln die bis zu vier Meter hohen Pflanzen bedrohlich. Das Blut wird wärmer. Es ist ein Gefühl, als ob man im nächsten Moment Godzilla gegenübertritt. Dann steht er vor uns: Zwei Meter groß, knapp 200 Kilo schwer und ein Schädel, so groß wie vier Fußbälle. Neptun heißt er. Ein Bild von einem Gorillamännchen. Ein Silberrücken.
"Mindestens 95 Prozent aller Drohgebärden der Gorillas sind ein Bluff", hat ein niederländischer Forscher gesagt. Der Rest sind meist ebenfalls harmlose Berührungen. Neptun weiß das glücklicherweise auch und als er merkt, dass er uns mehr als genug Schrecken für diesen Tag eingejagt hat, verschwindet er im Blattwerk – sichtlich zufrieden – so schnell, wie er gekommen ist.
Wir atmen kurz durch.
Gorilla-Tracking im Regenwald
"Wer einmal einem Gorilla in die Augen gesehen hat, dessen Leben wird sich für immer verändern." - Dian Fossey, US-Zoologin
Der Tourismus ist in der Republik Kongo (nicht zu verwechseln mit der benachbarten unruhigen Demokratischen Republik Kongo) bisher ein Fremdwort gewesen. Das Problem ist die Logistik, praktisch alles muss aus Südafrika und Europa in den Regenwald transportiert werden. Etwa 300 Touristen sind überhaupt erst hier gewesen, der Reiseführer Lonely Planet hat die Republik Kongo dennoch zum Trendziel des Jahres 2015 erkoren.
Eine Stinkfrucht zur Begrüßung
Calliope, das erste Gorillaweibchen, das wir nach Neptuns lautem Auftritt sehen, macht uns das ziemlich deutlich. Wir stehen unter "ihrem" Baum. Sie wirft eine melonengroße Stinkfrucht nach uns (ein Verhalten, das bei Gorillas bisher unbekannt war). Als wir uns einige Meter entfernen, wird sie entspannter. Doch die Augen sind stets auf uns gerichtet. Dabei wirkt sie unheimlich menschlich. Als wir kurz unsere Fliegennetze lupfen und unser wahres Gesicht zeigen, schaut sie verdutzt und legt den Kopf schief. "Was sind denn das für Affen?", scheint sie zu fragen. Die Frage ist aber, wer hier eigentlich wen beobachtet.
Das sind die atemberaubenden Momente, die ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Und es werden für uns nicht die einzigen sein. Der zweite Ausflug, diesmal zur Gruppe des Silberrücken Jupiter, wird noch spektakulärer verlaufen. Nach einer Tortur durch dichtes Buschwerk steht uns die Gruppe plötzlich und überraschend Auge in Auge gegenüber. Ein Knistern liegt in der Luft. Fünf verdutzte, fast regungslose Gorillas auf der einen und eben so viele nicht minder überraschte Menschen auf der anderen Seite. Keiner hatte den anderen hier erwartet. Ein Gorilla-Weibchen tanzt wilde Pirouetten – ein kleines Warnzeichen. Ein kleiner Babygorilla trommelt sich auf die Brust. Es ist das Zeichen, um Alarm zu schlagen. Wir lachen. Das Eis scheint gebrochen. Wenige Augenblicke später gehen die Menschen und die Menschenaffen wieder ihren Tätigkeiten nach. Wir halten die Kamera auf Dauerfeuer. Denn die Gorillas graben Wurzeln aus, um sie zu verspeisen. Das machen nur ganz wenige Gorillas, da dafür eine hohe Intelligenz notwendig ist. Es wurde bisher nur von einer Handvoll Menschen beobachtet. Wir gehören nun zu jenen wenigen, die das miterleben durften. Als wir die Gruppe wenig später verlassen, hat jeder von uns eine kleine Freudenträne im Augenwinkel. Wir alle sind sprachlos.
Mittendrin im Nirgendwo
Die Ausflüge von Ngaga führen über die Trampelpfade der Elefanten tief in den Regenwald – zu Orten, wo noch kaum Menschen gewesen sind. Auf dem Kajak geht es über die Flüsse. Hier, weitab der Zivilisation, verschmilzt der Mensch mit dem Regenwald. In diesen Regionen verließ der Menschenaffe einst die Bäume und wurde zum Homo sapiens. Diese Geschichte wird spürbar. Die sechs Tage zwischen dem ersten Gorillaschrei und dem letzten Ausflug über die Trampelpfade haben viel verändert. Aus einem grünen unübersichtlichen Meer wurde ein vielschichtiger Lebensraum. Drei der sieben Gruppenmitglieder nennen deshalb am Ende "den Regenwald" als ihr schönstes Reiseerlebnis. Ein kleiner Sieg für Magda Bermejo – und für ihre Gorillas.
Beste Reisezeit Trockenzeit ist im Jänner, Februar und Mai bis September. Die besten Gorillasichtungen soll es im Februar und August geben, meinen Safari-Experten.
Gesundheit Gelbfieberimpfung ist Pflicht, aber viele Impfungen (Hepatitis oder Polio) und Malariaprophylaxe dringend ratsam. Der aktuelle Ausbruch von Ebola betraf nicht die Republik Kongo.
Gorilla-Tracking Spezielle Ausrüstung (z. B. Trekkinghosen, moskitodichte Hemden, Gummistiefel) notwendig, es sollten drei Garnituren mitgeführt werden. Ein Kameraobjektiv mit mindestens Brennweite 200 mm ist für gute Fotos notwendig.
Währung Der CFA-Franc ist mit dem Kurs 656 zu 1 an den Euro gebunden. Euro werden akzeptiert, Kreditkarten kaum angenommen.
Angebot Sieben Tage im Odzala-Kokoua Nationalpark (immer donnerstags ab Brazzaville) kosten ab 6320 €. Inklusive: Charterflug Brazzaville – Odzala, Übernachtungen im Doppelzimmer, Vollverpflegung und lokale Getränke.
Auskunft Abendsonne Afrika, www.abendsonneafrika.de sowie bei Wilderness Safaris auf www.wilderness-safaris.com
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