Startschuss für interreligiöses Zentrum
Üblicherweise sind es ausländische Touristen, die sich in der Wiener Albertina die Türklinken in die Hand geben. Gestern, Donnerstag, war das renommierte Museum Schauplatz eines schon im Vorfeld heftig umstrittenen Festakts. Zu dem reisten Vertreter der Weltreligionen an - vor allem auch Repräsentanten aus dem muslimischen Raum. Der Grund für das Blitzlichtgewitter der Fotografen: Im Musensaal unterzeichneten Österreichs Außenminister Michael Spindelegger, seine spanische Kollegin Trinidad Jimenez sowie der saudische Prinz Saud al-Faisal den Gründungsvertrag für das interreligiöse Zentrum, das demnächst in Wien seinen Betrieb aufnehmen soll.
Neuland
Damit "betreten wir Neuland", untermauerte Spindelegger den Bedarf und die Notwendigkeit einer "stabilen internationalen Plattform für den Dialog zwischen den Weltreligionen". Der Erfolg der Organisation, in die sich nach und nach auch weitere Staaten einklinken sollen, werde davon abhängen, "inwieweit man sich auf den tiefschürfenden Dialog einlässt". Saudi-Arabien sei bereit dazu, meint Spindelegger.
Ein Ziel des Zentrums ist es, gegen den Missbrauch von Religion anzukämpfen, wenn sie als Rechtfertigung für Gewalt und Unterdrückung dient. Kritiker sehen aber genau darin den großen Haken: Wie kann man Toleranz predigen, wenn man im eigenen Land die Menschenrechte und die Religionsfreiheit mit Füßen tritt, fragen sie in Richtung Saudi-Arabiens, das das Zentrum initiiert hat und die Startfinanzierung dafür leistet. Im Königreich wird die Abkehr vom Islam mit dem Tod bestraft. Andersgläubige haben keine Gotteshäuser. Einen jüdischen Tempel gibt es nicht.
Auf dem Albertinaplatz, neben dem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus, formierte sich eine kleine, im wahabitischen Stil kostümierte Gruppe der "Initiative Liberaler Muslime Österreich". Ihr Vertreter Ahmed Hamed bezweifelt, dass sich ausgerechnet die Wahabiten für Religionsfreiheit einsetzen werden. Dafür sei das Zentrum gegründet worden, bekräftigte Prinz al-Faisal in Wien. Sein Land bekenne sich zur Meinungs- und Religionsfreiheit. Beobachter hoffen, dass die Initiative tatsächlich positiv zurückstrahlen wird.
Das Direktorium des Zentrums soll jedenfalls dafür bürgen, dass es bei den Diskussionen nicht zu einseitig zugeht.
Im Gremium sitzen drei Christen, drei Muslime, ein Jude, ein Hindu und ein Buddhist. Der Vatikan ist im Zentrum als Beobachterstaat vertreten. Sein Quartier bekommt das Zentrum im Herzen Wiens, am Schottenring. Saudi-Arabien hat das Palais Sturany erworben. Derzeit wird es noch renoviert.
Kommentare