Notenbank-Tochter: Brisante Millionendeals

Notenbank-Tochter: Brisante Millionendeals
Korruptionsaffäre: Was Sonderprüfer bei der Notenbank-Tochter OeBS fanden. Wie die dubiosen Millionendeals abgewickelt wurden.

Als sich die Sonderprüfer von Moore Stephens in der letzten Augustwoche durch die Aktenberge der Oesterreichischen Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS) wühlten, trauten sie ihren Augen kaum: Provisionszahlungen über 14,477 Millionen Euro für eine Firma in Panama, die offenbar nur auf dem Papier existiert, dafür aber über vier Bankkonten verfügt. Acht Wochen später sitzen vier Personen in U-Haft. Und der Prüfbericht, der dem KURIER nunmehr vollständig vorliegt, erschüttert die Tochter der Nationalbank.

Der schwerwiegende Verdacht lautet: Schmiergeldzahlungen. Die große Frage lautet: Was war die Leistung?
Antwort der Sonderprüfer: "Es wird überhaupt bezweifelt, dass es Leistungen gegeben hat."

Kriminalstück

Der Prüfbericht von Moore Stephens könnte durchaus als Drehbuch für ein Kriminalstück dienen. In den Hauptrollen: zwei Damen. Die eine verantwortete bis kurz vor ihrer Verhaftung die Marketing- und Vertriebsagenden der OeBS, sie stammt aus Rumänien, führt zwei Doktortitel und hatte einst den Kontakt zur anderen Schlüsselfigur gelegt. Dabei handelt es sich um die 72-jährige Schweizerin Erika R., die Präsidentin jener panamesischen Gelddrehscheibe namens Venkoy, an die zwischen 2006 und 2011 mehr als 14 Millionen Euro flossen. Offiziell wurden die Gelder von der OeBS für die Vermittlung von Druckaufträgen in Syrien und Aserbaidschan bezahlt. Von nachvollziehbaren Aufzeichnungen fehlt aber jede Spur. Ein Fazit der Sonderprüfer: "Ebenso fehlt eine (...) entsprechende Dokumentation der Geschäftsbeziehung und eine Beschreibung der Leistungsinhalte der Firma Venkoy."

Deals im Hotel

Doch wer braucht schon eine Dokumentation, wenn die Transaktionen ausschließlich über persönlichen Kontakt ausgehandelt wurden. Und zwar zwischen der OebS-Vertriebschefin und Venkoy-Vertreterin Erika R. Die Abwicklung erfolgte unter höchst dubiosen Umständen. Erst gab es Abmachungen am Telefon, dann hinterlegte Erika R. ihre Rechnungen in Hotels, wo sie von der Vertriebsmanagerin abgeholt wurden, um sie in der OeBS absegnen zu lassen.

Dann kam der Geschäftsführer ins Spiel: Michael Wolf. Er hat die Rechnungen abgezeichnet, die ihm seine Vertriebsmanagerin vorgelegt hat. Wolf sitzt ebenfalls in U-Haft. Die Behörden hegen den Verdacht, dass es von den gut 14 Millionen Euro an Venkoy Rückflüsse gegeben hat. Wolf bestreitet vehement: Er habe davon nichts bekommen.

Doch der Prüfbericht belastet auch den gefeuerten Geschäftsführer: Demnach hat Wolf noch im Juni 2011 Provisionszahlungen an die mutmaßliche Briefkastenfirma Venkoy angewiesen, obwohl der OeBS-Steuerberater, der mit einer Finanzprüfung konfrontiert war, bereits Alarm geschlagen hatte: 112.320 Euro für einen Syrien-Vertrag, 457.130 Euro für einen Deal in Aserbaidschan. Wolfs Argument laut Prüfbericht: Er habe der Einschätzung des eigenen Steuerberaters nicht getraut.

Schmiergeld

Wer hat letztlich all das viele Geld bekommen? Venkoy-Chefin Erika R. behauptet, sie habe 95 Prozent der Provisionen an Sub-Provisionäre weiter geleitet. Die Empfänger kann sie freilich nicht nennen - keiner der Provisionsempfänger habe "einen Sitz in Mitteleuropa." Immerhin gibt es einen Anhaltspunkt: Der österreichische Anwalt der Firma Venkoy ist Inhaber eines jener vier Konten, auf welche die 14,477 Millionen verschoben wurden. Auch er wird noch die eine oder andere Erklärung liefern müssen. Denn die Sonderprüfer teilen ausdrücklich die Meinung des OeBS-Steuerberaters, der nicht ausschließen kann, "dass die Provisionszahlungen auch für Korruption bzw. Schmiergeldzahlungen herangezogen wurden."

Die Konsequenzen dieses Skandals könnte auch die Belegschaft zu spüren bekommen: Dem Vernehmen nach überlegt die Nationalbank, die Kapazität ihrer Banknoten-Druckerei zu halbieren, was hundert Arbeitsplätze kosten würde. Im Aufsichtsrat, der von den Provisionen wusste, sollen künftig nicht mehr nur die Nationalbank-Obersten, sondern auch externe Experten sitzen.

35.000 Euro für Taxifahrten

Sie ist doppelte Doktorin, gebürtige Rumänin, leitete seit Herbst 2008 den Vertrieb der Notenbank-Druckerei und sitzt nun in Untersuchungshaft: Frau DDr. T. nimmt im Skandal eine Schlüsselrolle ein, ihre Reisekosten- und Spesenabrechnungen wurden ebenfalls von Sonderprüfern unter die Lupe genommen. Sie hielten die Ergebnisse in einem 28-seitigen Bericht fest: Zwischen 2008 und 2011 konnten Frau T. Reise- und Spesenkosten in Höhe von 962.000 Euro zugeordnet werden. Das entspricht in etwa einem Drittel des Gesamtaufwandes der OeBS. Was Frau T. so verrechnet hat? Taxikosten von 35.000 Euro, Bewirtung für 139.000 Euro (47 Prozent des Gesamtvolumens des Unternehmens). Weitere Schmankerln: Fleischwaren, Waschmaschine, Bügeleisen, Duschkabine, Crosstrainer, Unterwäsche, Friseurbesuche, Kunstgegenstände.

Die Sonderprüfer konstatierten mangelhafte Belegqualität und doppelte Belege: So etwa für Nächtigungen im Hilton Washington, für Trachtenkleider, Bewirtung in Rom oder einen Mont-Blanc-Füller.

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