Stehaufmännchen Sarkozy schöpft Hoffnung

Eine Umfrage räumt Frankreichs Staatschef Sarkozy bei der Präsidentenwahl erstmals Chancen gegenüber dem Sozialisten Hollande ein.

Der Pariser Politologe Alain Duhamel bemühte kürzlich einen historischen Vergleich, um die Strategie von Präsident Nicolas Sarkozy zu beschreiben: Die Schlacht von Marengo in Italien zwischen dem österreichischen Kaiser Franz und Napoleon. Um 17 Uhr schien die Schlacht für Napoleon verloren. Um 22 Uhr, nach einer rasanten Attacke, hatte Napoleon gesiegt.
So wie Napoleon habe Sarkozy "rational betrachtet bereits verloren", schreibt Duhamel mit Blickrichtung auf die Umfragen, die bisher den Sozialisten François Hollande als klaren Sieger der Präsidentenwahl auswiesen. Aber Sarkozy habe als "unermüdlicher Krieger" Aussicht auf ein "zweites Marengo".

Sarkozys Hoffnung auf eine Trendumkehr kann sich seit Dienstag auf ein Umfrage-Ergebnis stützen. Demnach würde er im ersten Wahlgang (22. April) mit 28,5 Prozent Hollande (27 Prozent) übertreffen. Der bürgerliche Staatschef würde von einem Absacken der Rechtspopulistin Marine Le Pen (16 Prozent) profitieren. Hollande wäre durch den Aufstieg des Linkssozialisten Jean-Luc Melenchon geschwächt.

Dabei handelt es sich freilich nur um knappe Verschiebungen, die sich im Bereich der Fehlerquoten bewegen. Außerdem veröffentlichte ein anderes Institut wenige Stunden später ein Umfrageergebnis, das wiederum Hollande vorne sah. Der bleibt zudem für die Stichwahl (6. Mai) Favorit. Aber Sarkozy ist es gelungen, die Panikstimmung in den eigenen Reihen zu stoppen. Dafür absolvierte er ein Marathonprogramm von täglichen Mediendebatten, Massenversammlungen, Fabrikbesuchen und Provinz-Tourneen, bei denen er ständig auf Draht ein Feuerwerk an neuen Ankündigungen entfesselte.

Kritik an EU

Präsidentengattin Carla Bruni erklärte zwar, ihr Mann würde sich derartig verausgaben, dass sie um seine Gesundheit fürchte. Aber Sarkozy wirkt einstweilen wieder ganz in seinem Element als Sprachrohr des Hausverstands und der simplen Lösungen, so wie bei seiner Wahlkampagne 2007. Und so wie damals verspricht Sarkozy die EU per Ultimatum umzukrempeln und die "Brüsseler Technokraten" zu entmachten: Dem "Freihandel", neuerdings wieder in seinem Mund ein Schimpfwort, will er mit einer Verordnung zu Leibe rücken, die bei öffentlichen Aufträgen nicht-europäische Firmen ausschließt. Das Schengener Abkommen über den freien Personenverkehr will er nach Gutdünken außer Kraft setzen, weil die EU andernfalls einem "löchrigen Sieb" gegenüber illegalen Migranten gleiche. Beides werde er, sollte die EU nicht folgen, in einem Jahr im Alleingang für Frankreich durchführen.

Neue Handwerksbetriebe werden von der Steuer befreit. Spitzenkonzerne hingegen will Sarkozy jetzt gnadenlos zur Kasse bitten. Betuchte Franzosen, die sich fiskalisch abgesetzt haben, müssen, sofern sie Staatsbürger bleiben, Vermögenssteuer nachzahlen: "Wer Franzose sein will, muss etwas dafür leisten. Geld erlaubt nicht alles", versicherte der Staatschef, der fünf Jahre lang die Besitzer von Spitzenvermögen geschont und sich mit prominenten Steuerflüchtlingen verbrüdert hatte.

 

Stehaufmännchen Sarkozy schöpft Hoffnung

Le Pen kann doch bei der Wahl antreten

Lange musste Marine Le Pen zittern, erst am Dienstag kam für sie die erlösende Nachricht: Die Chefin der Rechtsaußen-Partei Front National hat endlich die nötigen Unterstützungserklärungen gewählter Volksvertreter, um bei der Präsidentenwahl am 22. April antreten zu können. Bis Freitag müssen die Unterschriften bei der Wahlkommission hinterlegt werden.
In den vergangenen Tagen war der 43-jährigen Le Pen die Nervosität deutlich anzumerken. „Das Ganze ist ein anti-demokratischer Skandal“, haderte sie mit der Verfassungsvorschrift, wonach jeder Kandidat mindestens 500 Bürgschaften von Abgeordneten, Regionalräten, Bürgermeistern und anderen gewählten Mandataren vorweisen muss. Damit sollen unseriöse Bewerber verhindert werden.
Eine neue Bestimmung machte es der Front National aber schwer: Im Gegensatz zu früher werden die Unterschriftenlisten seit 2007 veröffentlicht. Und da gingen viele Volksvertreter lieber auf Distanz zu den Rechtspopulisten, um sich nicht heftigen Vorwürfen auszusetzen.

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