Obama auf Kurs Wiederwahl

„Yes, we can“, versprach Präsident Obama: Doch von Job-Initiativen und einem Schub für neue Technologien spürten die meisten Amerikaner wenig, die Arbeitslosenrate bleibt hoch
Der Präsident ist angeschlagen, geht aber mit guten Chancen in den Wahlkampf – dank der Schwäche seiner republikanischen Gegner.

Man muss nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen, um zu wissen, dass in diesem Land etwas faul ist: Wenn Homosexuelle offen in der Armee dienen dürfen, aber unsere Kinder daran gehindert werden, in der Schule zu beten“, empört sich Rick Perry in seinem Wahlkampfspot (http://www.youtube.com/watch?v=0PAJNntoRgA). Logische Folge aus der Sicht des stramm konservativen Gouverneurs von Texas: „Als Präsident werde ich Obamas Krieg gegen die Religion beenden.“

Doch Präsident wird Perry nicht werden, das haben dem religiösen Eiferer bereits die Vorwahlen im auch nicht gerade atheistischen US-Bundesstaat Iowa klargemacht. Im Lager des demokratischen Präsidenten Barack Obama frohlockt man deshalb unverhohlen: Wer Feinde wie Perry hat, braucht (fast) keine Freunde mehr.

Und auch aus der Reihe der nach Iowa übrig gebliebenen Favoriten für das konservative Präsidentschaftskandidatenticket hat Obama wenig zu fürchten. Mitt Romney, Rick Santorum und Newt Gingrich zerlegen einander gegenseitig. Immer weiter treiben sie einander nach rechts und wetteifern darin, die schrillsten Vorschläge zu den Herzensthemen des konservativen Amerika abzuliefern: Von kompromissloser Ablehnung der Abtreibung, über die Ausweisung der elf Millionen illegalen Immigranten bis hin zu Warnungen vor dem drohenden „Sozialismus, wie er in Europa herrscht“. So viel Radikalität schreckt die breite Wählerschicht in der politischen Mitte ab. Die im extrem konservativen Eck miteinander ringenden Republikaner haben sich mittlerweile als die besten Wahlhelfer für den angeschlagenen Präsidenten erwiesen. Dessen zuletzt abgesackte Popularitätswerte beginnen sich langsam zu erholen. Im Umfragevergleich mit Mitt Romney oder Newt Gingrich hängt der Präsident seine republikanischen Herausforderer ab. Wären nächsten Sonntag Wahlen, stünde der Sieger fest: Barack Obama.

Traumbedingungen

Dabei hätten die konservativen Herausforderer des Präsidenten Traumbedingungen, um Obama zu schlagen: 47 Prozent der Amerikaner lehnen die Politik des ersten schwarzen Präsidenten der USA ab. Auf die Frage: „Bewegt sich das Land in die richtige oder falsche Richtung?“ antworten 70 Prozent mit „in die falsche“. Festzumachen ist dies an der dümpelnden Konjunktur, einem moribunden Immobiliensektor und dem anhaltend schwachen Arbeitsmarkt.

Wachsende Armut

Doch das Schlimmste ist: 146 Millionen Amerikaner, fast die Hälfte der Bevölkerung, meldete das Census Büro vor wenigen Tagen, leben in Armut oder haben geringe Einkommen. Das sind vier Millionen mehr als noch vor zwei Jahren. Im Vergleich dazu ist das Privatvermögen der Amerikaner unter jedem Präsidenten vor Obama noch gestiegen. Ärmer zu werden, das verzeihen Wähler nicht. Normalerweise würde kein Präsident unter solchen Voraussetzungen eine zweite Amtszeit gewinnen. Doch normal ist in diesem Wahljahr 2012 gar nichts: Denn wütend sind die amerikanischen Wähler nicht nur auf ihren demokratischen Präsidenten, sondern auch auf die Republikaner. Die nutzen ihre Macht im Kongress vor allem dafür, alles zu blockieren. „Gridlock“ lautet derzeit die häufigste Beschreibung zur Lage in Washington – „totaler Stillstand“. Kurz vor Jahresende hätten die Republikaner beinahe verhindert, dass die reduzierten Abgaben für die Pensionsversicherungen verlängert werden. Erst ein drohender Proteststurm von 160 Millionen Amerikanern, die 2012 im Schnitt 1000 Dollar weniger auf ihrem Konto gehabt hätten, brachte sie zum Einknicken. Dieser Eklat half Obama mehr als alle Wahlkampf-Initiativen zusammen: Seine Zustimmungswerte stiegen zum ersten Mal seit Monaten wieder – wenn auch nur um einen Prozentpunkt.

Wahlkampf: Eine Milliarde Dollar in der Kasse

Einer der größten Vorteile für Barack Obama in diesem Wahlkampf heißt Zeit: Während sich die Republikaner in den kommenden Monaten noch in Dutzenden Vorwahlen selbst zerfleischen und dabei Millionen Dollar verpulvern werden, sammelt das Obama-Team bereits Geld für die Kriegskasse. Denn einen Gegenspieler aus den eigenen Reihen hat der Herr des Weißen Hauses nicht.

Schon jetzt haben die Helfer des demokratischen Präsidenten 200 Mio. Dollar eingetrieben. Bis zum Start des großen Wahlkampfes soll eine Milliarde Dollar eingesammelt sein. Heute wie damals sind es vor allem Kleinspender, die Obamas Wahlkampfkassen füllen: 98 Prozent der Spenden für den Präsidenten bisher blieben unter einer Summe von 250 Dollar.

Mit seinen Einnahmen liegen der Präsident und sein Wahlkampfstab meilenweit vor jenen seiner republikanischen Herausforderer: Mitt Romney verbuchte 20 Mio. Dollar in seiner Kasse, Newt Gingrich soll bis dato rund neun Mio. Dollar eingetrieben haben.

 

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