Schwieriger Neustart für Irak-Veteranen

Schwieriger Neustart für Irak-Veteranen
USA: Die zurückgekehrten, teils verstümmelten Irak-Veteranen finden oft keinen Job. Viele landen auf der Straße und sind verzweifelt, berichtet Veronika Oleksyn aus Washington.

Am Silvestertag endet offiziell das Mandat der US-Soldaten im Irak. Präsident Barack Obama hat sie schon vor Weihnachten nach Hause geholt. Doch so feindselig das Umfeld im Zweistromland war, so schwierig ist es auch in der Heimat. Samuel B. Brown weiß das nur allzu gut – wiewohl er wenigstens in seiner texanischen Gemeinde Rückhalt genießt. Der heute 28-Jährige wurde im September 2008 bei einem Einsatz in Afghanistan Opfer einer Bombe. Teile seines Körpers fingen Feuer.

Unzählige Operationen und Therapiestunden später fühlt sich der Ex-GI trotz entstellten Gesichts in seinem Umfeld wieder zu Hause. Der Grund: „Ich habe drei oder vier Typen kennengelernt, die mir gut zugeredet haben, mich ermutigt haben, mich quasi gecoacht haben“, erzählt der Absolvent der renommierten West Point Militärakademie dem KURIER. „Sie sagten mir: ,Sam, du machst das prima, du schaffst das, du kannst später werden, was du willst‘.“

Isolation

Schwieriger Neustart für Irak-Veteranen

Viele Ex-Armeeangehörige können von so einem Hilfsnetzwerk nur träumen. Selbst diejenigen, die unverletzt aus Kriegsgebieten zurückkehren, haben zu Hause oft mit Isolation oder Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Gerade auch die letzten Soldaten, die eben erst den Irak verlassen haben. Wirtschaftlich erwartet sie wenig Positives.

Im November lag die Arbeitslosenrate für Ex-Soldaten, die nach den Terroranschlägen des 11. September gedient haben, mit 11,1 Prozent deutlich höher als die 8,6 Prozent für die Gesamtbevölkerung. Bei den jüngsten Veteranen (im Alter von 18 bis 24) zeigen die Zahlen ein noch dramatischeres Bild: 37,9 Prozent von ihnen hatten laut dem Bureau of Labor Statistics vergangenen Monat keinen Job. Um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu steigern, unterzeichnete Präsident Obama im November ein neues Gesetz, das Berufstraining und Beratung stärkt und Firmen, die arbeitslosen Kriegsteilnehmern Stellen anbieten, Steuererleichterungen zukommen lässt.

"Wiederaufbau Amerikas"

„Nach Jahren des Wiederaufbaus im Irak wollen wir unsere Veteranen anwerben, die Arbeit am Wiederaufbau Amerikas aufzunehmen“, sagte Obama in der Vorwoche, als er gemeinsam mit seiner Frau Michelle einen Militärstützpunkt im Bundesstaat North Carolina besuchte. Experten warnen aber, dass eine erfolgreiche Reintegration der Soldaten in die Gesellschaft mehr erfordert, als einen Gehaltsscheck. Firmen sollten einsehen, dass sie Veteranen nur langfristig halten können, wenn sie auf deren spezielle Bedürfnisse eingehen. Diese können von denen anderer Mitarbeiter abweichen, meint Oberst David W. Sutherland. Der ehemalige „Coalition Force Commander“ in der irakischen Provinz Diyala ist nun im Pentagon, dem US-Verteidigungsministerium, tätig und kümmert sich um heimkehrende Truppen.

18 Selbstmorde täglich

Es steht viel auf dem Spiel. Eine neue Regierungsstudie belegt, dass in einer Nacht im Jänner dieses Jahres 67.495 Veteranen obdachlos waren. Für manche ist die Verzweiflung einfach zu viel. „Die Statistiken sind ernüchternd – 18 Veteranen begehen täglich Selbstmord“, sagte die Unterausschussvorsitzende im Kongress, Ann Marie Buerkle, eine Republikanerin aus New York, bei einer Anhörung zu diesem Thema Anfang Dezember. Genau aus diesem Grund sei für ehemalige Soldaten nach Beendigung ihres Auslandseinsatzes der Draht zu anderen Menschen besonders wichtig, so die Expertin weiter. „Wenn wir nach Hause kommen, suchen wir den Kontakt zu jenen Personen und führenden Mitgliedern der Gemeinde, die verstehen, was wir durchgemacht haben“, betont Oberst Sutherland.

Der im wahrsten Sinne des Wortes durchs Feuer gegangene Brown kennt das aus eigener Erfahrung bestens. Er versucht daher, selbst eine Organisation aufzubauen, genannt „Allies in Service“ (Gemeinsam Gedient), die darauf abzielt, Veteranen und ihren Familien bei dieser Kontaktsuche zu helfen. Anstelle eines Handschlags oder des in Amerika üblichen „Danke für Ihren Dienst“, sollten die Leute den zurückkehrenden Männern und Frauen lieber als Mentor beiseite stehen, so Brown.

Happy End

„Wenn du deinem Land dienst, bist du in einem Umfeld, wo es eine Bruderschaft gibt, eine Mission und daher auch Kameradschaft – du hast eine Art zweite Familie“, sagt der überzeugte Christ. „Man baut eine derart enge Vertrauensbeziehung auf, dass es schwierig ist, das mit einer komplett neuen Gruppe von Menschen wieder aufzubauen.“ Aber mit ein bisschen Hilfe gelingt es manchmal schon. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat Brown 2009 seine Frau Amy geheiratet und ist mittlerweile stolzer Vater eines Sohnes namens Roman Alexander.

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