Wie die Politik in den ORF hineinregiert

Wie die Politik in den ORF hineinregiert
Teil 2 des Geheimpapiers: Was ORF-Chef Wrabetz dem BZÖ noch versprochen hat. Und wer vor der Wahl 2011 über Posten diskutierte.

Vor zwei Wochen veröffentlichte der KURIER den schriftlichen Beweis für die geschobene ORF-Wahl 2006. Alexander Wrabetz, der Generaldirektor in spe, hatte sich unmittelbar vor der Abstimmung im Stiftungsrat die Gunst des BZÖ-Spitzenkandidaten Peter Westenthaler gesichert – mit personellen Zugeständnissen wie wichtigen Direktorenposten, die tatsächlich erfüllt wurden. Kernsatz der Vereinbarung, beurkundet in den Handschriften von Wrabetz und Westenthaler:

"Das BZÖ bringt zumindest 4 Stimmen für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006." (siehe Faksimile)

Nun erfährt die ohnehin schon delikate Causa des politischen Postenschachers neue Brisanz. KURIER-Recherchen ergaben: Wrabetz hat mit Westenthaler vier Tage vor seiner Kür am Küniglberg auf einer zweiten Seite weitere Punkte fixiert, die den Verdacht erhärten, wonach der Chef der öffentlich-rechtlichen Anstalt auf Zuruf von Parteien agiere.

Im Intensiv-Wahlkampf

Wie die Politik in den ORF hineinregiert

Im August 2006 war nicht nur Wrabetz als Werber unterwegs. Auch die Politik befand sich mitten im Nationalratswahlkampf. Also versuchte BZÖ-Frontmann Westenthaler, von Wrabetz inhaltliche Zugeständnisse zu erhalten. Wörtlich ging es laut Vereinbarung um eine "objektive und faire Berichterstattung" über das BZÖ im Wahlkampf. Das bedeutet: Vor allem Auftakt- und Abschlusskundgebung der Orangen sollten vor dem Urnengang im Herbst 2006 besondere Berichterstattung erfahren. Sämtliche Wechsel in den Schlüsselpositionen der ORF-Information sollten deshalb bereits unmittelbar nach der Wrabetz-Wahl am 17. August 2006 erfolgen – obwohl die faktische Übernahme der Alleingeschäftsführung durch den neuen Generaldirektor laut Gesetz erst mit Jänner 2007 anberaumt war.

Wrabetz hatte allerdings Probleme, seine Zusagen einzuhalten: Monika Lindner, die gestürzte ORF-Generaldirektorin, verhinderte vor ihrem Ausscheiden entsprechende Wrabetz-Bemühungen, programmliche Änderungen im Sinne politischer Wrabetz-Förderer vorzunehmen.

Spannend ist der letzte Punkt des entlarvenden Wrabetz-Westenthaler-Papiers: Dabei ging es u. a. um die Rolle des damaligen zentralen Chefredakteurs, Walter Seledec. Dieser sollte – wie seit Langem kundgetan – mit Jänner 2007 in die Pension gleiten. Wrabetz entsprach indes dem ausdrücklichen Westenthaler-Wunsch – und ließ Seledec, zum allgemeinen Erstaunen, in einem hoch dotierten Chefredakteursamt, damit dieser Korrespondenten koordiniere.

Neue Wahl, neuer Deal

Doch auch bei der Wrabetz-Wiederwahl 2011 kam es zu politischen Absprachen: Belegt sind Gespräche zwischen den Bundesgeschäftsführern Laura Rudas (SPÖ) und Hannes Rauch (ÖVP). Dabei wurden mehrere wichtige ORF-Jobs vereinbart.

Aus Rauchs Umgebung war zu erfahren: "Es hat Gespräche mit Rudas gegeben, wo über Posten im ORF gesprochen wurde." Rudas hingegen erklärt: Man habe zwar über den ORF gesprochen, um Posten sei es aber nicht gegangen. Und auch das Ende der ORF-Sendung "Report" habe sie – obwohl dies kolportiert wird – nicht gefordert. Rudas dementiert: "Der Report geht mit allen Parteien kritisch um."

Und was sagt Alexander Wrabetz, der vermeintliche Erfüllungsgehilfe der Politik?

Er ließ sich – trotz einer detaillierten Anfrage, die ihm bereits am Mittwoch übermittelt wurde – auf keine klaren Aussagen ein. Sein Sprecher sagte lediglich: "Kein Kommentar zu den einzelnen Fragen." Es werde versucht, durch das Lancieren diverser Behauptungen Druck auf den ORF auszuüben bzw. sich für kritische Berichterstattung zu "rächen". Der ORF werde diesem Druck nicht nachgeben.

Was genau Wrabetz mit diesem kryptischen Statement meint, bleibt offen. Druck kam zuletzt vor allem von seinen kritischen Redakteuren: 1300 hatten im Jänner per Unterschrift erfolgreich die Bestellung von Ex-SP-Stiftungsrat Niko Pelinka zum Büroleiter verhindert.

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