Schuldenabbau: Bremser Faymann wird ausgebremst

Schuldenabbau: Bremser Faymann wird ausgebremst
Nicht nur die Opposition verweigert der Regierung den Sanktus. Auch viele Rote mucken wegen Inhaltsleere auf.

Gibst du mir, dann gebe ich dir: Nach diesem Motto wollten sich die Oppositionsparteien den Sanktus zur Schuldenbremse von der Regierung abkaufen lassen. Wochenlang feilschten Rote und Schwarze mit Grünen und Orangen (die Blauen waren wegen abstruser Forderungen kein Player). Sie wurden nicht handelseins.

BZÖ-Chef Josef Bucher, auf den Kanzler und Vizekanzler bis zuletzt gesetzt hatten, tat gestern kund, die Koalitionäre nicht zu unterstützen: „Sie waren zu keinerlei Kompromissen bereit.“ Bucher hatte zwei Bedingungen für das Ja gestellt: Sanktionen, wenn die Schuldengrenze überschritten wird – und eine Deckelung der Steuer- und Abgabenquote.

Bei Letzterem hätte Bucher nachgegeben: Das müsse nicht zwingend in die Verfassung, könne in einem Entschließungsantrag festgehalten werden. Auch das wollte die SPÖ nicht. „Das wäre die Absichtserklärung gewesen, auf zusätzliche Einnahmen in Form von Reichensteuern zu verzichten“; das komme nicht infrage, hieß es im Parlamentsklub.

Keine Vermögenssteuern

Da es vorerst auch nicht spielt, was die Grünen wünschen, nämlich Vermögenssteuern (die lehnt die ÖVP ab), bleibt die Regierung mit ihrer Art der Schuldenbremse allein. Das bedeutet: Sie kann sie nicht in der Verfassung verankern, weil sie keine Zweidrittelmehrheit hat; sie muss sie in ein einfaches Gesetz schreiben. Damit kommt Österreich dem nicht nach, wozu es sich – wie die übrigen EU-Länder – beim Gipfel am 26. Oktober bekannt hat: zu einer Schuldenbremse „vorzugsweise auf Verfassungs- oder gleichwertiger Ebene“.

In der Praxis gibt es zwei wesentliche Unterschiede zwischen einer Schuldenbremse als Verfassungs- oder einfaches Gesetz: Im Verfassungsrang könnte sie auch nur mit Zweidrittelmehrheit wieder abgeschafft bzw. geändert werden. Überdies wären auch die Bundesländer verpflichtet gewesen, sich an das Defizitlimit zu halten.

 

"Stärkeres Commitment"

Für Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut wäre die Schuldenbremse in der Verfassung vor allem ein „stärkeres Commitment“ nach außen gewesen. „Jetzt gilt es, die Schuldenbremse so zu gestalten, dass sie den gewünschten Effekt erzielt. Wir brauchen eine glaubwürdige, solide Konsolidierungsstrategie.“ Auf Österreichs Triple-A-Rating, das niedrigere Zinsen auf dem Kreditmarkt sichert, werde sich das Scheitern der Verfassungsmehrheit nicht auswirken: „Auch den Rating-Agenturen geht es vor allem um den Inhalt, nicht um die Verpackung.“

Darum geht es auch hohen Sozialdemokraten und roten Gewerkschaftern. Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl hatte schon Mitte November via KURIER beklagt, Plakatives, aber keine Inhalte zu kennen – und sich gegen die Bremse in der Verfassung verwahrt. „Wir haben weiter schwere Bedenken gegen die geplante Gerechtigkeitsbremse zur Zementierung der Ungleichheit in Europa“, richtete Ackerl der SPÖ-Führung am Wochenende aus.

Sein Geschäftsführer Christian Horner sagte gestern dem KURIER: „Wir wollen wissen, welche Maßnahmen geplant sind. Die Reihenfolge stimmt nicht.“ Die Oberösterreicher stellen immerhin neun Abgeordnete im 57-köpfigen SPÖ-Klub.

Überzeugungsarbeit

Sie sind nicht die Einzigen, die aufbegehren. Die Gewerkschafter wollen ebenfalls Fakten haben. Und so wurde bei der Klubsitzung am Nachmittag versucht, die Widerständler zu besänftigen. Ein schwieriges Unterfangen. „Es gibt sehr viel Diskussionsbedarf“, sagte Horner im Vorfeld. Dennoch gab sich Fraktionschef Josef Cap zuversichtlich: „Ich gehe von der Zustimmung des gesamten Parlamentsklubs aus.“

Gäbe es die nicht, wäre das nicht nur eine Blamage für den roten Kanzler, sondern auch ein realpolitisches Problem. Würden sich alle verweigern, die jetzt aufmucken, könnte der Regierung Folgendes passieren: Sie hat nicht einmal eine einfache Mehrheit für die Schuldenbremse.

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