Steuergeld: Schelte für das Innenressort

Steuergeld: Schelte für das Innenressort
Die Vergabepraxis wird von staatlichen Prüfern zerpflückt: Das Ressort gab freihändig viel Geld für Beratung aus.

Mit Steuergeld wurde im Innenministerium nicht gerade verantwortungsvoll umgegangen. Das zeigt ein unveröffentlichter Rohbericht des Rechnungshofes (RH). Der KURIER kennt die Details aus dem Konvolut. Heftig kritisiert wird die Vergabepraxis während der Amtszeit von Maria Fekter. Die staatlichen Prüfer stoßen sich etwa an teuren Beraterverträgen, von denen auch Christoph Ulmer über Umwege profitiert haben soll. Ulmer war Kabinettschef von Innenminister Ernst Strasser. Zwischen 2004 und 2011 war er karenziert, dürfte aber immer wieder Aufträge vom Innenressort erhalten haben. Heute muss er erneut wegen der Blaulicht-Affäre vor den U-Ausschuss.

Datenmangel

Zur Vergabepraxis stellen die Prüfer grundsätzlich fest: "Das BMI hatte keinen Überblick über sein Beschaffungsvolumen, weil vollständige und verlässliche Daten fehlten." Die RH-Experten wurden dennoch fündig: So sind etwa 2008 Aufträge in der Höhe von 61 Millionen Euro, 2009 von 107 Millionen Euro und 2010 von 72 Millionen Euro vergeben worden. "Das BMI erreichte (...) in diesen Jahren von allen Ressorts die höchsten Auftragssummen sowohl bei Liefer- als auch bei Dienstleistungsaufträgen." Das heißt, das Innenressort hat von 2008 bis 2010 am meisten Geld von allen Ministerien für Waren und Dienstleistungen ausgegeben – von der Ausstattung der Polizei bis zu Beratungsaufträgen für das Ministerium unter Fekter. Sie hat im Juli 2008 das Ressort von Günther Platter übernommen. Im April 2011 übergab sie es Johanna Mikl-Leitner.

Kein Vergleich

Der RH kritisiert, dass viele Aufträge direkt (also ohne Ausschreibung) vergeben wurden, dass keine Vergleichsangebote eingeholt wurden und dass Leistungen und Verrechnung mangelhaft dokumentiert worden seien. Die Prüfer haben sich zwölf Fälle "mit hohen Auftragswerten" angeschaut. Fazit: "Das BMI verzichtete in allen Fällen auf die Einholung von Vergleichsangeboten und damit auf den Nachweis der Preisangemessenheit." Das BMI argumentiert, dass manche Aufträge aus Sicherheitsgründen direkt vergeben werden müssen. Dazu der RH: "Er (der RH) empfahl dem BMI sicherzustellen, dass auch bei Direktvergaben Vergleichsangebote eingeholt werden, allein um die Preisangemessenheit zu überprüfen (...)." Das heißt, wenn nicht ausgeschrieben wird, sollten zumindest weitere Angebote eingeholt werden, um zu überprüfen, ob der Preis marktüblich ist.

Unter den zwölf untersuchten Fällen befindet sich ein Auftrag mit dem Titel "Zukunftsstrategie – Beratung, wissenschaftliche Begleitung". Der geschätzte Auftragswert – es ging um eine Art Leitbild für das Ministerium – betrug laut RH 171.000 Euro, tatsächlich hat das BMI 551.678,60 Euro bezahlt. Die Präsentation dieser "Zukunftsstrategie" am 13. Oktober 2010 im Design Center in Linz hat 72.439,20 Euro gekostet. Für die "Strategisch-politische Beratung der Bundesministerin" wurden zwischen Juni 2009 und Oktober 2011 248.315,52 Euro ausgegeben – obwohl die Ministerin ein Kabinett für Beratung hat.

Für die strategische Beratung war unter anderem die Agentur Headquarter zuständig, deren Geschäftsführer ab Ende 2009 Ulmer war. Der Ex-Kabinettschef von Ernst Strasser dürfte über Firmen immer wieder zu Aufträgen aus dem Innenressort gekommen sein. Headquarter hat etwa 2010 laut einer parlamentarischen Anfrage rund 42.000 Euro für zwei Aufträge kassiert. Für eine "Werbeoffensive der Polizei" 2010 gab es 191.868 Euro. Wie viele Aufträge Ulmer während seiner Karenzierung erhalten hat, wurde im Ministerium nicht beantwortet. Nur so viel: "Das BMI hat seit rund zehn Jahren immer wieder Kooperationen mit der Firma Headquarter." Ulmers Rechtsanwalt gab auf KURIER-Anfrage bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme ab.

Klarstellungen

Zur Kritik des Rechnungshofes an der Vergabe-Praxis heißt es im Innenressort: Es handle sich um einen Rohbericht. Das BMI werde dazu gegenüber dem Rechnungshof Stellung nehmen "und dabei Klarstellungen vorbringen". Dafür hat das Ministerium nun drei Monate Zeit.

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