Salzburg: Zu wenig Geld für Missbrauchsopfer

Salzburg: Zu wenig Geld für Missbrauchsopfer
Wegen mangelnder Finanzierung muss das Kinderschutzzentrum die Therapie einstellen. Der Vorstand spricht von "unterlassener Hilfeleistung".

Nach dem Scheitern der Finanzierungsgespräche mit dem Land Salzburg wendet sich nun das hiesige Kinderschutzzentrum mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit. Wie Geschäftsführer Peter Trattner berichtete, müsse der Verein die Psychotherapie für Kinder und Jugendliche, die Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt geworden sind, ab sofort einstellen. "Es geht um 40.000 Euro für das Jahr 2012", so Trattner.

Die seit 1987 bestehende Einrichtung betreut pro Jahr rund 1.200 Klienten. Für 2012 steht dafür ein Budget von 650.000 Euro zur Verfügung. Zu dieser Summe steuert das Land 19,2 Prozent bei. Doch es würden 80 Prozent der Leistungen - unter anderem Beratung und Schutz für Opfer sowie therapeutische Behandlung - für das Land erbracht, argumentierte Trattner.

Die Zahl der Therapiestunden sei in den vergangenen zwei Jahren um 55 Prozent gewachsen, die Anzahl der Klienten um 19 Prozent. Zwar habe es für 2012 eine Steigerung von vier Prozent auf 123.217 Euro bei den Landesförderungen gegeben, doch dies halte nicht mit der Ausweitung der Leistungen Schritt.

"Unterlassene Hilfeleistung"

"Kindesmissbrauch ist von einem Tabu zu einem Thema geworden, die Opfer getrauen sich Hilfe in Anspruch zu nehmen", sagte Trattner. Dass man nun mangels Finanzierung die Psychotherapie einstellen müsse, sei "kompletter Wahnsinn". "Das ist aus meiner Perspektive unterlassene Hilfeleistung", kritisierte auch der Kinderarzt und Kinderpsychiater Adrian Kamper, Mitglied des Vereinsvorstands.

Den Vorschlag des Landes, die Klienten an Angebote der Jugendwohlfahrt zu verweisen oder über die Gebietskrankenkasse abzurechnen, weisen die Verantwortlichen zurück, denn es dauere oft Monate, bis sich ein Vertrauensverhältnis zu einem Opfer aufbaue. "Traumaarbeit ist Beziehungsarbeit. Im entscheidenden Moment abzubrechen und an eine andere Stelle zu verweisen, ist weltfremd", stellte Kamper fest. Auch die Psychologin Sabrina Galler, Teamleiterin am Kinderschutzzentrum, warnt: "Das Opfer bricht ab und geht nie mehr zu einer Hilfseinrichtung".

Pauschalierung gefordert

Eine von der Gebietskrankenkasse angebotene Einzelfallabrechnung mit 21,80 Euro pro Stunde lehnt das Kinderschutzzentrum ab. "Wir brauchen eine Pauschalierung. Die Anonymität der Opfer gehört zu den Grundprinzipien unserer Arbeit." Diese Pauschalierung, die in anderen Bundesländern existiere, würde in Salzburg von der Gebietskrankenkasse abgelehnt.

Verena Schrems, Vorstandsvorsitzende des Vereins, geht es nicht nur um die Finanzierung der 40.000 Euro für Psychotherapie. Es brauche eine angemessene Finanzierung des Vereins durch das Land, das für Jugendwohlfahrt zuständig ist. In anderen Bundesländern übernehme das Land 50 bis 70 Prozent des Budgets. "Wir sind mit Abstand das Kinderschutzzentrum, das am wenigsten vom Land bekommt", klagte Schrems und forderte mehr Wertschätzung für die Arbeit der Einrichtung.

Das Kinderschutzzentrum habe für 2012 eine Erhöhung der Förderungen um vier Prozent bekommen, betonte Bernhard Weiß, Sprecher der ressortzuständigen Landesrätin Cornelia Schmidjell (S). Es sei dem Land wichtig, dass die Opfer von Missbrauch und Gewalt gut versorgt werden. "Wir suchen eine Lösung", sagte Weiß. In der Einzelfallabrechnung mit der Gebietskrankenkasse sieht er kein Problem. Das Kinderschutzzentrum solle das Geld, das da zur Verfügung stünde, auch abholen.

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