USA: Umkämpfter Mikrokosmos Florida

USA: Umkämpfter Mikrokosmos Florida
Bei den republikanischen Vorwahlen buhlen die Präsidentschaftskandidaten heute im Sunshine State um die Stimmen von Latinos und Pensionisten.

Glitzernde Wolkenkratzer voller Luxuswohnungen ragen in den Himmel. Teure Yachten ankern gleich nebenan: Auf den ersten Blick ist Florida Urlaubsparadies und Spielplatz der Reichen und Schönen. Bei näherer Betrachtung jedoch plagen den Bundesstaat schwere Probleme: Eine Arbeitslosigkeit von fast zehn Prozent und eine Immobilienkrise, die noch lange nicht vorbei ist. Nur einige Autominuten von der vornehmen Stadtmitte Miamis entfernt stechen dem Besucher die einfachen, oft vernachlässigten Häuser mit Gittern vor den Fenstern und die schlecht gepflasterten Straßen ins Auge.

Es ist dieser düstere wirtschaftliche Hintergrund, den die vier noch im Rennen verbliebenen republikanischen Präsidentschaftsbewerber in ihrem Wahlkampf betonen, wenn sie sich nicht gerade gegenseitig in Debatten und Wahlkampfspots zerfetzen. Vor allem für den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, und Newt Gingrich, dem Ex-Sprecher des Repräsentantenhauses, geht es in Florida um viel. Wer diese Vorwahl gewinnt, bekommt alle 50 Delegierten des Bundesstaats zugesprochen. Der Sieger wird ein gutes Stück näher an sein Ziel rücken, im November Präsident Barack Obama herauszufordern. Den letzten Umfragen zufolge liegt Romney in Florida jetzt wieder deutlich vor Gingrich.

Wähler-Vielfalt

Was unterscheidet die republikanischen Wähler im Sunshine State von ihren Parteigenossen in Iowa, New Hampshire und South Carolina, den Schauplätzen der ersten drei Vorwahlen? Das Schlüsselwort ist „Vielfalt“. Florida ist mit 18,8 Millionen Einwohnern ein eigener kleiner Mikrokosmos mit bunt gemischter Bevölkerung. Darunter befinden sich beachtliche Gruppen von Latinos mit kubanischen oder puertoricanischen Wurzeln. Die jüdische Einwohnerzahl, etwa 640.000, ist mit Ausnahme von New York und Kalifornien höher als in allen anderen Bundesstaaten. Zahlreich sind auch die Rentner, die wegen des milden Klimas und der niedrigen Steuern in den Süden gezogen sind.

Für einen Kandidaten ist es nicht gerade ein Kinderspiel, alle Seiten für sich zu gewinnen. Versucht wird es aber allemal. In den vergangenen Tagen haben Romney und Gingrich ihre Wahlreden an die lokalen Verhältnisse angepasst. Wenn Gingrich von Mond-Kolonien spricht, ist das kein Zufall. Die Startrampe für das Space Shuttle in Cape Canaveral liegt an der sogenannten „Space Coast“ von Florida.

Mitt Romney wiederum wandte sich Sonntagnachmittag auf einem kleinen Parkplatz eines Latino-Restaurants an eine Menge meist älterer US-Bürger kubanischer Abstammung. In Hialeah, einem Vorort von Miami, hat diese traditionell für die Republikaner stimmende Immigrantengruppe ihre Bastion.

Familienmensch

„Ich mag seine Ansichten, besonders, weil er ein Familienmensch ist“, sagt die 48-jährige Carmen Cuba dem KURIER. „Ich bin zuversichtlich, dass Romney gewinnen wird“, meint auch die 56-jährige Mercedes Barrera, die mit 15 aus Kuba nach Amerika kam. Nach Angaben des U.S. Census Bureaus stellen Latinos in Florida 22,5 Prozent der Bevölkerung und 11,1 Prozent der als Republikaner registrierten Wähler.

Experten unterstreichen, dass – wie auch anderswo in Amerika – Wachstum und Beschäftigung für Wähler an vorderster Stelle stehen. „Die Bewohner von Florida machen sich derzeit am meisten Sorgen über die Wirtschaft“, meint Daniel A. Smith, Professor an der University of Florida in der nördlichen Stadt Gainesville.

Besonders wichtig sei das Thema für die 17,3 Prozent der Bevölkerung, die Pensionisten sind, bekräftigt Aubry Jewett von der University of Central Florida. Die über 65-Jährigen treibt die Angst vor Kürzungen im Rentensystem „Social Security“ und in der staatlichen Krankenversorgung. „In dieser Wahl ist ihr Nummer-1-Anliegen die Wirtschaft und Jobs“, sagt er.

Breitseite gegen „Kapitän Obama“

Auch wenn sich die Republikaner derzeit eher gegenseitig zerfleischen, so bleibt doch auch Barack Obama ein dauerndes Angriffsziel. Jetzt verglich ein führender US-Republikaner den Präsidenten gar mit Kapitän Francesco Schettino, dem Kapitän der havarierten „Costa Concordia“. Auch Obama verlasse „das Schiff hier in den Vereinigten Staaten“, sagte Reince Priebus, der Chef des Republican National Committee. Er sei mehr am Wahlkampf interessiert, als „seinen Job als Präsident zu machen“. Die Demokraten wiesen diesen Vergleich als „schändlich“ zurück.

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