TV-Duelle entscheiden Wahlen

Fernsehkonfrontationen hatten immer schon großen Einfluss auf Sieg oder Niederlage. In den USA wie in Österreich.

Spannender geht’s nicht. Zuerst wird Barack Obama von seinem Herausforderer geschlagen, dann holt der Präsident zum Gegenschlag aus und lässt Mick Romney alt aussehen. Ohne Fernsehduelle sind Wahlen nicht mehr denkbar, und oft sind sie wahlentscheidend (mehr dazu hier). In den USA wie in Österreich.

Als "Mutter aller TV-Konfrontationen" gilt das Duell der Präsidentschaftskandidaten John F. Kennedy und Richard Nixon. Politforscher sind sich einig, dass Kennedy die Wahl 1960 gewann, weil er, im Gegensatz zu Nixon, während des Fernsehduells nicht schwitzte. Er schaffte das mit einem Trick, von dem der Wiener Politexperte Wolfgang Bachmayer durch ehemalige Berater Kennedys erfuhr: "Damals wurden die TV-Studios mit heißen Jupiterlampen ausgeleuchtet, und es gab keine Klimaanlagen. Man setzte Kennedy vor dem Duell in einen Kühlwagen, aus dem er halb erfroren ins Studio ging. Als Nixon seinen Schweiß von der Stirn wischte, begann sich Kennedy unter den wärmenden Scheinwerfern gerade wohl zu fühlen." Tatsächlich verdankte er seinen knappen Sieg dem schwitzenden Nixon.

Der hat aus der Schlappe gelernt, nahm nie wieder an einem Duell teil und wurde 1969 dennoch Präsident. Was heute unmöglich wäre: "Die TV-Debatte ist ein unumgängliches Ritual geworden", meint Bachmayer, "wer nicht dabei ist, wäre chancenlos."

Wahlkonfrontationen gab es in den USA lange vor Erfindung des Fernsehens, die erste 1858 zwischen Abraham Lincoln und Stephen Douglas. Damals wie heute steht fest, dass bei der Entscheidung über Sieg oder Niederlage vieles mitspielt, das wenig mit Politik zu tun hat.

Clinton

So verlor George Bush senior 1992 die TV-Debatte gegen Bill Clinton, weil er ständig auf die Uhr sah, was ihm als Arroganz ausgelegt wurde: Präsident Bush musste das Weiße Haus zugunsten Clintons räumen. Umgekehrt erging es Bush jun. Obwohl sich der Demokrat Al Gore im Jahr 2000 in seinen politischen Antworten als wesentlich sattelfester erwies, punktete Bush mit Mimik und Gestik – und gewann die Wahl.

Politisch ahnungslos sollte man als US-Präsident aber auch nicht sein. Das bekam Gerald Ford zu spüren, als er beim TV-Duell 1976 – bei dem übrigens eine halbe Stunde der Ton ausfiel – seinem Herausforderer Jimmy Carter erklärte, Osteuropa würde nicht von der Sowjetunion beherrscht. Zu seinem Pech funktionierte da gerade der Ton und Carter gewann die Wahlen. Allerdings verlor dieser vier Jahre später gegen den Fernsehprofi und ehemaligen Hollywoodschauspieler Ronald Reagan.

Da TV-Duelle in den USA meist wahlentscheidend sind und von bis zu 100 Millionen Menschen gesehen werden, die sich oft durch Charme und Witz überzeugen lassen, werden Kandidaten von ihren Beratern bis ins kleinste Detail vorbereitet.

Reagan

Besonders gut kam Reagans Humor an. Als er 1984 vor laufender Kamera von seinem demokratischen Gegenkandidaten Mondale gefragt wurde, ob er mit seinen 73 Jahren nicht schon etwas alt für das Amt des Präsidenten sei, erwiderte Reagan: "Keine Sorge, ich werde nicht versuchen, aus Ihrer Jugend und Unerfahrenheit politisches Kapital zu schlagen." Da musste selbst der 56-jährige Mondale lachen – und war schon aus dem Rennen.

