Skandal in Berlusconi-Partei: Massenrücktritte

Skandal in Berlusconi-Partei: Massenrücktritte
Oppositionelle Mitglieder wollen ihre Demission einreichen, um die skandalumwitterte Präsidentin des Regionalparlaments zu stürzen.

Steuergelder für Austern, Champagner und Gucci-Taschen: Der Skandal um veruntreute Parteigelder in der Mitte-rechts-Gruppierung "Volk der Freiheit" ( PdL - Popolo della Liberta) um Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi sorgt weiterhin für Eklat. Die oppositionelle Mitglieder des Regionalparlaments der mittelitalienischen Region Lazio mit der Hauptstadt Rom erklärten sich aus Protest wegen der Affäre zum Massenrücktritt bereit. Sie hoffen somit das Regionalparlament unter der Führung der Berlusconi-Vertrauten Renata Polverini zum Sturz zu bringen. Bisher hatte die skandalerschütterte Polverini hartnäckig ihren Rücktritt verweigert.

Regionalräte der Berlusconi-Gruppierung werden beschuldigt, sich luxuriöse Geschäftsessen und Partys mit Austern und Champagner gegönnt zu haben. Außerdem sollen sie Spesenabrechnungen systematisch gefälscht haben, um Steuergelder in Millionenhöhe direkt einstreichen zu können. Mit Parteigeldern sollen teure iPhones und Gucci-Taschen, sowie Hotelaufenthalte und Reisen bezahlt worden sein. Die PdL-Fraktion richtete außerdem eine Weihnachtsfeier in den römischen Filmstudios von Cinecitta mit Gladiatoren und Vestalinnen für 57.000 Euro aus.

Im Visier der Ermittler steht der frühere PdL-Fraktionschef und Kassenwart Franco Fiorito, der Millionen veruntreut haben soll. Laut seinen Aussagen soll die PdL seit Anfang 2011 21 Millionen Euro verschwendet haben. Fiorito belastete in seinen Aussagen vor den Staatsanwälten Lazio-Präsidentin Polverini, die seiner Ansicht nach über die Veruntreuung von Parteigeldern bestens informiert war. Polverini weigert sich trotz der Forderung der Oppositionsparteien zurückzutreten. "Nicht alle PdL-Mitglieder haben Gelder verschwendet. Ich hoffe, dass die Justiz bald klären wird, wer für diesen Skandal verantwortlich ist und wer nicht", sagte die Politikerin.

Der Skandal sorgt auch im Vatikan für Eklat. Der römische Kardinalvikar Agostino Vallini verurteilte den Missbrauch öffentlicher Gelder. "Privilegien, Skandale und Geldmissbrauch sind unerträglich", kommentierte Vallini.

170 Millionen Euro Manko

Berlusconis PdL, die stärkste Partei im italienischen Parlament, befürchtet, dass sich der Skandal auch auf weitere Regionen und Gemeinden ausdehnen könnte, in denen sie regiert. Die Partei ist jetzt auch wegen eines Mankos von 170 Millionen Euro in den Kassen der süditalienischen Stadt Reggio Calabria unter Druck geraten, das auf Korruption, Günstlingswirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder zurückzuführen sei, berichteten italienische Medien. Die bankrotte Stadtverwaltung sei auch wegen Verstrickungen einiger Gemeinderatmitglieder mit der Ndrangheta, dem Arm der Mafia in Kalabrien, arg unter Druck geraten. Die Regierung Monti überlegt die Auflösung des vom PdL regierten Gemeinderats wegen Mafia-Verstrickungen. Bisher war noch nie in Italien die Gemeinde einer größeren Stadt wegen Mafia-Verstrickungen aufgelöst worden.

Der PdL ist auch in der süditalienischen Region Kampanien unter Beschuss, in der die Gruppierung die stärkste Partei ist. Der Sitz des Regionalparlaments war am Freitag von der Steuerpolizei wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder durchsucht worden. Beschlagnahmt wurden Dokumente, die die Verteilung öffentlicher Finanzierungen unter den im Regionalparlament vertretenen Parteien bescheinigen. Gerüchten zufolge sind sechs Millionen Euro, die den Fraktionen zugeschanzt worden waren, in die Taschen einzelner Regionalräte geflossen.

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