Schaum-Attacke auf Murdoch bei Anhörung

Schaum-Attacke auf Murdoch bei Anhörung
Rupert Murdoch - einer der mächtigsten Medienmacher der Welt - sagte am Dienstag vor dem britischen Parlament zum Abhörskandal aus. Dabei kam es zu einer Störung. Indes wurde auch die frühere Verlagsmanagerin Rebekah Brooks befragt.

Ein Zwischenfall hat die Anhörung von Rupert Murdoch und seinem Sohn James am Dienstagnachmittag harsch unterbrochen. Ein Mann bewarf Rupert Murdoch mit einer Rasierschaumtorte. Berichten des TV-Senders Sky News und der Zeitung The Guardian zufolge handelte es sich bei dem Angreifer um einen Komiker, der die Tat offenbar über den Onlinedienst Twitter angekündigt hatte. "Was ich jetzt mache, ist eine deutlich bessere Sache, als ich jemals gemacht habe", hieß es in einer Kurzbotschaft, die kurz vor der Schaum-Attacke über das Twitter-Konto von Jonnie Marbles verschickt wurde.

Schaum-Attacke auf Murdoch bei Anhörung

Die Polizei bestätigte zunächst nicht, dass der festgenommene Mann tatsächlich Marbles ist. Der Angreifer warf einen Teller mit dem Rasierschaum auf Murdoch, der an der rechten Schulter getroffen wurde. Murdochs Frau Wendi sprang auf und griff ihrerseits den Mann an. Verletzt wurde niemand, die Sitzung wurde für etwa 15 Minuten unterbrochen.

Zuvor hatten sich Vater und Sohn ausgiebig den Fragen der Parlamentarier gestellt: "Dies ist der demütigste Tag meines Lebens", sagte der 80-Jährige zu Beginn der Anhörung vor dem Medienausschuss im Unterhaus in London. Es ist äußerst selten, dass sich Rupert Murdoch als Chef eines der größten Medienunternehmen der Welt öffentlich äußert.

- Auf die Frage, ob Rupert Murdoch Schuld an dem Fiasko sei, antwortet er mit einem "Nein": Schuld seien Personen, denen er vertraut hatte.

- Rupert Murdoch beschreibt, wie er beim britischen Premierminister David Cameron eingeladen war, der ihm für seine Unterstützung während dem Wahlkampf dankte. Auf Nachfrage bestätigt Murdoch, dass er dazu auf Anweisung des Premiers die Hintertür von Downing Street 10 benutzte, um nicht fotografiert zu werden.

- Die Schließung der News of the World habe er aus ethischen Gründen veranlasst - nicht aus kommerziellen Gründen, wie Murdoch bekräftigte.

- Schmiergeldzahlungen seien ihm nicht bekannt gewesen. Auch seine inzwischen zurückgetretene Vertraute Rebekah Brooks habe nichts davon gewusst. News Corp werde die Schuldigen des Skandals ausfindig machen und zur Rechenschaft ziehen.

- Die beiden Murdochs kommen zumindest bei den Investoren gut an: Während der Anhörung sind die schwer gebeutelten Aktien der News Corp. um 3,5 Prozent gestiegen.

- Die Rollenverteilung während der Anhörung ist klar: Allgemeine Fragen zum Kurs und zur Ethik des Betriebes beantwortet der Senior, Details aus dem Tagesgeschäft beantwortet der Sohn.

- Rupert Murdoch wird gefragt, wieviel Kontakt er zu den Chefredakteuren seiner Zeitungen hat: "Sehr wenig", nur mit wenigen Chefredakteuren redet er wöchentlich. Möglicherweise habe er gerade bei NotW den Kontakt verloren. Dies aber vor allem, weil sie "nur ein kleiner Teil seines Unternehmens war".

- Auf viele Fragen reagieren die beiden Unternehmer abweisend. Die News of the World machten weniger als ein Prozent des Konzerns aus, sagte der 80-jährige Medienzar. Die meisten Fälle hätten gar nicht Schwelle erreicht, dass die Murdochs überhaupt involviert gewesen wären, ergänzte sein Sohn James.

- Rupert Murdoch entschuldigt sich mehrfach, hat aber nicht vor, zurückzutreten.

