Spindelegger: Reise ins Pulverfass Afrikas
Rebellen im Süden; Radikal-Islamisten im Norden, von denen sich fast jeden Sonntag einer in einer Kirche in die Luft sprengt; ethnische Konflikte sowie soziale Spannungen; bittere Armut und dazu immer wieder verheerende Katastrophen – von explodierenden Öl-Pipelines bis zu Flugzeugabstürzen, wie jenem vom Sonntag, der mehr als 150 Menschen das Leben kostete.
In dieses Pulverfass Afrikas taucht Michael Spindelegger ab Dienstag vier Tage lang ein. "Es wird sicher ein spannender Besuch", sagt vieldeutig Österreichs Außenminister, der überhaupt der erste heimische Chefdiplomat ist, der Nigeria bereist.
Ein Schwerpunkt werden die permanenten Terroranschläge gegen Christen sein. "Das Blutvergießen zeigt, dass zu wenig Wert auf den inter-religiösen Dialog gelegt wird. Auf diesen werde ich mit Nachdruck drängen, da wird zu wenig getan", sagt Spindelegger vorab zum KURIER. Dazu wird er in der Hauptstadt Abuja Erzbischof John Onaiyekan treffen sowie später den Sultan von Sokoto, Muhammad Saad Abubakar III., die oberste moralische Autorität der nigerianischen Muslime.
Warnung vor Exodus
Letzterer residiert in einem der nördlichen Bundesstaaten, wo die Scharia gilt, die islamische Rechtssprechung. "Selbstverständlich werde ich die Verantwortlichen damit konfrontieren, dass nach unserer westlichen Auffassung Staat und Religion getrennt gehören", betont der Außenminister, gibt sich aber keinen Illusionen hin: "Ich weiß schon, dass damit die Scharia nicht morgen abgeschafft wird."
Von einer systematischen Verfolgung der Christen will Spindelegger zwar nicht sprechen, "da geht es auch um ethnische Konflikte und um einen Terror gegen die Zentralregierung, der aber auf dem Rücken der Christen ausgetragen wird". Dies müsse sich schnellstens ändern, sonst komme es zu einem großen Exodus der Menschen, die dann an die Tore Europas klopfen würden.
Im Vorjahr taten dies in Österreich 414 Nigerianer, sie suchten um Asyl an. Abgewiesene konnten bisher aber nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil es kein entsprechendes Abkommen gibt. Das wird sich mit Spindeleggers Besuch ändern: Ein bilateraler Vertrag zur Rückführung – auch von illegal Eingewanderten – wird unterzeichnet.
Neben der politischen Agenda – eine Begegnung mit Nigerias Staatspräsidenten Goodluck Jonathan ist geplant – verfolgt der Außenamtschef auch eine ökonomische: "Das Land braucht wirtschaftliche Entwicklung, es ist zwar reich an Bodenschätzen (vor allem Öl) , aber die meisten Leute haben nichts davon. Hier gibt es gute Chancen für unsere Firmen."
Deshalb begleiten den Minister Vertreter von Energie- und Bau-Unternehmen sowie aus dem Gesundheitssektor. Mittelfristig, so Spindelegger, müsse das hohe heimische Handelsbilanzdefizit mit Nigeria ausgeglichen werden – starke Öl-Importe, kaum Exporte ergaben 2011 ein Minus von 760 Mio. Euro.
Cobra schützt den Minister
Wegen der Instabilität im bevölkerungsreichsten Land Afrikas (170 Millionen Einwohner) sind die Sicherheitsvorkehrung rund um den Besuch des Vize-Kanzlers enorm. Auch Beamte der Sondereinheit Cobra sind abgestellt und werden den Außenminister keine Minute aus den Augen lassen.
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