Szenen einer Entgleisung im Parlament

Szenen einer Entgleisung im Parlament
Die ÖVP will Faymann zur Inseraten-Affäre hören. Die Opposition setzt die Koalition mit einem U-Ausschuss von BUWOG bis ÖBB unter Druck.

FPÖ, BZÖ und Grünen sprangen am Mittwoch auf einen fahrenden Zug auf: Die drei Oppositionsparteien einigten sich auf einen gemeinsamen Antrag für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den diversen Korruptionsaffären. Geht es nach Blau, Orange und Grün soll auch die rote ÖBB-Inseraten-Affäre im U-Ausschuss beleuchtet werden.
Letztere stand am Mittwoch im Zentrum einer Debatte zum Thema Korruption im Parlament. Die Hauptdarsteller in der ÖBB-Causa sind Regierungslok-Führer Werner Faymann und sein "Schaffner" Josef Ostermayer.

Der Kanzler (und Ex-Infrastrukturminister) und sein Staatssekretär Ostermayer (der ehemalige Kabinettschef) waren aber nicht im Hohen Haus anwesend. Faymann weilt in den USA und Ostermayer hatte "den ganzen Tag Termine", sagte seine Sprecherin. Erst einige Zeit nach dem Schlagabtausch zur ÖBB-Causa fand sich ein Roter auf der Regierungsbank ein. Staatssekretär Andreas Schieder verweilte dann aber immerhin zwei Stunden dort - als einziger Regierungsvertreter.

Geständnis

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Schieders Parteikollege Ostermayer hat aus Sicht von ÖVP und Opposition ohnedies schon ein "Geständnis" abgelegt - durch seinen ZiB2 -Auftritt, bei dem er Gespräche über Inserate mit der ÖBB-Spitze zugegeben hat. Den Kanzler will VP-Klubchef Karlheinz Kopf aber nicht aus der Verantwortung entlassen. In ungewohnt scharfem Ton forderte Kopf, dass Faymann nach seiner Rückkehr aus den USA im Nationalrat "eine saubere Erklärung zu den Vorwürfen abgibt. Denn so können wir die Dinge sicher nicht im Raum stehen lassen."

Als FPÖ-Mandatar Harald Vilimsky die angebliche Forderung von Ostermayer an die ÖBB-Spitze ("sieben Millionen für den Werner") anprangerte, gab es lautstarken Protest aus den SPÖ-Reihen. "So ein Schmarrn!", rief ein aufgebrachter Mandatar. Klubchef Cap versuchte die Sache - wenig überraschend - herunterzuspielen. Dass in der Vergangenheit rund 50 Prozent der ÖBB-Inserate in zwei Faymann-freundlichen Gratis-Blättern (Heute und Österreich) erschienen sind, erklärte er mit den großen Reichweiten dieser Medien.

Gleiswechsel

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Die Roten versuchten auch einen Gleis-Wechsel. Sie schossen sich auf Ex-ÖBB-Chef Martin Huber ein, der Ostermayer und Faymann bei seiner Einvernahme durch Korruptionsermittler belastet hat. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist Huber "wenig glaubwürdig", weil er einst für die ÖVP "eine Werbekampagne auf ÖBB-Kosten durchgeführt" habe. Damals seien "in allen Zuggarnituren ÖVP-Folder aufgelegen". Cap ergänzte, Huber habe "600 Millionen Euro verspekuliert".

ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer entgegnete, dass Huber unter Wahrheitspflicht ausgesagt habe.

Sauerei

Für ÖVP-Mandatar Reinhold Lopatka ist die Inseraten-Causa grundsätzlich "eine Sauerei" und "ein weiterer Beleg dafür, dass die ÖBB ein Selbstbedienungsladen für Politiker und Vorstände sind", sagte der Ex-Finanzstaatssekretär zum KURIER.

So dramatisch sieht es der oberste Bahngewerkschafter Wilhelm Haberzettl (SPÖ) naturgemäß nicht. Die Korruptionsaffären aus der Ära Schüssel und die Inseraten-Causa seien "zwei Paar Schuhe". Haberzettl stößt sich aber am "viel zu hohen Etat" der ÖBB für Werbung und Beratung. Und er gibt auch zu, dass die Erfolge der ÖBB-Imagekampagne (die Faymann Raum für Werbung bot, die ÖBB aber eher in schlechtem Licht erscheinen ließ, Anm.) "anzuzweifeln sind".

In einer Sache gibt es keine Zweifel: Alle Parteien sind sich einig, dass strengere Anti-Korruptions-Gesetze nötig sind. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) kündigte - einmal mehr - ein Paket dazu an. Die Regierung plant einen Beschluss vor Weihnachten.

Beschluss

Bereits am Mittwoch beschlossen wurde im Nationalrat die Aufhebung der Immunität von BZÖ-Mandatar Herbert Scheibner und Ex-FPÖ-Mandatar Werner Königshofer. Letzterer steht im Verdacht der Verhetzung. Scheibner wird der Geldwäsche verdächtigt, weil er u. a. Zahlungen von der Eurofighter-Jagdflugzeuge erhalten hat. Für beide gilt die Unschuldsvermutung. Da fährt die Eisenbahn drüber.

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