Schaum-Attacke auf Murdoch bei Anhörung

Murdoch gilt als zentrale Figur im Abhörskandal, der die britische Insel erschüttert: Zum Imperium des 80 Jahre alten Medienzars aus Australien gehören neben dem inzwischen eingestellten Blatt News of the World auch die Boulevardzeitung The Sun sowie die Qualitätsblätter The Times und Sunday Times. Murdoch kontrolliert 37 Prozent des britischen Zeitungsmarktes. Zudem wollte er seine Medienmacht mit einem milliardenschweren Anteils-Zukauf beim Sender BSkyB weiter ausbauen, musste dies aber zunächst aufgeben. Murdoch pflegt engste Kontakte zu Spitzenpolitikern. Schon lange galt in Großbritannien als offenes Geheimnis: "Murdoch gewinnt Wahlen."

Schaum-Attacke auf Murdoch bei Anhörung

Die frühere Verlagsmanagerin Rebekah Brooks wurde kurz nach Rupert und James Murdoch befragt. Die frühere Chefin des Skandalblattes News of the World sagte in der Anhörung unter anderem aus, dass die Beschäftigung von Privatdetektiven bei britischen Zeitungen weit verbreitet sei. Sie habe gewusst, dass auch das zum Konzern von Medienmogul Murdoch gehörende Sonntagsblatt Ende der 1990er Jahre Privatermittler beschäftige, so wie "jede andere Zeitung" auch, sagte Rebekah Brooks. Sie betonte aber erneut, nichts von den illegalen Praktiken bei News of the World gewusst zu haben. Sie gab allerdings zu, dass die Vorfälle nach ihrem Bekanntwerden vor mehreren Jahren schneller hätten aufgearbeitet werden müssen.

Brooks war am Sonntag vorübergehend festgenommen worden. In einer weiteren Anhörung müssen die zurückgetretenen Scotland-Yard-Chefs Paul Stephenson und John Yates Rede und Antwort stehen. Sie sehen sich Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.

Die Abhöraffäre ist vor zwei Wochen übergekocht, als bekanntgeworden war, dass Reporter der inzwischen eingestellten Boulevardzeitung News of the World neben Prominenten auch Verbrechensopfer angezapft hatten. Insgesamt geht die Polizei davon aus, dass mindestens 4000 Menschen Opfer der Abhörpraktiken geworden sind.

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Fakt ist: Nahezu täglich taucht neues, belastendes Material auf, kommt es zu Rücktritten und Verhaftungen. Am Montagabend folgte der nächste Paukenschlag: Mit Sean Hoare wurde einer der Belastungszeugen in der Affäre tot aufgefunden. Es gebe jedoch keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen, hieß es von der Polizei. Britische Medien berichteten, dass Hoare, der wegen Alkohol- und Drogenproblemen gefeuert wurde, in seinem Haus in Watford gefunden wurde. Der Journalist hatte den früheren Chefredakteur des im Zentrum der Affäre stehenden Boulevardblattes News of the World, Andy Coulson, schwer belastet. Der spätere Kommunikationschef des britischen Premierministers David Cameron hatte ihm nach eigener Darstellung die Anweisung zum Knacken von Telefonen erteilt.

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Cameron hatte lange an seinem ehemaligen Regierungssprecher Andy Coulson festgehalten, der schon 2007 wegen der Affäre als Chefredakteur der News of the World zurückgetreten war. Ferner wird Cameron eine ungesunde Nähe zu Murdoch-Managern wie Rebekah Brooks nachgesagt. In nur 15 Monaten Amtszeit hat es 26 Treffen des Regierungschefs mit der Murdoch-Führung gegeben.

Mit diesen personellen Verstrickungen wächst auch der Druck auf Premierminister David Cameron. Oppositionsführer Ed Miliband sagte am Montag, Cameron sei in seinen Entscheidungen "gelähmt". Noch schärfer formulierte es der Labour-Parlamentarier Dennis Skinner: "Wann tut der zwielichtige Dave endlich das, was sich gehört, und tritt zurück?"

Unterdessen bekommt die Nachfolgediskussion um Murdoch neues Futter. Vor allem der fürs Tagesgeschäft von Murdochs News Corp. zuständige Chase Carey wird als neuer starker Mann gehandelt. Bis vor Ausbrechen des Abhörskandals vor drei Wochen galt Murdochs Sohn James Murdoch als Nachfolger.

Interessant: Wie das Wall Street Journal, das ebenfalls zu dem Medienkonzern gehört, berichtet, denke Murdoch seit langem über Rücktritt nach. Allerdings sei ein Wechsel an der Konzernspitze erst denkbar, wenn sich die "Aufregung" um den Abhörskandal gelegt habe.

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