Österreich jagt Kinderschänder in Thailand

Österreich jagt Kinderschänder in Thailand
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bekämpft mit einem Polizeiabkommen den Kindesmissbrauch in Südostasien.

Der erfolgreiche Schlag gegen einen Kinderpornoring mit 272 enttarnten Pädophilen war erst der Anfang. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner möchte nun auch den Kinder-Sextourismus nach Thailand abdrehen. Ein neues Polizeiübereinkommen ermöglicht den heimischen Behörden den ungehinderten Zugriff auf österreichische Kriminelle, die in Thailand ihr Unwesen treiben.

Das Problem schien bisher unlösbar: Pädophile aus der ganzen Welt, auch aus Österreich, lassen sich im thailändischen Urlaubsort Pattaya von ortsansässigen Kriminellen Kinder vermitteln. Obwohl der Tatort im Ausland ist, könnten diese Täter auch durch österreichische Gerichte abgeurteilt werden. Doch die schaffen es meistens, sich bei der thailändischen Polizei und den Gerichten freizukaufen. Die österreichischen Gerichte stehen dann oft ohne Beweismittel da.

Das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Mikl-Leitner setzt dabei auf das in den früheren Oststaaten bewährte System der Verbindungsoffiziere. An der Botschaft in Bangkok arbeitet bereits ein Beamter des Bundeskriminalamtes. Der fahndet mithilfe der thailändischen Behörden nach den Kriminellen. Er stellt Beweismittel sicher.

Wird der verdächtige Sex-Tourist nicht in Thailand abgeurteilt, kommt er in Zukunft in die Obhut des Bundeskriminalamtes samt Anklage in Österreich.

Grundlage für diese Art der Fahndung ist ein Polizeiübereinkommen, das die Innenministerin Montag in Bangkok mit dem thailändischen Vizepremier und Innenminister Yongyuth Wichaidit und dem Polizeichef Preophan Dhamapong unterfertigt hat.

Mikl-Leitner freut sich: "Bei Kindesmissbrauch gibt es Null-Toleranz. Jetzt erreicht unser langer Arm des Gesetzes die Täter auch im weit entfernten Thailand."

Optimismus

Ist das nicht zu viel Optimismus in einem Land, wo die Korruption eine große Rolle spielt? Botschafter Johannes Peterlik erwartet, dass das Abkommen umgesetzt wird: "Die thailändischen Verantwortlichen leiden darunter, dass dieser Verbrechenszweig nicht nur den Tourismus sondern das Image und die gesamte Wirtschaft überlagert. Sie nehmen das Thema sehr ernst."

Ein Indiz dafür ist auch das große diplomatische Prozedere und das Interesse der Thai-Medien rund um die Unterzeichnung.

Es gibt bereits einen erfolgreichen Testlauf. Der in Wien lebende Kärntner Walter H., hatte sich nach seiner Verhaftung wegen Kindesmissbrauchs in Pattaya im Jahr 2009 freikaufen können. Der Verbindungsbeamte stellte danach mithilfe der Thai-Polizei noch Beweismittel sicher. Jetzt wird dem Mann zu Hause der Prozess gemacht.

Das neue Fahndungsnetz wurde nicht nur gegen Kinderschänder errichtet. Der Verbindungsbeamte konnte bereits auch zwei Bankräuber und einen Internetbetrüger "heimbringen". General Franz Lang, Chef des Bundeskriminalamtes: "Jetzt kriegen wir sie alle und können nun auch Thailand als sicheren Hafen für Straftäter dichtmachen." So wie es bereits in den meisten südamerikanischen Staaten und in großen Teilen Ost­europas gelungen ist.

Hilfe nach dem Raub der Kindheit

Narison Noja, Gründer eines Kinderschutzzentrums in Pattaya, hatte nur einen Wunsch an die hochrangige Besucherin aus Österreich: "Frau Minister, helfen sie uns, die thailändischen Behörden gegen den Kindesmissbrauch zu sensibilisieren."

In kleinen Bungalows hat Narison Noja etwa 60 missbrauchte Kinder untergebracht. Geld für das Zentrum kommt unter anderem von der österreichischen Botschaft und österreichischen Firmen.

Diese Kinder haben ihre Eltern durch tragische Umstände verloren oder wurden einfach verkauft. Sie lebten auf den Straßen von Pattaya, wo einheimische Kriminelle Jagd auf Kinder machen. Kriminelle, die ihre "Beute" schließlich an Ausländer verkaufen oder vermieten. An Männer aus aller Welt im Alter zwischen 30 und 80 Jahren, die ihre Hotelzimmer oder Wohnungen mit Kinderspielzeug als Lockmittel füllen.

Narison Noja zeigte Bilder von Kindern, die schwerst misshandelt und verletzt wurden. Einige als hilflose Opfer von Pädophilen. Andere, weil sie in dem Zustand beim Betteln mehr Mitleid erregen.

Selbst der hartgesottene Kripo-Chef Franz Lang zeigte sichtbare Emotionen beim Vortrag. Johanna Mikl-Leitner erschüttert: "Das sind Kinder, denen Erwachsene die Kindheit genommen haben."

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