Es kann bei TV-Konfrontationen aber auch sehr ernst werden. Als der demokratische Gouverneur Michael Dukakis 1988 im Duell gegen George Bush senior gefragt wurde, ob er bei einem Gewaltverbrechen an seiner Frau für die Todesstrafe sei, antwortete er "Nein!" – und verlor die Wahl.

Rauferei

TV-Debatten gibt es in fast allen Demokratien. Vorausplanen lässt sich aber wenig. So verlor Silvio Berlusconi 2008 das Duell gegen den Mitte-Links-Kandidaten Walter Veltroni, gewann aber die Wahlen. In England schlug Herausforderer David Cameron Premierminister Gordon Brown – und wurde sein Nachfolger. Ein außergewöhnlich aggressives Duell lieferten einander heuer im Mai Frankreichs Nicolas Sarkozy und François Hollande. Doch während Hollande seine Emotionen im Zaum hielt, zitterte Sarkozy stellenweise vor Wut – und verlor die Wahlen. Noch härter ging es bei einer Konfrontation im griechischen TV zu, wo eine Live-Debatte zu einer handfesten Rauferei ausartete.

Kreisky-Taus

TV-Duelle entscheiden Wahlen

Österreichische Fernsehgeschichte schrieb Bruno Kreiskys Duell gegen Josef Taus im Jahre 1975, bei dem der Kanzler seinen ÖVP-Gegenkandidaten lange über Österreichs schlechte Wirtschaftsdaten herziehen ließ, um ihm dann eine Broschüre unter die Nase zu halten, in der Taus – als Generaldirektor der Girozentrale – Österreichs glorreiche Wirtschaftsleistungen lobte. "Man darf nie einen Generaldirektor zum Oppositionschef machen", sagte Taus Jahre später, "weil er zunächst dies und dann das Gegenteil vertreten muss." Schließlich meinte Taus, dass es bei TV-Debatten "nicht auf die Qualität ankommt, dort entscheiden immer nur ein paar Sager."

Mock

TV-Duelle entscheiden Wahlen

Politexperte Bachmayer erinnert sich an einen weiteren ÖVP-Absturz bei einem Fernsehduell: "Alois Mock hatte 1986 gute Chancen, mit der ÖVP Erster zu werden. Doch im TV-Duell mit Franz Vranitzky zog Mock den Kürzeren, weil er von seinen Beratern übertrainiert war und dadurch nicht authentisch wirkte. In seinen fahrigen Bewegungen waren auch erste Anzeichen seiner erst später bekannt gewordenen Parkinsonkrankheit erkennbar."

1986 war auch das Jahr der Präsidentschaftswahl Waldheim gegen Kurt Steyrer. "In diesem Fall war die TV-Debatte von geringem Belang", meint Bachmayer, "weil da die ,Wir lassen uns von niemandem was vorschreiben’-Kampagne längst gegriffen hatte."

Weit mehr Bedeutung hatte das TV-Duell bei der Präsidentschaftswahl 1992, in der Rudolf Streicher als Favorit galt. Und doch gewann Thomas Klestil, "weil Streicher im Fernsehen das Bild eines Funktionärs machte, Klestil sich aber als frischer Quereinsteiger zeigte. Und das entschied die Wahlen."

Ob Quereinsteiger Frank Stronach, sollte er je an TV-Duellen teilnehmen, eine Chance gegen Politprofis hätte? "Wenn er inhaltlich dazulernt", meint Bachmayer, "und sich nicht mehr nur als österreichische Ausgabe des American Dream verkauft, könnte er punkten".

Um den wirklichen American Dream geht’s aber morgen, Montag, beim dritten und entscheidenden TV-Duell zwischen Obama und Romney. Nach dem derzeitigen "Unentschieden" hat theoretisch noch jeder der Beiden seine Chance.

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