Wiener Islamist kehrt Österreich den Rücken

Wiener Islamist kehrt Österreich den Rücken
Mohamed M. macht mit seiner Propaganda weiter - allerdings in Deutschland. Dort vernetzt er sich mit lokalen Dschihadisten.

Die Trauer im Innenministerium in der Wiener Herrengasse dürfte sich in Grenzen halten: Mohamed M., der wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vier Jahre in Haft saß und im September entlassen wurde, ist nicht mehr in Wien. Der 26-Jährige mit ägyptischen Wurzeln hat Österreich verlassen und in Berlin ein neues Zuhause gefunden. Dort versucht er mit der Organisation Millatu Ibrahim samt neuer Homepage durchzustarten, worüber auch die New York Times berichtet.

Ende Oktober ist M. erstmals in Berlin aufgetaucht. Am 26. Oktober sorgte er für Aufmerksamkeit, nachdem er gemeinsam mit einer Handvoll Islamisten zwei Terrorverdächtige abholte, als diese aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. Ermittler hatten bei den beiden Chemikalien, die zur Herstellung von Sprengsätzen geeignet sind, beschlagnahmt.

Bereits bei diesem Auftritt dürfte M. in Berlin Wurzeln geschlagen haben. Doch der Wiener Islamist beschränkt sich nicht nur auf die deutsche Hauptstadt. M. soll eine vielbeachtete Einladung in eine radikale Moschee in Solingen in Nordrhein-Westfalen erhalten haben. Nach Informationen des KURIER bestätigte der Wiener das Vorhaben vor einer Gruppe von Anhängern "Ich werde, so Gott will, die Brüder in Solingen besuchen." Die 150.000 Einwohner zählende Stadt gerät durch Aktivitäten radikaler Islamisten immer wieder in die Schlagzeilen. Eine radikale Hinterhof-Moschee genießt dabei die besondere Aufmerksamkeit der deutschen Verfassungsschützer. Nicht ohne Grund: Derzeit sitzen zwei Männer aus Solingen wegen Terrorverdachts in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis. Das Landesinnenministerium schätzt die Zahl der Salafisten (radikale Strömung im Islamismus, Anm.) in dem Bundesland auf rund 500, 20 bis 30 davon gehören dschihadistischen Gruppierungen an.

Wiener Islamist kehrt Österreich den Rücken

Seine Tour durch Deutschland dürfte Mohamed M. eine angenehme Abwechslung zu Österreich sein. Denn ganz unumstritten ist der Wiener selbst in der hiesigen Islamisten-Szene offenbar nicht. Nach Informationen des KURIER schwand die Zuhörerschaft bei seinen Wiener Vorträgen zuletzt rapide und Informanten aus der Islamisten-Szene zufolge soll es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen M. und anderen Islamisten in Wien gekommen sein.

Das Treffen der Islamisten zeigt jedoch auch einen Trend, der Experten beunruhigt. Die deutsche und österreichische Dschihadisten-Szene vernetzt sich zusehends. Als einer der Hauptakteure gerät dabei immer öfter der Berliner Denis Cuspert ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Der 36-Jährige, der in deutschen Medien als "Dschihad-Rapper" für Furore sorgt, hat nach seiner weltlichen Karriere als Rapper "Deso Dogg" seinen Weg zum radikalen Islam gefunden. Seither tritt er als Abu Maleeq auf - der Mann hat mittlerweile derart viele verschiedene Namen, dass selbst Islamismus-Kenner verwirrt sind. Letzte Woche erst änderte er seinen Namen in Abu Talha al-Almani.

Abu Maleeq sucht mit Hilfe eines Internet-Projekts zur Unterstützung "muslimischer Gefangene" auf zahlreichen Webseiten, Blogs und auf Facebook das Licht der Öffentlichkeit. So unterstützte er unter anderen auch Mohamed M. als dieser für vier Jahre in Haft saß. Briefe, die mit M.s Namen gezeichnet waren, wurden vom Berliner Cuspert veröffentlicht, als der Wiener noch in Haft saß (siehe Hintergrund: Dschihadisten-Briefe aus Wiener Gefängniszelle).

Der Kontakt blieb auch nach seiner Haftentlassung bestehen: Abwechselnd geben M. und Abu Maleeq Unterricht in einem Online-Chat.

Fraglich bleibt indes, wie M. seinen Aufenthalt in Deutschland finanziert. Zuletzt machte er mit einem Besuch bei einem Wiener Arbeitsamt von sich Reden, wo er nach eigenen Angaben scherzhaft "Pilot" als Berufswunsch angab. In Wien musste er zumindest keine Miete zahlen: Nach seiner Haftentlassung wohnte er bei seinen Eltern.

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