Piraten und Prediger

Martina Salomon
Die Politik braucht neues Personal. Aber wer hat Anstand und Nerven dafür?

Joachim Gauck wirbt derzeit bei den deutschen Parteien um Sympathie – und kann offenbar überzeugen. Nur die Linkspartei hat ihn bereits vom "Präsidenten der Herzen" zum "Präsidenten der kalten Herzen" abgewertet. Sie wirft ihm (aus dem Zusammenhang gerissene) Zitate zu Thilo Sarrazin und "Occupy" vor. Ab jetzt steht der künftige deutsche Präsident unter Dauerbeobachtung. Wie können Politiker "König der Herzen" bleiben, ohne Verstand und Augenmaß zu verlieren? Gauck hat beste Voraussetzungen dafür: Er ist moralisch integer, rhetorisch brillant und alt genug, um sich keine Gedanken mehr über einen Job nach der Polit-Karriere machen zu müssen.

Die Nerven weggeschmissen hat hingegen der Chef der Berliner Piratenpartei. "Ich ertrage diese emotionale Belastung nicht", erklärte er. Man wird sehen, wie lange sein Nachfolger durchhält.

Die politische Landschaft in Österreich ist noch weniger dazu angetan, neue Persönlichkeiten anzuziehen. Aber es ist gut möglich, dass auch in Österreich die Zeit der Prediger und Piraten angebrochen ist – auch wenn mit Gertraud Knoll schon einmal eine Pastorin gescheitert ist. Präsidentin der Herzen wollte sie damals übrigens auch sein.

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