Niemand will zu Wulffs Zapfenstreich

Niemand will zu Wulffs Zapfenstreich
Keiner der noch lebenden Vorgänger von Deutschlands Ex-Bundespräsident wird bei seiner Verabschiedung vor Schloss Bellevue anwesend sein.

Die vier noch lebenden Amtsvorgänger des zurückgetretenen deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff wollen am Donnerstagabend laut der Tageszeitung Die Welt nicht an dem "Großen Zapfenstreich" teilnehmen, der traditionellen militärischen Abschiedszeremonie. Die früheren Staatsoberhäupter Walter Scheel (1974-79), Richard von Weizsäcker (1984-94), Roman Herzog (1994-99) und Horst Köhler (2004-10) hätten sich gegen eine Teilnahme an der Verabschiedung entschieden.

Auch die SPD-Spitze wird nach Informationen der Frankfurter Rundschau nicht hochrangig vor dem Schloss Bellevue vertreten sein. Parteichef Sigmar Gabriel habe keine Einladung erhalten, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann seien verhindert. Für die Einladungsliste sind neben der Bundeswehr Bundesratspräsident Horst Seehofer als kommissarisches Staatsoberhaupt sowie Wulff selbst zuständig.

Wulff sorgt laut bild.de für eine weitere Skurrilität: Er will bei den Feierlichkeiten vom Stabsmusikkorps statt der üblichen drei Titel gleich vier Stücke gespielt bekommen. Auf Wulffs Wunschliste: "Over the Rainbow" von Harold Arlen, der "Alexandermarsch" von Andreas Leonhardt und "Da berühren sich Himmel und Erde" von Christoph Lehmann. Als vierten Titel hat Wulff sich die "Ode an die Freude" von Ludwig von Beethoven gewünscht.

Lebenslang versorgt

Nach monatelanger Kritik war Wulff Mitte Februar zurückgetreten. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung eingeleitet. Am Freitag war sein Haus in Großburgwedel durchsucht worden. Wie seine Vorgänger beansprucht der Ex-Präsident Medienberichten zufolge ein Büro und Mitarbeiter. Zu den rund 200.000 Euro an Ruhestandsbezügen ("Ehrensold") kommen laut dem Spiegel so rund weitere 280.000 Euro pro Jahr hinzu.

Die SPD-Bundestagsfraktion wendet sich gegen diese Privilegien. "Wer das Amt des Bundespräsidenten unehrenhaft verlässt, hat keinen Anspruch auf Büro, Fahrer und Auto", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Lange. 20 Monate Präsidentenzeit stünden in keinem Verhältnis zu potenziell 40 Jahren Alimentation.

Ruf nach Reform

Der Streit um Wulffs Ausstattung nährt auch Forderungen nach einer Reform der Pensionszahlungen für Bundespräsidenten. Politiker aus allen Lagern hatten unlängst angekündigt, Änderungen bei den Ruhestandsregeln anzustreben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring mahnte aber, die Diskussion müsse losgelöst von der Person Wulff geführt werden. Eine stabile Demokratie sei gut beraten, solche Entscheidungen unabhängig von Einzelfällen zu treffen. Eine "Lex Wulff" dürfe es nicht geben.

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