Venezuela: Biker fordert alten Caudillo

Venezuela: Biker fordert alten Caudillo
Noch nie seit seinem Amtsantritt hatte Hugo Chavez einen so starken Gegner: Capriles gibt Red Bull trinkend Vollgas.

Der in stampfendem Rhythmus vorgetragene Schlachtgesang der Anhänger des venezolanischen Staatschefs soll ihn am kommenden Sonntag abermals zum Sieg tragen: "Uh, ah, Chavez no se va!" – "(Hugo) Chavez geht nicht!" Tatsächlich hatte der 58-Jährige zuletzt in den Umfragen zur Präsidentenwahl mit rund zehn Prozentpunkten die Nase vorne. Doch sein Vorsprung schmilzt seit Monaten beständig. Erstmals seit seinem Amtsantritt vor 14 Jahren ist eine Niederlage nicht ausgeschlossen.

Die reale Bedrohung für den alternden Caudillo ist der erst 40-jährige politische Senkrechtstarter Henrique Capriles Radonski, hinter dem sich die zuvor zersplitterte Opposition jetzt schart. Er präsentiert sich als junge, dynamische Alternative zu Chavez: Im Wahlkampf trat er fast ausschließlich in Jeans, T-Shirt und Baseball-Kappe auf. Der Sohn einer reichen jüdischen Unternehmerfamilie polnisch-russischer Abstammung fährt Motorrad und verleiht sich mit Red Bull Flügel. Nicht weniger als 240 öffentliche Auftritte legte er in den vergangenen Monaten hin – während sein Rivale wegen einer (angeblich jetzt ausgeheilten) Krebserkrankung leiser treten musste.

Venezuela: Biker fordert alten Caudillo

"Hay un camino" (es gibt einen Weg), lautet das Wahlmotto des Kandidaten der Opposition. Und der schaut bei ihm so aus: Die Sozialprogramme für die sozial Schwachen – billige Nahrungsmittel, Gesundheitsversorgung und Bildungsangebote –, mit denen sich Chavez die Unterstützung der Ärmsten sicherte, will auch Capriles beibehalten. Entgegen der Darstellung seiner Kontrahenten, er sei ein konservativer, US-treuer Büttel, bezeichnet sich der frühere Gouverneur des venezolanischen Bundesstaates Miranda selbst als "Mitte-Links-Kandidat". Sein Vorbild sei das "linksmoderne" Wirtschafts- und Sozialmodell Brasiliens.

Ob es dem Juristen damit gelingt, in die Kernwählerschichten Chavez’ einzudringen, ist dennoch fraglich. Denn der Linksnationalist dominiert die staatlichen Medien nach Belieben. Dort lässt er den angeblichen "Raubtierkapitalismus" des Unternehmersprosses geißeln.

Massive Folgen für die Region

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Sollte es Capriles tatsächlich in den Präsidentenpalast Miraflores schaffen, wäre er nicht nur das jüngste Staatsoberhaupt in der Geschichte des ölreichen Landes (siehe auch Grafik) , dieses politische Erdbeben hätte auch weitreichende Folgen für die Region. Denn der Oppositionelle hat schon früh klargestellt: "Wir werden keinen Tropfen unseres Erdöls mehr verschenken." Bisher hatte Chavez damit seine Linksallianz ALBA finanziert, zu der Bolivien, Ecuador, Nicaragua, Kuba und einige Karibikstaaten gehören. Vor allem Kuba würde das hart treffen, Havanna bezieht täglich rund 16 Millionen Liter Öl aus Venezuela.

Kritisch könnte es werden, wenn nach der Stimmenauszählung das Ergebnis knapp ausfiele und beide Kandidaten den Wahlsieg für sich beanspruchten. Das Militär, aus dem Chavez kommt, steht jedenfalls hinter ihm.

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