Soll die Lombardei zur Schweiz?

Schon 21.000 Italiener sagten dazu "Si" und unterschrieben eine enstprechende Online-Petition.

Eine im Internet lancierte Unterschriftensammlung für die Angliederung der Lombardei an die Schweiz hat in wenigen Tagen einen unerwartet großen Erfolg geerntet und Wirbel in Italiens politischen Kreisen ausgelöst. Fast 21.000 Italiener haben innerhalb von sieben Tagen auf der Webweite www.petizionionline.it die Petition unterschrieben, mit der sie den Anschluss der Lombardei an die Schweiz fordern. Ziel der Kampagne ist es, eine halbe Million Unterschriften zu erreichen.

Als 27. Kanton der Schweiz würde die Lombardei mehr Unabhängigkeit genießen, weniger Steuern zahlen und Teil eines effizienten und neutralen Staats werden, der frei "vom negativen Einfluss der EU und der USA" ist, heißt es in der Petition, die anonym initiiert wurde. Außerdem würde die Lombardei mit dem Schweizer Franken als Währung weniger von der Inflation belastet werden und die Lombarden müsste weniger Autobahngebühren zahlen. Zugleich könnten die fast zehn Millionen Lombarden weiterhin Italienisch sprechen und somit ihre Traditionen bewahren.

Ein Scherz als Auslöser

Die Petition basiert auf einer ironischen Aussage des Schweizer Verteidigungsministers Ueli Maurer Mitte März. Dieser hatte behauptet, dass die Schweiz "kein Problem damit hätte, die Lombardei einzugliedern; die Region wäre ohnehin Handelspartner bei 90 Prozent aller Geschäfte."

Die Petition löste großen Beifall bei der rechtspopulistischen Oppositionspartei Lega Nord aus, die sich seit jeher für die Föderalisierung Italiens einsetzt und sich die Schweiz als Vorbild nimmt. Als "wunderbare Idee" bezeichnete Lega Nord-Chef Umberto Bossi die Kampagne für die Angliederung seiner Heimatregion Lombardei an die Schweiz. "Italien ist kein besonders demokratisches Land, weil es die Sezession nicht vorsieht. Es gibt in Europa jedoch Beispiele von Regionen, die sich über die Grenzen hinweg zusammenschließen", kommentierte Bossi.

Auch die Nummer Zwei der Lega Nord, Ex-Innenminister Roberto Maroni, begrüßte die Unterschriftensammlung. "Sie bezeugt, dass es Erneuerungswillen gibt. Die Schweiz ist das effizienteste Beispiel für Föderalismus in Europa, ein Modell, das wir auch hier umsetzen wollen", betonte Maroni.

Kritisch reagierte dagegen der Präsident der Region Lombardei, Roberto Formigoni. "Ich bin gegen die Zerstückelung Italiens. Die Lombardei allein ist jedenfalls größer und fortgeschrittener als die Schweiz. Allein könnten wir zu den reichsten Regionen Europas zählen", so Formigoni.

Schon jetzt Steuerflucht

Die Schweiz ist bereits längst zum neuen Magnet für italienische Unternehmen avanciert, die vor dem hohen Steuerdruck in der krisengeschüttelten Heimat flüchten. Mit niedrigen Steuern, qualifizierten Mitarbeitern und effizienten Infrastrukturen gewinnen vor allem die an Italien grenzenden Kantone Tessin und Wallis immer mehr Unternehmen aus "Bella Italia". Über 80 Klein-und Mittelbetriebe haben sich seit 2010 im Kanton Wallis niedergelassen. Nicht einmal der starke Franken, der die Gewinne vieler Schweizer Unternehmen belastet, bremst den Enthusiasmus der italienischen Unternehmen für die Schweiz.

Klangvolle Namen der italienischen Mode-und Luxusindustrie wie Gucci, Versace, Armani und Ermenegildo Zegna haben ihre Produktion bereits teilweise in den Tessin verlegt. Zu den Faktoren, die italienische Unternehmen in die Schweiz locken, zählen die hohe Qualifikation der Arbeitskräfte sowie politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität. Dadurch wird den Unternehmen die Planung und Verwaltung eines Produktionswerks vereinfacht.

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