Republikanischer Testschuss

Republikanischer Testschuss
USA: In Iowa steigen die konservativen Präsidentschaftskandidaten gegeneinander in den Ring. Obamas Schwäche gibt Auftrieb.

Bevor ihr die Rakete ladet und sie abfeuert", beschwor Tim Pawlenty am Wochenende seine Zuhörer in einer kleinen Sporthalle im US-Bundesstaat Iowa, "seid euch bitte sicher, dass sie ihr Ziel auch erreichen kann." Diese "Rakete", die US-Präsident Barack Obama im Herbst 2012 aus dem Amt feuern soll, wäre im Idealfall er selbst, hofft der frühere Gouverneur von Minnesota. Seit Tagen tourt der emsige, aber ein wenig farblos anmutende Republikaner durch Iowa, um sich hier für eine entscheidende Woche die beste Startposition zu verschaffen.

Es sind entscheidende Tage für die aus der bitteren Schuldenschlacht gestärkt hervorgegangene Grand Old Party: In Iowa werden am Donnerstag alle (bisher bekannten) republikanischen Präsidentschaftskandidaten in einer landesweit ausgestrahlten TV-Show gegeneinander in den Ring steigen. Hier werden Iowas republikanische Wähler am Samstag eine Probewahl abhalten. Und hier wird der konservative Weizen von der Spreu getrennt. Wessen Name hier nicht unter den ersten drei stehen wird, das weiß auch Tim Pawlenty, der kann schon einpacken.

Frontfrau

Dabei mag der streng konservative, aber doch seriöse Pawlenty auf Präsident Obama hinhacken, so sehr er kann. Tritt erst Michelle Bachmann auf, gerät der bemühte Ex-Gouverneur schnell ins Hintertreffen.

Die Frontfrau der rechts-konservativen Tea Party zieht die glühendsten Anhänger an, versammelt die größten Menschenmengen um sich und verbreitet die radikalsten Botschaften. Kompromisslos gegen jedes weitere Schuldenmachen des Staates, ultra-konservativ und persönlich höchst angriffig gegen Obama schwimmt die Kongressabgeordnete und fünffache Mutter derzeit auf einer Popularitätswelle, die das republikanischen Parteiestablishment das Fürchten lehrt. Denn mit einer umstrittenen Kandidatin vom Schlage einer Bachmann, deutet auch ihr gemäßigterer Gegner Pawlenty
immer wieder an, sind die Wahlen gegen Obama nicht zu gewinnen.

Auch die republikanischen Probewähler in Iowa sind mit dem Kandidaten-Pool noch nicht ganz glücklich. Dabei wären die Bedingungen aus Sicht der Opposition ideal - der schwer angeschlagene Präsident bietet eine riesige Angriffsfläche: Er wird für die erstmalige Herabstufung der Kreditwürdigkeit in der US-Geschichte verantwortlich gemacht, die Jobkrise zeigt keinerlei Zeichen von Besserung und die größte Wirtschaftsmacht der Welt droht erneut in eine Rezession zu schlittern.

Und doch hofft man in Iowa auf einen anderen, zugkräftigeren Kandidaten als Pawlenty, Bachmann oder die beiden früheren Gouverneure Mitt Romney sowie Jon Huntsman. Letztere stehen für einen konservativen, aber auch pragmatischen Kurs, doch bei den Wählern zündete ihr Funke nicht.

Und noch einmal Texas

Aller Augen richten sich deshalb auf einen potenziellen Kandidaten, der diese Woche in Iowa nicht mitkämpfen wird, aber hier seine Kandidatur offiziell machen könnte: Rick Perry. Der Gouverneur von Texas (und als solcher Nachfolger von George W. Bush) gilt als absolutes politisches Schwergewicht, ultra-konservativ, strenggläubig und erfahren im Umgang mit Wählern: Vergangenen Samstag lud er zu einem Massengebet in ein Stadion in Houston. "Heiliger Vater, unsere Herzen bluten wegen Amerika", sagte Perry vor 30.000 Anhängern, die diese "ganz und gar unpolitische Veranstaltung" frenetisch bejubelten.

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Die große Sehnsucht nach einer dritten Partei
N och ehe am Wochenende die Hiobsbotschaft von der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA bekannt wurde, hatten sich schon Zigtausende US-Bürger ihren Frust von der Seele getwittert: "Fuck you Washington!" Die unmissverständliche Botschaft, abgeschickt von Amerikanern aller politischen Lager, richtete sich an alle Politiker - von US-Präsident Barack Obama bis hin zu sämtlichen Mitgliedern des Kongresses. Letzterer stieg im US-Schuldenstreit besonders schlecht aus: 82 Prozent der Amerikaner sind laut jüngsten Umfragen mit der Arbeit ihres Parlaments unzufrieden.

Je höher die Wut der Wähler kocht, umso größer wird die Sehnsucht nach einer dritten Partei: Auf der website www.americanselect.com ruft eine unabhängige Plattform die Amerikaner dazu auf, via Internet einen eigenen Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen 2012 zu küren. Gegründet und finanziert wurde die Plattform heuer von Demokraten und Republikanern, die den Weg in die politische Mitte suchen. Mehr als 1,7 Millionen Menschen haben sich binnen kürzester Zeit registriert. Bis April sollen sechs mögliche Kandidaten gekürt sein, von denen der Vielversprechendste dann in den Präsidentschaftswahlkampf geschickt werden soll.

Dass man die gesamte US-Politik umkrempeln wird, glaubt bei "Americans elect" niemand. "Aber unser Ziel ist es", sagt Sprecher Kahil Byrd, "diesen wettbewerbsfeindlichen Prozess für fähige Leute in der politischen Mitte zu öffnen."

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