Nordkorea: Kims Rakete löste sich in Rauch auf

Was militärische Stärke unter Beweis stellen sollte, endete für Nordkoreas Jung-Diktator Kim Jong-Un im PR-Fiasko.

Millionen Zuschauer des staatlichen nordkoreanischen TV-Senders KRT bekamen am Freitag Unerhörtes zu sehen: „Der Beobachtungssatellit hat nicht wie geplant eine Erdumlaufbahn erreicht“, verlas eine gestrenge Moderatorin mit steinerner Miene. „Wissenschaftler, Techniker und Experten sind dabei, die Gründe für den Fehlschlag zu untersuchen.“ Das öffentliche Eingeständnis eines Scheiterns – das hat es im kommunistischen Nordkorea noch nie gegeben. Dies sei ein eindeutiges Indiz dafür, orakelten sofort alle Nordkoreaexperten zwischen Tokio und Washington, dass jetzt Jung-Diktator Kim Jong-Un den Takt vorgebe.

Denn nur vom neuen Machthaber, der seinem im Vorjahr überraschend gestorbenen Vater auf den „Thron“ nachgefolgt war, könne die Order zur neuen Offenheit gekommen sein. Einig ist man sich aber auch: Der kaum 30-jährige Herrscher über das isolierteste Land der Welt hat nach dem missglückten Raketenstart die schwerste Krise seiner jungen Diktatoren-Karriere zu meistern. Jahrelang hatte das Regime in Pjöngjang trotz aller internationalen Warnungen den Start seiner Langstreckenrakete vorangetrieben. Den Befehl dafür habe noch Kim Jong-Il gegeben, sagt Nordkorea-Experte Rüdiger Frank (Universität Wien) zum KURIER. „Diese Entscheidung ist vor langer Zeit gefallen.“ Denn anlässlich des 100. Geburtstages von Staatsgründer Kim Il-Sung, den Nordkorea ab Sonntag groß feiern wird, „war etwas Spektakuläres notwendig“.

Trümmer im Meer

Nordkorea: Kims Rakete löste sich in Rauch auf

Doch spektakulär war nur das Ausmaß des Debakels: Was als Demonstration militärischer Macht geplant war, endete als Flop: Nur eine Minute lang war die Rakete mit dem stolzen Namen „Galaxy 3“ in der Luft, ehe sie explodierte und ihre Trümmer westlich der koreanischen Halbinsel ins Meer stürzten. Mit harscher Kritik quittierten Nordkoreas Nachbarstaaten, aber auch Russland, die USA und die EU den Raketenstart, der zu einer Verurteilung Nordkoreas im UN-Sicherheitsrat führen dürfte.

Unausgesprochen blieb die Erleichterung – und die Schadenfreude: So oft Nordkorea bisher auch versucht hat, Langstreckenraketen zu starten (insgesamt drei Mal), so oft schlugen die Tests fehl. Für das bettelarme Nordkorea umso fataler: Während das Regime das Raketenrüsten vorantreibt, hungern zwei Drittel der 24 Millionen Nordkoreaner. Mit den geschätzten 850 Millionen Dollar, den der verunglückte Raketentest verschlang, hätten 19 Millionen Menschen ein Jahr lang ernährt werden können. Washingtons größte Befürchtung bleibt: Nordkorea wird trotz internationaler Sanktionen weiter versuchen, Langstreckenraketen zu bauen, die mit atomaren Sprengköpfen versehen werden und theoretisch auch US-Territorium erreichen könnten.

Atomtest


Realer aber scheint vorerst die Gefahr eines Atomtests: Nach dem Raketentest blamiert, werde Nordkorea umso hartnäckiger seine Atompläne vorantreiben, befürchten Experten in China. Satellitenbilder belegen, dass die Techniker des Regimes offenbar seit Längerem erneut einen Atomversuch vorbereiten. „Sowohl der Start der Rakete mit dem angeblichen Satelliten, als auch der geplante Atomtest gehören zu Nordkoreas Plänen, in den Kreis der Atommächte vorzustoßen“, sagt der chinesische Politologe Zhang Liangui. Ein Atomversuch könnte aber auch dazu dienen, die Position des Jung-Diktators im eigenen Land zu festigen. Auch wenn Kim Jong-Un nun offiziell die 1,2 Millionen Mann starke Armee befehligt und die allmächtige kommunistische Partei dirigiert – unangefochten im Sattel sitzt er noch nicht.

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