Spindelegger: "Volksabstimmung vor Wahl"
Vizekanzler Michael Spindelegger zeigt sich von der Kritik des Bundespräsidenten am geplanten Ausbau der direkten Demokratie unbeeindruckt. "Es handelt sich um eine legitime Meinung des Bundespräsidenten, aber an mehr Mitsprache durch das Volk führt kein Weg vorbei. Alle Parteien, teilweise auch die SPÖ, haben sich dafür ausgesprochen", sagt Spindelegger zum KURIER.
Bundespräsident Heinz Fischer hatte sich im Sonntag-KURIER gegen einen Volksabstimmungs-Automatismus ausgesprochen, denn dadurch würde der Gesetzgeber "überspielt".
Fischer meinte ironisch, er sei neugierig auf die Liste von Themen, über die die Politiker die Bürger dann doch nicht abstimmen lassen, weil Grundrechte, Budgetziele etc. gefährdet wären.
Auf diesen Einwand des Bundespräsidenten entgegnet Spindelegger: "Bevor ein Volksbegehren einer Volksabstimmung unterzogen wird, muss es eine Vorprüfung durch den Verfassungsgerichtshof geben."
Dieser solle entscheiden, ob etwa das Begehren nach Vermögenssteuern ein "Eingriff in Eigentumsrechte" wäre und gegebenenfalls ablehnen. Um zu verhindern, dass die Budget-Sanierung durch Plebiszite gefährdet wird, sei die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung notwendig. Spindelegger: "Wir haben auf europäischer Ebene bereits die Schuldenbremse. Die brauchen wir auch in Österreich im Verfassungsrang. Dann wären populistische Ausgaben-Orgien nicht möglich." Jede zur Volksabstimmung vorgeschlagene Maßnahme müsste dann im Vorprüfverfahren durch den Verfassungsgerichtshof auf die Vereinbarkeit mit der Schuldenbremse abgeklopft werden. Spindelegger: "Dann müssen auch budgetäre Bedeckungsvorschläge eingearbeitet werden."
Spindelegger geht davon aus, dass über die Aufwertung erfolgreicher Volksbegehren zu Volksabstimmungen eine Volksabstimmung abzuhalten ist, weil es sich um einen grundlegenden Eingriff in die Verfassung handelt. Diese Frage würden ab er noch Experten prüfen. Wann sollte diese Volksabstimmung stattfinden? Spindelegger: "Wünschenswert wäre noch vor der nächsten Nationalratswahl."
Fischers KURIER-Interview schlug hohe Wellen
Die Skepsis, die Bundespräsident Heinz Fischer gegenüber einem Ausbau der direkten Demokratie am Sonntag in einem KURIER-Interview geäußert hat, ärgert FPÖ und BZÖ. Und sie findet auch keinen Anklang beim Chef der Jungen ÖVP, Sebastian Kurz. Letzterer erklärte zu Pfingsten, dass er die Meinung des Staatsoberhaupts zwar respektiere. Er sei aber der Meinung, dass Österreich "mehr Selbstbestimmung statt Bevormundung" brauche. Daher werde man unbeirrt an den Plänen zur Aufwertung der direkten Demokratie festhalten. Deutlich weniger höflich äußerten sich die Rechtsparteien. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nannte Fischer einen "musealen Gralshüter" eines Politsystems, das sich in vielen Bereichen überlebt habe. BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland meinte, Fischer zeige in seinem politischen Handeln "immer mehr Allüren wie ein selbstherrlicher Kaiser".
Auch die Grünen können mit Fischers Aussagen zur direkten Demokratie "wenig anfangen". Es mute arrogant an zu meinen, die Wähler würden möglicherweise keine vernünftigen Entscheidungen zusammenbringen, sagte Verfassungssprecherin Daniela Musiol. Vielmehr hätten es die Menschen satt, wenn Volksbegehren in den Schubladen des Parlaments landen. Musiol empfiehlt Fischer, sich ein Beispiel an Nationalratspräsidentin Prammer zu nehmen. Diese habe sich bereits für eine Verbesserung der Instrumente der direkten Demokratie ausgesprochen.
Demokratiereform: Was kommen soll
Derzeit Das Ergebnis von Volksabstimmungen ist für die Politik bindend. Derzeit gibt es Volksabstimmungen zwingend bei wesentlichen Verfassungsänderungen (EU-Beitritt). Ansonsten kann der Nationalrat, wenn er will, dem Volk ein fertiges Gesetz zur Abstimmung vorlegen (Atomsperrgesetz)
Beabsichtigt Nach dem Willen von ÖVP, FPÖ, Grünen, BZÖ und dem Kanzler (SPÖ) sollen erfolgreiche Volksbegehren künftig automatisch zu Volksabstimmungen führen. Damit könnte das Parlament durch Plebiszite überspielt werden.
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